Weil das Renteneintrittsalter erreicht ist,
soll ein älterer Mensch mit (geistiger) Behinderung nur noch eine „Tagesstruktur“
erhalten, so die bewilligende Sozialbehörde (Fachdienst Soziales). Diese
Begründung erscheint problematisch, zumal damit auch das Wunsch- und Wahlrecht
des Leistungsberechtigten eingeschränkt wird.
Gemeint ist in Wirklichkeit ein
sehr niedrigschwelliges Betreuungsangebot, dass weniger kostet, als z.B. die
Betreuung in einer Tagesförderstätte. Doch auch wenn man dem Leistungsträger
gerne pauschal Kostenkürzung unterstellen mag, ein solches Angebot, dass sich
an behinderte Menschen richtet, die schon überfordert sind, wenn sie eine
Tagesförderstätte besuchen, ist sinnvoll – die Begründung im Leistungsbescheid
dagegen problematisch.
Für Leistungserbringer kann dies
zu einem Vergütungsausfall und / oder personellen Mehrkosten führen, weil immer
mehr Menschen mit Behinderung das Alter für den Eintritt in die Altersrente
erreichen. Wenn die bewilligende und kostenübernehmende Stelle das
Renteneintrittsalter als Grund nennt, eine weitere Leistungsbewilligung
abzulehnen, wo findet dann die Betreuung statt? In einer stationären
Wohneinrichtung muss dies durch das Personal vor Ort sichergestellt werden. Ist
diese Wohneinrichtung klein, eigentlich sogar tagsüber geschlossen, muss extra
Personal eingesetzt werden. Doch lebt der behinderte Mensch in einer eigenen
Wohnung, muss die rechtliche Betreuung die notwendigen Maßnahmen organisieren. Man
kann dann auch nicht einfach auf einen Pflegedienst zugreifen, weil hierfür ein
Pflegebedarf festgestellt werden muss, was tatsächlich nicht der Fall ist.
Wenn zukünftig die Flexi-Rente
möglich ist, so dass Arbeitnehmer, die das Renteneintrittsalter erreichen, sich
entscheiden können, weiter zu arbeiten, müsste doch auch behinderten Menschen
dieses Recht zuteil kommen (Art. 3 Abs. 3 GG). Damit wäre es Leistungsträgern
untersagt, eine Ablehnung wegen Erreichen des Renteneintrittsalters
auszusprechen. Leistungsberechtigte dürften dann sogar verlangen, dass sie noch
(weit) über diese Altersgrenze eine Tagesförderstätte mit umfangreichen
Betreuungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten besuchen dürfen.
Doch auch heutzutage kann mit der
bewilligenden Stelle über den Hilfebedarf und das tatsächlich vorhandene
regionale Angebot gesprochen werden. Man muss es nur in vernünftiger Weise
versuchen.
CGS
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