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Weil jetzt eine
Flut an Informationen auf uns einprasselt, wird es wohl (fast) jeder kapieren,
dass es diesmal sehr ernst wird. Hier ein paar Grafiken und ein paar weitere
Informationen, die die Runde machen.
+++ Nachtrag vom
13.3.2020 +++
Die Hamburger
Gesundheitsbehörde hatte nun für die Wohnstätten, die dem hamburgischen Wohn-
und Betreuungsgesetz (HmbWBG) unterliegen und mit Hinweis auf
Landesrahmenverträge nach dem SGB XI (Pflege), etwas zum Personaleinsatz klargestellt.
Dies wäre analog anwendbar für die Wohnstätten der Behindertenhilfe.
Ausgangspunkt für
die Vorschrift zur Einhaltung einer Fachkraftquote (Personalrichtwerte) wären neben
§§ 4 und 5 WBPersVO-HH (Wohn- und Betreuungspersonalverordnung der Stadt
Hamburg) auch die jeweiligen Landesrahmenverträge nach SGB XI (Pflege) oder
Eingliederungshilfe (vormals SGB XII, jetzt SGB IX). Grundsätzlich sind die
vorhandenen Personalressourcen so einzusetzen, dass der Betreuungsbedarf abgedeckt
wird und die Betreuungsqualität eingehalten wird (§ 4 Abs. 3). Der Anteil der
Fachkräfte an den Beschäftigten für betreuende Tätigkeiten muss nach der
Verordnung mindestens die Hälfte betragen; also 50 % (§ 5 Abs. 3). Weitere
Vorgaben würden sich gem. § 4 Abs. 5 aus den Landesrahmenverträgen ergeben.
Die Behörde stellt
nun fest, dass die Grundlage für diese Berechnung sich aus den „vereinbarten
Arbeitszeiten“ ergibt. Und sie sagt: „Beschäftigte werden also auch dann in die
Berechnung der Personalkennzahlen berücksichtigt, wenn sie erkrankt sind und
sich in der Lohnfortzahlung befinden oder sich auf Anordnung des
Gesundheitsamtes in häuslicher Quarantäne befinden.“ (Schreiben vom 10.3.2020).
Einrichtungsfremdes
Personal, wie z.B. Leiharbeitnehmer, dürfen nur begrenzt gem. § 9 WBPersVO-HH
eingesetzt werden.
+++ Nachtrag vom
14.3.2020 +++
Durch die
Schulschließungen wird auch der Einsatz der Schulbegleitungen /
Integrationshelfer beendet werden – beendet vor Ort in den Schulräumen. Das
bedeutet jetzt aber nicht, dass der Bedarf an Begleitung „beendet“ ist. Der
Bedarf an Begleitung verlagert sich nun lediglich an einen anderen Ort.
Aber es geht nicht
mehr um Hilfen zur angemessenen Schulbildung – und das ist kritisch! Von daher
sollten alle, ganz besonders diejenigen Eltern, die über ein Persönliches
Budget zum Arbeitgeber geworden sind, schnellstens eine Klärung mit dem
bewilligenden Leistungsträger (Fachdienst oder Fachamt Eingliederungshilfe /
Soziales) unternehmen. Vermutlich wird man in dieser Situation seitens der
Kommunen keine Sperenzchen machen; aber man erinnert auch andere Zeiten. Die
Regierungen haben zwar schon finanzielle Hilfen für alle (!) Unternehmer
angekündigt, weil es eben ganz besondere Zeiten sind. Es fehlt allerdings
derzeit an behördlichen Richtlinien, um akut helfen zu können.
Solidarität.
Oder anders
gesprochen: Der Sozialraum wird gebraucht, um zu schützen.
+++ Nachtrag vom
16.3.2020 +++
Es finden derzeit
Beratungen auf Landesebene für Schleswig-Holstein statt, die darauf hinzielen,
sämtliche Ausfälle an Leistungen im Bereich der Eingliederungshilfe zu decken.
Darunter fallen I-Kitas, WfbMs und Tagesförderstätten bzw.
Beschäftigungsprojekte. Schulbegleitungen (Integrationshelfer) werden mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch darunter fallen, wobei aber an diesem Punkt noch unklar
ist, ob es auch Leistungen der Jugendhilfe umfasst (man könnte es aber
vermuten).
Die Weiterzahlung
der Entgelte ist zwar noch nicht garantiert, aber das Land und die Kommunen
möchten die vorhandenen Strukturen sichern (Strukturbildungsgebot?). Von daher
wird empfohlen, dass alle Ausfallzeiten oder die Mehrbetreuungszeiten
dokumentiert werden.
+++ Nachtrag vom
16.3.2020 +++
Gewerkschaften und
Arbeitgeberverband pausieren mit den Verhandlungen zur neuen Tarifrunde 2020.
+++
Das Virus kommt näher
Grafik 2 |
Da gibt es die unbestätigten
Infektionen, die ganz bestimmt langfristig zu Bestätigungen werden. Da gibt es
aber auch die nicht erfassten Fälle, die im Kommunikationsstrang von den
örtlichen Behörden bis hinauf zum RKI einfach verloren gehen. Wie hoch dieser
Fehler ist, wird sich noch zeigen müssen. Mittlerweile hat das RKI sein
Berichtswesen umgestellt, um schneller die richtige Anzahl an Fällen zu
publizieren (aber es dauert nach wie vor mit den Aktualisierungen). Mit dieser
Maßnahme hat man vermutliche eine Fehlerquelle in der Vergangenheit abgestellt.
Grafik 3 |
Doch weil jeder Infizierte ein
potentieller „Spreader“ ist (ein „Gefährder“ im anderen Sinne), ist die Zahl
der Betroffenen um ein Vielfaches höher. Mal angenommen, es hat einen engeren
Kontakt zu vierzig, fünfzig anderen Menschen gegeben bis eine Quarantäne
verhängt wurde, dann sprechen wir pro 1.000 Infizierter von 40 bis 50 Tausend
weiteren Betroffenen. Deswegen muss man die bereits eingetretene Entwicklung
als besorgniserregend erachten.
+++ Nachtrag vom 14.3.2020 +++
Seit heute befinden sich die
Menschen im Land definitiv im Krisen-Modus, aber nicht in Panik. Das ist schon
mal gut. Wie sich die Zahlen jetzt weiterentwickeln werden, wo man großflächig
Schulen und andere öffentliche Einrichtungen geschlossen sowie Versammlungen
untersagt hat, wird mit großem Interesse beobachtet.
+++
Grafik 4 |
Erst wenn sich Zahl der täglich
Infizierten ins Minus verkehrt, kann man von einem Erfolg sprechen. Bis dahin
muss man leider konstatieren, dass es mittlerweile eine Person von
(durchschnittlich) 35 Tausend Einwohnern treffen wird – wobei das natürlich nur
ein deutschlandweiter Durchschnitt ist. Hoch-Risiko-Gebiet wäre zurzeit das
Bundesland Bremen, gefolgt von Hamburg.
Was das für die Arbeit mit behinderten Menschen
bedeutet
Vermehrt spricht man von
Allgemeinverfügungen und Erlassen. Die jeweiligen Hoheitsträger empfehlen nicht
mehr nur, sie verfügen jetzt Einschränkungen im sozialen Miteinander. Doch weil
es Orte gibt, an denen anderen Menschen geholfen werden muss (z.B.
Krankenhäuser, Pflegeheime und Wohnstätten für behinderte Menschen sowie
Tagesstätten), sollen Arbeitgeber eine Risikoabwägung vornehmen zum Schutz der
Arbeitnehmer. Und im besonderen Fall der sozialen Unternehmen als Dienstleister
und Leistungserbringer in der Pflege und Behindertenhilfe wird noch ein wenig
mehr erwartet.
Schon jetzt sind
Nachbestellungen von Schutzmasken und Desinfektionsmitteln nicht möglich. Beispielsweise
bemühen sich Leitungen von Wohnstätten zwar, ihre Bestände untereinander zu
tauschen, damit alle im Fall des Falles ein wenig besser gewappnet sind. Doch
es ist nicht so einfach. Die wichtigste Ressource wäre der Mensch vor Ort, der
sich traut, den hilfebedürftigen Menschen zu helfen. Wie soll aber ein
Arbeitgeber seine Mitarbeiter motivieren, einen Dienst auf sich zu nehmen, der
womöglich mit einer gesundheitlichen Gefahr verbunden ist?
Ein Recht auf
Leistungsverweigerung gibt es in dem Fall nicht, es sei denn, es ist
augenscheinlich hoch riskant für Leib und Leben. Wenn Schutzbekleidung vorrätig
ist, fehlt es am Grund dafür. Erkrankt der Mitarbeiter, ist der Arbeitgeber zur
Übernahme der Lohnkosten verpflichtet – dazu finden sich im
Infektionsschutzgesetz entsprechende Vorschriften. Vermutlich wird man seitens
der Leistungserbringer die Quarantäne der Bewohner nicht favorisieren zum
Schutze aller anderen. Vielmehr wird man erkrankte Bewohner gleich ins
Krankenhaus verbringen.
Eine Lösung im Angesicht der
UN-BRK erscheint es nicht zu sein. Doch was sonst kann getan werden?
Empfehlungen einer Task-Force in Hamburg
In „sensiblen
Versorgungsbereichen“, wie eben Pflegeheime und Einrichtungen der
Behindertenhilfe, muss man nach der Rückkehr aus einem Risiko-Gebiet an den
Arbeitsplatz nicht 14 Tagen zuhause bleiben. Die Arbeitskraft des Rückkehrers
wird gebraucht. Doch man sollte sich vorsichtshalber testen lassen und sehr
bewusst auf mögliche Krankheitssymptome von sich oder bekannten Mitreisenden achten.
Diese Sache mit den Risiko-Gebieten wird jedoch abnehmen.
Das Testen stellt
nichtsdestotrotz eine Herausforderung dar, wenn Krankheitssymptome nicht
sichtbar sind. Gesundheitsämter und Notdienste der Krankenversicherung sind
derzeit hoffnungslos überlastet. Man arbeitet daran, dass im Stadtgebiet ganz
spezielle Anlaufstellen eingerichtet werden für solche Tests. Diskutiert wird
zum Beispiel die Idee, sogenannte „Drive-Thrus“ wie bei McDonalds auf großen
Parkplätzen aufzubauen, damit eine Testung im Auto möglich ist. Selbsttests per
Post oder Kurier wurden auch vorgeschlagen.
Sollte es zu
Krankheitsausfällen in der Belegschaft kommen und man weicht im Bereich der
Pflege von den vereinbarten Fachkraftquoten ab, soll dies natürlich nicht
sanktioniert werden, so die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz
(BGV).
Im Gegenteil: Es wird sogar
überlegt, bei außergewöhnlich hohen Kosten für die Materialbeschaffung oder
Personalausfällen eine finanzielle Entschädigung zu leisten. Dies betrifft
aktuell jedoch nur die Leistungserbringer der Pflege, man kann eine Ausweitung
auf die anderen Bereiche ganz bestimmt vermuten.
CGS
Notizen:
Zum Thema Sterblichkeit gibt es einen sehr interessanten
Beitrag bei HEISE ONLINE.
Befasst man sich mit diesem Text, wird man schnell
überrollt von den vielen Kennzahlen, die in der Wissenschaft genannt werden. In
meiner Analyse habe ich mir schlichtweg die gemeldeten Todesfälle, die im
bestätigten Zusammenhang mit der COVID-19-Erkrankung gesehen werden, verglichen
mit den an das RKI gemeldeten Fallzahlen. Doch man kann auch andere Kennzahlen
erarbeiten und darüber sprechen, um etwas anderes oder genaueres zu
beschreiben. Wichtig zu verstehen ist aber, dass meine Kennzahl sich auf den
gesamten Verlauf der Erkrankungs-Welle bezieht und somit nicht vergleichbar
wäre mit Schätzungen, Dunkelziffern, dynamischen Abschätzungen oder
zeitbezogenen Prozentwerten. Sie kann sich also deutlich unterscheiden von den
anderen Kennzahlen.
Kolumnen-Beitrag bei HEISE ONLINE vom 10.3.2020, 13:37
Uhr
von Andreas Stiller
3,4 Prozent Fallsterblichkeit bei Corona meldet die WHO. Nicht nur der große Virus-Experte Trump bestreitet das, "that's a false number". Wer hat Recht?
Sonstige Quellen:
Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) |
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.
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