Es kam aber alles
noch viel schlimmer. Was gezahlt wurde, lässt sich bis heute nicht eindeutig
klären. Die Bandbreite an Beträgen, die da bei den Leistungserbringern eingehen
(und wiederum bei den Leistungsberechtigten nicht auf das Konto gelangen), ist
immens und nicht nachvollziehbar.
Viele wollen ein „einfaches“
System und würden am liebsten diese Sache mit dem Bezahlen wieder zurück an die
Behörden delegieren. Warum auch nicht?!
Es gibt allerdings die
Tendenz, dass die Behörden zunehmend Rückrechnungen vornehmen. Damit würde es zu
einer Korrektur kommen, die, sollten bereits Überzahlungen weitergegeben worden
sein, zu Fehlbeträgen führen.
Die ersten Zahlungen nach dem neuen System
Zum 1.1.2020 hatte sich, wie man mittlerweile weiß, die
Abrechnungssystematik komplett geändert. Was zuvor in einem einzigen Geldbetrag
von nur einer Stelle an den Leistungserbringer (Träger einer Wohneinrichtung)
gezahlt wurde, muss jetzt teils von Bewohnern selbst und teils von den
öffentlichen Stellen aufgebracht werden. Ursache dafür war das BTHG mit seiner
Trennung in die Leistungsbereiche Eingliederungshilfe (SGB IX) und Sozialhilfe
(SGB XII). Mit den neuen Wohn- und Betreuungs-Verträgen zwischen Bewohnern /
Klienten / Leistungsberechtigten als Verbraucher und Einrichtungsträgern /
Leistungserbringern als (soziale) Unternehmer auf privatrechtlicher Ebene
wurden jedoch Verpflichtungen geschaffen, die nun zu bedienen sind.
Wer zahlt was und wie viel? Das BTHG hat an dieser Stelle
bereits ein paar Fragezeichen ausgelöst, die in den letzten Monaten mühsam
geklärt werden mussten. Hinzu kam dann noch, dass die Umstellung der
Leistungsberechtigten mit ihren Verpflichtungen bedauerlicherweise nicht
termingerecht passierte. In einer ersten Bekanntgabe lag dieser Rückstand bei „22,5
%“ (Hamburger Sozialbehörde BASFI, Stand Dezember 2019), in einer ersten
Monatsabrechnung zeigte sich eine Nicht-Zahler-Quote von ganzen „28 %“ (eigene
Recherche, Stand Januar 2020).
Davon abgesehen gab es eine Bandbreite an Geldeingängen.
Eine Kategorisierung fällt dabei schwer, weil es sehr unterschiedliche Beträge
gab (siehe dazu auch meinen letzten Beitrag vom 20.2.2020). Was sich ebenfalls
ergab, betraf im Grunde genommen nur die Leistungserbringer, die sich gegen
eine Überleitung von Grundsicherungsleistungen, Wohngeldern und sogar Renten
gesperrt hatten; sie wollten einfach keine „Treuhandanstalten“ sein, sondern
ihre Klienten zu echten Wirtschaftssubjekten machen. Ganz im Sinne des BTHG,
muss man sagen.
Problem war nun, dass es gesetzliche bestellte Betreuer
gab, die sich weigerten, ein persönliches Girokonto für ihre Betreuten einzurichten
und sogar manche Sachbearbeiter in den Behörden, die das Wohngeld direkt an die
vermietenden Leistungserbringer „im Auftrag“ zahlten.
Eine Verrechnung ist nicht möglich
Die Überzahlung auf dem einen Konto könnte doch so bequem
mit dem Schuldposten auf dem anderen Konto beglichen werden – oder nicht?
Der Vertrag über das Wohnen und Versorgt-Werden könnte doch
so bequem auf die Behörde als „Schuldner“ eingestellt werden – oder nicht?
Im ersten Fall müsste man von der Überzahlung wissen. In
der Tat haben einige Sachbearbeiter dies jetzt so mitgeteilt, aber nicht den
Leistungserbringern als Empfänger dieser Gelder. Denn wenn es so wäre, könnte
man den Leistungserbringern auch gleich die Erlaubnis erteilen, die Verrechnung
vorzunehmen. Damit bestünde nicht mehr die Gefahr der Rückholung der Gelder zu
einem späteren Zeitpunkt; also weg vom Bankkonto der Leistungserbringer und
wieder zurück an die Leistungsträger (verkürzt gesprochen).
Doch so etwas bedeutet einen administrativen Aufwand, den
beide Seiten nicht wollen.
Im zweiten Fall könnte man den Vertrag über das Wohnen
und Versorgt-Werden sozusagen an die Fachleistung „dranhängen“. Die Abrechnung
würde dann zwar nach wie vor in einem Konto geschehen, aber eine einfache
Zusammenstellung von Konten in sogenannten Sammelbelegen wäre nicht mehr
möglich. Viel schwerwiegender erscheint es dagegen, dass man den
leistungsberechtigten Menschen das Recht abspricht, sich in irgendeiner Weise
als selbstbestimmte Menschen zu fühlen; es mag sein, dass es bei vielen ohnehin
nicht möglich ist, doch die große Mehrheit der Menschen möchte sich dieses
Recht nicht mehr nehmen lassen.
So etwas bedeutet eine Abkehr der selbstgesteckten Ziele
von echter Teilhabe.
Eine 1:1 Rückrechnung ist dagegen schon im Gange
Was es braucht, ist eine gute Verständigung über die
entstandenen Fehler und wie man damit umgehen sollte. Und es passiert an diesem
Punkt bereits etwas, wenn auch nicht mit der Unterstützung der Verbände.
Verschiedene Leistungsträger haben bereits Klärungen im Gange, die auf eine
baldige Rückrechnung schließen lassen. Man wird vermutlich überzahlte bzw.
fehlgeleitete Beträge jetzt stornieren, gleichzeitig nur noch die Fachleistung
überweisen. Es wird von daher in den kommenden zwei Monaten wahrscheinlich zu
Null-Summen kommen, aber es ist dann alles belegt und nachvollziehbar.
Was es ganz und gar nicht braucht, sind Forderungen nach
einer Rückzahlung / Weiterleitung der Behörden-Überzahlungen an die
leistungsberechtigten Menschen oder Umbuchungen ohne eine ausdrückliche
Freigabe durch die Zahlenden. Würden die Leistungserbringer so verfahren,
müsste sie damit rechnen, dass bei einer späteren Rückforderung der Behörde ein
Fehlbetrag zurückbleibt. Alles nur, weil man in diesem Moment sich der Kritik
und dem Verlangen der gesetzlichen Vertreter (meist auch noch Angehörige) nicht
erwehren kann.
Überspitzt gesagt würden solche Weiterleitungen ohne eine
echte Begründung oder behördliche Genehmigung eine unerlaubte Handlung
darstellen. Ein Verstoß gegen die Treuepflicht, weil die Eigentümer des
sozialen Unternehmens ein ordnungsgemäßes Arbeiten erwarten. Und ein Verstoß
gegen das Gebot der Mittelverwendung (§ 55 AO).
CGS
Das hier war und ist keine Rechtsberatung oder
Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Bitte wenden Sie sich an die
zuständigen Behörden, Sozialverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie dazu die
Hinweise
zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss
sowie die Datenschutzerklärung.
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich
reihum auf die Überschriften oder Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren
und ist ein guter Motivator für mich.
Möchten Sie was sagen?
Schreiben Sie mir eine E-Mail – Ihre Meinung hilft mir,
meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine E-Mail-Adresse finden Sie auf der
Seite Über mich.
Noch ein Update zu den fehlerhaften Zahlungen