Der erste Punkt hat
mit einem schlichten Vergleich zwischen den Fristen für die Bearbeitung von
Anträgen bei der Jugendhilfe und denen der Ämter für die Eingliederungshilfe
bereits eine Diskrepanz aufgezeigt. Das muss jetzt nicht gleich einen Nachteil
bedeuten, aber es mangelt an dieser Stelle an der Verlässlichkeit, die so
wesentlich ist für ein würdevolles Leben (Art. 1 GG) und den Zuspruch aus der
Gesellschaft für die Arbeit der Behörden sichert.
Der zweite Punkt
ist zuerst einmal eine Aufzählung von verschiedenen, beobachteten Mängeln im
Zusammenspiel zwischen Schule, Leistungserbringung und Leistungsträgerschaft.
Und es mündet leider in eine kritische Feststellung zu eineem Papier, dass die
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüs)
zusammen mit dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städtetag vor gut
einem Jahr herausgebracht hat (Thema: Bildung von Schulbegleiterpools).
Mit alledem lässt
sich gar nichts gewinnen.
Fristenvergleich
Die Jugendhilfe scheint dem Fristen-Reglement aus dem SGB
I zu unterliegen. Dagegen sind Rehabilitations- bzw. Eingliederungshilfeträger
aufgrund ihres „Spezial“-Gesetzes weitaus engeren Grenzen ausgesetzt. Werden
diese Fristen verpasst, brauchen Leistungsberechtigte nicht zu warten, sie
können die Initiative ergreifen.
SGB I
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SGB IX
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§ 17 Ausführung der Sozialleistungen
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§ 14 Leistender Rehabilitationsträger
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(relevante Auszüge aus dem Gesetzestext)
In der Fassung vom 12.12.2019
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(ungekürzter Gesetzestext)
In der Fassung vom 14.12.2019
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(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf
hinzuwirken, daß
1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise,
umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen
erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach
gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher
Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von
Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien
Räumen und Anlagen ausgeführt werden.
…
|
(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt
der Rehabilitationsträger innerhalb
von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem
für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den
Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz
4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die
Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem
nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet
hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der
Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1
nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger
zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung
erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden
bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz
2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches
getroffen.
(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der
Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur
Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die
Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung
kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende
Rehabilitationsträger innerhalb von drei
Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des
Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen
des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die
Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet
worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem
Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen
Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3
entsprechend.
(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag
nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden
Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den
Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen
Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem
Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2
Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den
Antragsteller.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der
Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die
Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des
voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.
(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16
Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen
zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.
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Link:
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(Fettdruck von mir)
Schule und Schulbegleitung
Wie man schon an dem Vergleich oben sieht, herrschen
unterschiedliche Zuständigkeiten für die Begleitung von jungen Menschen, die
lediglich eine angemessene Schulbildung brauchen (SGB VIII vs. SGB IX). Dadurch
ergibt sich für viele eine Barriere, die den Zugang zu solchen Leistungen
erschwert. Zur gleichen Zeit sind Schulen nach wie vor nicht ausreichend genug
involviert, dass sie hier, als erste Anlaufstelle oder Kontakt der Angehörigen
mit einem Hilfeersuchen, gut informieren können.
Schulbegleitung wird an (nur noch wenigen) Schulen als
eine „Störung“ empfunden, weil die Lehrkraft sich beobachtet fühlt von einem
anwesenden Erwachsenen. Und umgekehrt sind es nicht immer fachlich geschulte
Assistenzkräfte, die ein Kind begleiten sollen. Noch vor einigen Jahren wurde
nämlich mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot jeder Versuch, gutes Personal zum
Einsatz zu bringen, abgeschmettert. Diese Handlungsweise rächt sich mittlerweile
doppelt, da auch an dieser Stelle der Fachkräfte-Mangel zu spüren ist. Und so
ist es wiederum nicht verwunderlich, wenn das zur Verfügung stehende Personal
Fehler macht – doch das sind nur Einzelfälle und Ausnahmen.
Mit dem Pooling werden immer mehr Kinder von nur noch
einer Schulbegleitung betreut. Pooling bedeutet im konkreten Fall, dass während
des einen Unterrichts, die Assistenzkraft nicht mehr das Kind direkt betreut,
für das einmal die Leistungen bewilligt wurden. Im Idealfall können in der
Klasse gleich zwei Kinder, auch mit verschiedenen Bedarfen, betreut werden. Es
kann aber auch sein, dass die Assistenzkraft das Kind alleine lässt und den
Klassenraum wechselt, weil es möglich ist.
Das Pooling
In einer sogenannten „Orientierungshilfe zur
Schulbegleitung unter besonderer Berücksichtigung der Bildung von
Schulbegleiterpools“ wollte man den Leistungsträgern etwas an die Hand geben
zur Unterstützung bei der Entscheidung über den Umfang der Leistungserbringung
(Orientierungshilfe Schulbegleitung, Stand 6-2019, BAGüS et al).
Diese Unterlage ist nicht geschrieben worden mit dem
Ziel, Kindern mit einem Hilfebedarf benötigte Leistungen zu sichern. Man betont
es zwar, dass „vorrangige Pflicht“ es ist, „im Sinne der UN-BRK“ für ein „inklusives
Bildungssystem“ zu sorgen, aber das liegt in der „besonderen Verantwortung der
Schule“ (S. 3). Die Kommunalverwaltungen, die in der Verantwortung stehen, soziale
Hilfen zu leisten, damit Menschen in einer Notlage geholfen wird, ein Leben in
Würde zu leben (Art. 1 GG), sollen anscheinend selbst eine Hilfe erhalten, um
Anträgen auf Leistungen begegnen zu können – dieser Verdacht lässt sich nicht
abtun, wenn man beispielsweise den Satz liest: „Der ungedeckte Bedarf [in einer
Förderschule, eig. Anmerkung] muss gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe
bzw. der Jugendhilfe ausführlich
begründet werden.“ (S. 8, Fettdruck von mir)
Wenn Anträge (die Förderschule betreffend) nicht „ausführlich“
genug begründet sind, wären sie abzulehnen.
Doch weil jetzt immer mehr Eltern wünschen, dass ihre
Kinder eine Regelschule besuchen, ist die Zahl der Schulbegleitungen nach
Feststellung der BAGüS gestiegen; und gleichzeitig heißt es auch, dass es „dieselbe
Entwicklung … auch im Bereich der Förderschulen“ gibt (S. 12). Jedenfalls ist
eine Tendenz zu erkennen, der man mit den Pool-Lösungen begegnen muss.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass in solchen Fällen „zwischen allen
Beteiligten ein Konsens erzielt werden kann“ (S. 14); also Eltern und Kind (Leistungsberechtigten)
müssen ihr Einverständnis dafür geben, was auch nachvollziehbar ist.
Was wiederum nicht nachvollziehbar ist, ist das Verlangen
an die Leistungsberechtigten, dass sie „bereit sein [müssen]“ den
Leistungserbringer (als Schulbegleitung) „zu wählen“, mit dem sich der Träger
der Eingliederungshilfe zuvor „[verständigt]“ hat (vgl. § 112 Abs. 4 SGB IX
n.F.). Eine derartige Formulierung zeigt, dass nicht personen- und
bedarfsorientiert die Bereitstellung von sozialen Leistungen, wie der
Schulbegleitung, erfolgt, sondern institutsorientiert.
Wie kann also dagegen gehalten werden? Auf welche Weise
zeigt sich womöglich eine unzureichende Bedarfsdeckung?
SGB IX
§ 104 Abs. 2 Nr. 2, Leistungen nach der
Besonderheit des Einzelfalles
(2) Wünschen der
Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, ist zu
entsprechen, soweit sie angemessen sind. Die Wünsche der Leistungsberechtigten
gelten nicht als angemessen,
1.
wenn und soweit die
Höhe der Kosten der gewünschten Leistung die Höhe der Kosten für eine
vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung
nach Kapitel 8 besteht, unverhältnismäßig übersteigt und
2.
wenn der Bedarf
nach der Besonderheit des Einzelfalles durch die vergleichbare Leistung gedeckt
werden kann.
CGS
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Notizen zum Thema Schulbegleitung und
Integrationsassistenz