Samstag, 12. November 2016

Barbeträge zur persönlichen Verfügung für behinderte Menschen in stationären Wohneinrichtungen

Vor längerer Zeit hatte ich bereits zum Thema „Barbeträge“ einiges zusammengeschrieben. Doch auch wenn es sich um ein nicht besonders aktuelles Thema handelt, es gibt dennoch immer wieder Entwicklungen oder Ereignisse, die zeigen, dass alle Beteiligten ihre Schwierigkeiten damit haben.

Einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung erhält nur die Person, welche leistungsberechtigt ist gem. § 19 Abs. 1 SGB XII / § 27 Abs. 1 SGB XII. Der Barbetrag gehört zu den Hilfen zum Lebensunterhalt, die nach dem 3. Kapitel des SGB XII nur an solche Personen gezahlt wird, die „ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln … bestreiten können“ (Abs. 1).

Wenn solche Menschen allerdings in einer vollstationären Wohneinrichtung leben, wird der Lebensunterhalt vom Betreiber der Einrichtung erbracht. Die an den Betreiber gezahlte Vergütung enthält u.a. Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung, welche in etwa die Grundsicherungs-Leistungen abdecken sollen (vgl. auch § 76 Abs. 2 SGB XII). Was aber nicht in den Vergütungen enthalten ist, ist der sogenannte „weitere notwendige Lebensunterhalt“ nach § 27 b Abs. 2 SGB XII. Darin enthalten ist z.B. die Bekleidung eines behinderten Menschen, aber auch der eingangs genannte Barbetrag zur persönlichen Verfügung in angemessener Höhe.

Dieser Barbetrag entspricht 27 % der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII und wird häufig auch als Grundbarbetrag tituliert, um zwischen weiteren Barbeträgen zu differenzieren.

Zusätzlich zum Barbetrag wird nämlich in einigen Fällen auch ein Zusatzbarbetrag gezahlt, der als eine Art Besitzstand anzusehen ist. Es handelt sich hierbei um eine Übergangsregelung für Leistungsberechtigte gem. § 133 a SGB XII, welche am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) hatten. Dieser Betrag wird heute unverändert fortgeschrieben in Höhe seiner Differenz zum damaligen Grundbarbetrag. Voraussetzung für die Fortgewährung ist das Anspruchsbestehen im Dezember 2004. Hatte der Leistungsberechtigte (damals noch Hilfeempfänger) einen Teil der Kosten seines Aufenthaltes in der Einrichtung selbst getragen, erhielt er diesen Zusatzbarbetrag.

Normalerweise wird ein Barbetrag nur dann unvermindert ausgezahlt, wenn eine „bestimmungsgemäße Verwendung“ möglich ist (vgl. § 27 b Abs. 2 Satz 4 SGB XII). Dies könnte sich auch auf andere Barbeträge erstrecken, da über allem der Grundsatz der Erforderlichkeit schwebt. Dass der Zusatzbarbetrag bislang unverändert fortgeschrieben wird, lässt vermuten, dass eine Prüfung im Einzelfall (noch?) nicht unternommen wurde.

Dann gibt es noch Abzugsbeträge, bei denen es sich, wie der Name vermuten lässt, um negative Barbeträge handelt. Sie mindern die Leistungen, weil der Sozialhilfeträger für den Leistungsberechtigten einen Aufwand übernimmt, der normalerweise von den Regelbedarfssätzen abgedeckt wird, aber nicht ist (vgl. § 37 Abs. 1 SGB XII). Bei Menschen, die in stationären Wohneinrichtungen leben und Leistung nach § 27 b SGB XII erhalten, übernimmt der Sozialhilfeträger z.B. die Zuzahlungen an Krankenkassen in Form eines ergänzenden Darlehens (vgl. § 37 Abs. 2 SGB XII). Ein solches Darlehen wird im Wege des Abzugs vom Grundbarbetrag „in gleichen Teilbeträgen über das ganze Kalenderjahr“ zurückgezahlt. Damit entfällt die Zuzahlungspflicht für den Leistungsberechtigten, da diese pauschal vom Sozialhilfeträger einbehalten wird.

Die Pflicht zur Rückzahlung eines Darlehens entsteht sofort, wenn der Anspruch auf Sozialhilfe endet.

Weil in vielen Fällen die Leistungsberechtigten über kein eigenes Bankkonto verfügen, zahlen die Sozialhilfeträger die Gelder an die Leistungserbringer oder Betreiber der Wohneinrichtungen aus. Diese sollen die Barbeträge an die Bewohner dann weiterleiten (an ein Girokonto überweisen, welches vom rechtlichen Betreuer verwaltet wird) oder über die Hauskasse / Kasse vor Ort direkt auszahlen (siehe hierzu auch meinen Beitrag vom 28.11.2014 zur Pflicht des Einrichtungsträgers über die Verwahrung von Bewohnergeldern).

Dieses Geld soll den Leistungsberechtigten zum Monatsanfang bzw. zu Perioden-Beginn zur Verfügung stehen, doch das ist nur dann möglich, wenn der Leistungserbringer sofort bei Zahlungseingang die Mittel auszahlt. Dies ist in der Regel nicht möglich, weil der Leistungserbringer zuerst einmal prüfen muss, was vom Sozialhilfeträger überhaupt ausgezahlt wurde. Damit es allerdings zu keiner Verzögerung kommt, werden Barbeträge zur Auszahlung gebracht, selbst wenn noch keine Klarheit über die eingegangenen Gelder besteht. Mit anderen Worten: Die Auszahlung erfolgt auf die Gefahr hin, dass der Leistungsträger die Zahlungen eingestellt hat.

Dass die Barbeträge nicht ausgezahlt werden, kann z.B. dann vorkommen, wenn eine Frist zur Antragstellung für eine Weiterbewilligung überschritten wurde. Ob eine solche Einstellung rechtlich überhaupt gestattet ist, darf angezweifelt werden. Auch wenn die Mitwirkungspflicht seitens der Einrichtung oder des rechtlichen Betreuers verletzt wird, so bleibt die Notlage des Leistungsberechtigten dennoch bestehen und es muss Abhilfe geschaffen werden – an den Grundvoraussetzungen hat sich ja nichts verändert.

CGS




Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Schicken Sie mir eine E-Mail oder bewerten Sie ganz einfach diesen Beitrag.




Notizen:
  
Leistungen der Sozialhilfe
2. Kapitel SGB XII

§ 19 Abs. 1 SGB XII
Hilfe zum Lebensunterhalt
3. Kapitel SGB XII

§ 27 Abs. 1 SGB XII
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.