Freitag, 28. Februar 2020

Infektionsschutz in Wohnstätten

Schon vor einigen Jahren gab es ein Planspiel des Fraunhofer-Instituts über eine Pandemie in Deutschland im Jahr 2020. Ausgangspunkt dafür war die Erkenntnis, dass durch die zunehmende Globalisierung und Mobilität der Menschen, insbesondere im Zusammenspiel mit dem weltweiten Massentourismus, ein neues Risiko-Potential entstehen würde.

Seitdem wird mehr und mehr von Pandemie-Plänen gesprochen. Und es finden sich tatsächlich sehr viele Empfehlungen und Hinweise dazu, die aktuell herumgereicht werden (so auch hier).

Wie es aber mit den Grundlagen überhaupt aussieht, das soll an dieser Stelle einmal angesprochen werden.


Die gesetzlichen Grundlagen, die das Fundament bilden

Aktuell spricht man beim „Corona-Virus“ von einem „pandemischen Virus“, also einer Erkrankung, die sich auf das „ganze Volk“ ausbreiten kann bzw. „im ganzen Volk [verbreitet] existiert“ (siehe dazu den Wikipedia-Eintrag zum Schlagwort „Pandemie“, Stand 28.2.2020). Man spricht deswegen von einer Pandemie, weil die Verbreitung der Krankheitserreger sehr schnell und sehr weitreichend geschieht; eine lokale Begrenzung kann nicht festgestellt werden.

Weil die Übertragung von Mensch zu Mensch aufgrund des direkten oder sehr nahen Kontakts geschieht, sind natürlich diejenigen am meisten gefährdet, die im direkten Kontakt zu anderen arbeiten. Dazu gehören insbesondere Pflege- und Assistenzkräfte in Wohnstätten (Heimen), aber auch die Bewohner selber. Was also zu tun ist, wenn eine Krankheitsausbreitung vermutet werden muss, und wer für was verantwortlich ist in diesen Wohnstätten, kann man dem Infektionsschutz-Gesetz entnehmen.

Was das Melden von Krankheiten anbelangt, sind schon mal Angehörige eines Heil- und Pflegeberufs (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 IfSG) dazu verpflichtet wie auch die Leitungen von bestimmten Einrichtungen (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 6). Zu diesen bestimmten Einrichtungen zählen unter anderem voll- und teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von älteren, behinderten oder pflegebedürftigen Menschen. Sie alle unterliegen einer infektionstechnischen Überwachung durch das Gesundheitsamt und müssen von daher in Hygieneplänen sogenannte innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festlegen. Wie die Überwachung zu erfolgen hat, ist Ländersache. Wenn sich also ein Vorfall ereignet, müssen beispielsweise die Leitungen der Einrichtungen die örtlich zuständigen Gesundheitsämter informieren.

In den §§ 9 und 10 IfSG ist genau vermerkt, welche Daten zu melden sind. Dazu gehören sowohl die Krankheiten als auch die Personendaten der Betroffenen. Die Gesundheitsämter verarbeiten diese Daten und leiten sie dann weiter an das berühmte Robert-Koch-Institut (RKI). Einrichtungen sollten dafür aber bestimmte Formblätter erstellt haben, damit genau diese Informationen schnell und strukturiert übermittelt werden können. Am besten dafür eignet sich ein Standard-Formular, was in den Einrichtungen ausliegt. Und es sollte klar benennen, zu welchem Zeitpunkt an wen genau die Meldung zu erfolgen hat.


Betriebliche Grundlagen, für das Verfahren bei Infektionen

Wichtigster Empfänger der Meldung wäre nach dem Gesetz das Gesundheitsamt. Daneben müssten aber insbesondere die unmittelbare Belegschaft, die Mitarbeiter des Reinigungsdienstes und der Hauswirtschaft (ebenso Wäscherei) informiert werden sowie die mit der Hygiene beauftragte Person des Betriebs, um geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Und damit dieser Alarmierungsweg ordnungsgemäß verläuft, muss – erneut auf Formularen – eine Dokumentation erfolgen, und es muss der Datenschutz eingehalten werden.

Das alles findet sich in einem Hygieneplan (ein anderer Begriff sollte nicht verwendet werden, weil es diesen Begriff so im Gesetz gibt). Ein derartiges Dokument muss einerseits kurz und knapp gehalten sein, damit die wichtigsten Informationen schnell erkennbar sein. Und gleichzeitig muss man gute Erläuterungen dort finden, weil diejenigen, die damit arbeiten, gerne etwas verstehen wollen.

Eigentlich ist die wichtigste Person zuerst ein Arzt. Der erkrankte Mensch muss ärztlich untersucht werden, weil es schließlich eine konkrete Feststellung braucht, was für eine Erkrankung vorliegt. Bei allen Überlegungen und Forderungen in Bezug auf ein strukturiertes Verfahren in den Wohnstätten, braucht es eine medizinische Diagnose – alle Mitarbeitenden in den Einrichtungen sind ja keine Mediziner.

Der Arzt, der vielleicht den meldepflichtigen Krankheitserreger diagnostiziert, wird ohnehin zu einer Meldung verpflichtet sein (siehe oben). Aber es ist der Arzt der bestimmen muss, was mit dem Erkrankten passieren soll: Einweisung ins Krankenhaus oder Quarantäne. In den beiden Fällen müssen dann die Angehörigen des Bewohners natürlich informiert werden. Viel komplizierter wird es dann jedoch, wenn eine „geschlossene“ Unterbringung verlangt wird – können Sie sich vorstellen, einem kognitiv eingeschränkten Menschen das zu erklären? Und wie soll das „Geschlossene“ funktionieren ohne richterlichen Beschluss?


Pandemiepläne

Ein strukturiertes Verfahren in Wohnstätten ist natürlich wichtig, weil man nicht überrascht sein möchte, wenn ein Krankheitsausbruch festgestellt wird. Es wird mittlerweile von „Pandemieplänen“ gesprochen, die im Ernstfall umgesetzt werden müssen und aus folgenden Kapiteln bestehen sollen (keine abschließende Aufzählung):

·         Es muss festgelegt werden, welches Personal im Pandemiefall was und wie zu tun hat.

·         Es muss beschrieben werden, wie eine Exposition gegenüber Krankheiten aussieht.

·         Es muss eine ständige Fortbildung, Schulung und Belehrung des Personals stattfinden.

·         Es muss der Umgang mit erkrankten Bewohnern bestimmt und vielleicht sogar trainiert werden.

·         Es muss eine jährliche Influenza-Schutzimpfung erfolgen und dokumentiert werden.

Das RKI hatte in 2017 nun einen „Nationalen Pandemieplan“ herausgebracht und darin unter anderem die Maßnahmen und Pflichten von Unternehmen, Verwaltungen und anderen nicht-medizinischen Bereichen skizziert. Gefordert wird, dass ein „Betrieblicher Pandemieplan“ erstellt wird, in dem die organisatorischen Maßnahmen zum Schutze der im Betrieb aufzufindenden Menschen ausgelegt sind. Anhand einer eigenen Checkliste soll es möglich sein, einen solchen Pandemieplan zu erarbeiten (S. 67 f.; und Planungshilfe für Altenheime und Altenpflegeheime, S. 55 f.; daneben gibt es von verschiedenen Verbänden eine Sammlung an Tipps für die betriebliche Pandemie-Planung).

Bei aller Liebe, diese Gedanken sind zwar nicht schlecht, aber es wäre in der aktuellen Situation zu spät für einen solchen Pandemieplan im Betrieb. So etwas jetzt zu schreiben, wäre eine Panik-Attacke, die eher einer „Energieverschwendung“ gleichkommt. Sich dennoch damit zu befassen bzw. in den Dienstbesprechungen es zu thematisieren, wäre aber erforderlich, weil die Mitarbeitenden sehr viele Sorge haben und schnell zu anderen Panik-Anfällen neigen könnten.

Was nun wiederum das „Corona-Virus“ anbelangt, wir stehen in diesem Teil der Welt vor einer gigantischen Herausforderung. Es wird leider schon sehr viel Des-Information betrieben und der Blick auf das Wesentliche wird verschleiert. Darum braucht es ein wenig mehr Orientierung und klare Kommunikation der Behörden mit den Menschen.

CGS



Quellen:


Fraunhofer-Institut

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

RKI Robert-Koch-Institut
Influenza-Pandemieplanung

(letzter Aufruf am 28.2.2020)



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