Zur selben Zeit
musste die Behörde mitteilen, dass noch nicht alle Leistungsberechtigten, die
in den neuen Besonderen Wohnformen lebten, erfolgreich umgestellt waren auf das
neue System. Bei dem neuen System sollte es so sein, dass die Grundsicherung
entweder an die Leistungsberechtigten direkt zahlt oder stattdessen an seinen
Vermieter-Versorger – dem Leistungserbringer / ehemals Träger einer stationären
Wohneinrichtung.
Weil es wohl Leistungserbringer gab, die ihre Klienten zu selbstbestimmten Wirtschaftssubjekten machen wollten und sich selbst nicht zu „Treuhandanstalten“, wurden in den neuen Wohn- und Betreuungsverträgen (nach dem WBVG) die Möglichkeit zum SEPA-Einzug (auch als Lastschrift-Einzugsermächtigungen bekannt) angeboten. Da diese Klienten dann keinen Weiterleitungs-Auftrag an die Behörde richteten, mussten die Grundsicherungsleistungen demzufolge auf das jeweilige Bankkonto der Leistungsberechtigten gezahlt werden.
Aber das klappte nicht. Und was jetzt?
Weil es wohl Leistungserbringer gab, die ihre Klienten zu selbstbestimmten Wirtschaftssubjekten machen wollten und sich selbst nicht zu „Treuhandanstalten“, wurden in den neuen Wohn- und Betreuungsverträgen (nach dem WBVG) die Möglichkeit zum SEPA-Einzug (auch als Lastschrift-Einzugsermächtigungen bekannt) angeboten. Da diese Klienten dann keinen Weiterleitungs-Auftrag an die Behörde richteten, mussten die Grundsicherungsleistungen demzufolge auf das jeweilige Bankkonto der Leistungsberechtigten gezahlt werden.
Aber das klappte nicht. Und was jetzt?
Eine Rückschau
Man hatte sich bei dem damaligen Treffen in der
Sozialbehörde darauf verständigt, dass noch im Januar 2020 in den Fällen, in
denen die Umstellung auf das neue BTHG-System mit der getrennten Grundsicherung
und Fachleistung noch nicht vollzogen war, die volle Vergütung des Dezembers
2019 an den Leistungserbringer gezahlt wird.
Die Hamburger Sozialbehörde hatte sich sogar bereit
erklärt, wenn es bei einzelnen Trägern zu finanziellen Engpässen kommen sollte,
weil die Klienten erst einmal nicht zahlten, würde man schnell und
unkompliziert unterstützen. Ein finanzielles Risiko
für die Leistungserbringer sollte unbedingt abgefedert werden. Ein
Verbandsvertreter meinte (erstaunlicherweise!), dass so ein Risiko recht gering
sei; er sprach davon, dass „90 %“ der bisherigen Vergütungen fließen würden
(wenn 800 Euro = 10 % sind, dann wären 90 % = 7.200 Euro, was sind das für
Vergütungsvereinbarungen?).
Bei dem Treffen wurde bekannt, dass
insgesamt 1.800 Fälle nicht umgestellt waren auf das neue Verfahren. Bedenkt
man, dass zum Stichtag 31.12.2018 etwa 8.000 Menschen Leistungen der
Eingliederungshilfe (inkl. Wohnen und Versorgt-Werden) in Hamburg erhielten,
macht das eine Quote von 22,5 % aus: mindestens jeder Fünfte war bis dato noch
nicht übergeleitet in das neue System. Und gleichzeitig wurde versprochen, dass
für diese Leute die Umstellung im Januar abgeschlossen ist (ist sie aber nicht,
kann ich schon jetzt sagen).
Wie gesagt wollte man für die
Nicht-Umgestellten die bisherigen Zahlungen fortsetzen: also Vergütungen an die
Einrichtungen plus Barbeträge. Und wie sich zeigte, war es Priorität der
Hamburger Sozialbehörde, dass die Barbeträge, die an die Einrichtungsträger
geleistet wurden, von diesen auch an die Klienten weitergezahlt werden. Zuerst
gab es eine listenmäßige Ankündigung, dann wurde mit einem separaten Schreiben
auf diese Besonderheit hingewiesen. Man kann durchaus sagen, dass sich die
Behörde um eine Richtigstellung bemüht hat – das verdient Anerkennung.
… und was seit dem 1.1. passierte
Die ersten Zahlungen an die Leistungserbringer und
Leistungsberechtigten sahen nun allerdings ganz eigenartig aus (und das betraf
nicht nur die Hamburger Sozialbehörde, wie kürzlich bekannt wurde).
· Es gab Vergütungszahlungen, die vielleicht oder
vielleicht auch nicht einen Barbetrag enthielten.
· Es gab Zahlungen, die wie Vergütungszahlungen
aussahen, aber weder der alten noch der neuen Vergütung inkl. der Kosten für
das Wohnen und dem Versorgt-Werden entsprachen (Leistungsträger aus
Niedersachsen zahlten einen landeseinheitlichen Durchschnitt).
· Es gab einzelne Zahlungen, die so aussahen, wie
Grundsicherungsleistungen als Differenz zu den Renten und Einnahmen des
Leistungsberechtigten.
· Es gab auch gar nichts.
· Und es gab beinah richtige und richtige Beträge.
Kurzum: Gezahlt wurde „irgendwas an irgendwen“.
Für die Leistungserbringer, die nun keine
„Treuhandanstalten“ sein wollten, gab es jetzt allerdings das Problem, dass
ihre Klienten etwas zu zahlen hatten, was ihnen von der Behörde vermutlich
nicht ausgezahlt worden war. Erste Umfragen bestätigten dann auch die
Ausfallquote, die beim Treffen im Dezember bekannt gemacht wurde. Im Falle der
Überweiser war das kein erhebliches Problem. Wenn es dagegen eine
Einzugsermächtigung zum Lastschriftverfahren gab, musste man aus Gründen der
Vorsicht damit warten – nichts ist dann schlimmer, als eine geplatzte
Lastschrift, weil sie zu Bankgebühren führt und die erteilte Mandatsreferenz
ungültig macht.
Die „Treuhandanstalten“ hatten solche Probleme nicht.
Doch es konnte so sein, dass die Behörden den Anteil für die Grundsicherung
direkt an die Leistungsberechtigten auszahlten und nicht überwiesen an die
Leistungserbringer.
Und daraus folgt…
Leistungserbringer und Leistungsberechtigter sind per
Wohn- und Betreuungsvertrag an ganz bestimmte Pflichten gebunden. Das Wohnen
und Versorgt-Werden wird natürlich weiterhin gewährleistet – kein Mensch wird
auf die Straße gesetzt. Jedoch kommt die Gegenleistung des Klienten
(Verbrauchers) nicht an. Was tun?
Leistungserbringer haben nun verschiedene Gelder
erhalten. Bei einem Teil davon wird es sich ganz bestimmt um die Vergütungen
handeln, mit denen alle Bestandteile der Leistungserbringung bezahlt worden
sind. Es muss allerdings damit gerechnet werden, dass die EGH-Träger bei
Vorliegen einer Abrechnung eine Aufrechnung oder Stornierung der Überzahlungen
unternehmen? – In solchen Fällen müssten die Leistungserbringer sich wieder an
die Leistungsberechtigten bzw. die rechtlichen Betreuer wenden und die
Erstattung verlangen.
Eine schlichte Verrechnung von überzahlten Fachleistungen
mit den fehlenden Grundsicherungen ist zwar angedacht worden, aber es gibt noch
keine Vereinbarung mit den Wohlfahrtsverbänden und ihren Mitgliedern. Wie sollte
es auch gehen? Immerhin sollen jetzt Gelder aus zwei verschiedenen
Haushaltstöpfen fließen, wobei auf Seiten der Leistungsträger unter Umständen
sogar noch weiter differenziert wird (z.B. 3. und 4. Kapitel SGB XII,
Wohngelder, 125%-Grenzüberschreitungen).
Wenn die Leistungserbringer formal auf die Bezahlung
bestehen, beispielsweise mit einer Mahnung (dann ohne Mahnkosten, bitte), würden
sich die rechtlichen Betreuer gezwungen sehen, zur Abwendung der Gefahr einer
Kündigung an die Behörden wenden und auf Auszahlung der
Grundsicherungsleistungen bestehen. Sie wären an dieser Stelle alle gezwungen,
weil sie eine Pflicht haben, im Sinne der Betreuten und zur Abwehr eines
drohenden Notstands zu handeln. Problem ist nur, die Behörden sind überlastet
und reagieren nicht. Und die rechtlichen Betreuer schätzen es so ein, dass nichts
passieren wird (die Behörden aber auch).
Nach Kräften und Vermögen im Interesse der Betreuten
handeln
Die rechtlichen Betreuer könnten sozialgerichtlich ein
Eilverfahren anstrengen, um zu zeigen, dass sie alles „erdenkliche tun“, damit
sie ihrer Pflicht genüge getan haben. Für eine solche Angelegenheit braucht es nicht
viel; nur ein Schreiben an das Sozialgericht mit der Notstands-Begründung.
Wahrscheinlich reicht es aktuell auch völlig aus, wenn man gegenüber den
Behörden einen solchen Schritt androht – wie gesagt, alle sind derzeit
überfordert. Im schlechtesten Fall muss man belegen können, dass man nach Kräften
und Vermögen im Interesse der Betreuten mit Nachdruck gehandelt hat. Und dann
kann ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand erfolgreich vonstattengehen.
Beispiel-Text an eine Behörde:
Es ist eine Notlage eingetreten, weil Sie trotz Ihres positiven
Bescheids zur Leistung von Grundsicherung bzw. Hilfen zum Lebensunterhalt und
Eingliederungshilfe anscheinend noch nicht gezahlt haben.
Mein Betreuter erhält jetzt Aufforderungen und Mahnungen, um
unverzüglich die noch offenen Forderungen des Leistungserbringers zu zahlen.
Doch weil dafür wiederum die Gelder fehlen, kann diesem berechtigten Anliegen
des Leistungserbringes nicht gefolgt werden.
Ich muss im Interesse meines Betreuten handeln und kündige schon an,
dass ein Unterlassen von Ihrer Seite so nicht hingenommen werden kann. Ein
weiteres Zuwarten wird die Situation nur verschlimmern. Von daher werde ich in
nächster Zeit ein gerichtliches Eilverfahren in Angriff nehmen, damit etwas zum
Schutze der Interessen meines Betreuten geschieht. Doch vielleicht gelingt es
uns vorher, im Wege einer sofortigen Grundsicherungsleistung auf das Konto
meines Betreuten / des Leistungserbringers Abhilfe zu schaffen.
Vielleicht gibt es noch ein Vermögen der
Leistungsberechtigten, was zum Ausgleich der ältesten Forderungen eingesetzt
werden kann. Selbst wenn es nur einen Teilbetrag ausmacht. Damit wird der Wille
zur Gegenleistung bekundet und die Gefahr einer Kündigung gebannt. Alle Seiten
würden damit die Zeit gewinnen, etwas aufzuarbeiten.
Beispiel-Text an einen Leistungserbringer:
Aufgrund der nicht gezahlten Leistungen der Behörden ist es
bedauerlicherweise zu einem Platzen der von mir erteilten
SEPA-Einzugsermächtigung gekommen. Dies ist passiert, obwohl fristgerecht und
korrekt die richtigen Anträge an die Behörde gegangen sind und sogar von dieser
die Leistung positiv beschieden wurde. Ich werde mich für meinen Betreuten
erneut an die Behörde wenden und die sofortige Zahlung verlangen, damit Ihre
Forderungen endlich ausgeglichen werden.
Bis zu dieser Klärung bitte ich um ein Ruhenlassen des erteilten
SEPA-Mandats. Sobald ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, werde ich Sie
darüber informieren und das Weitere besprechen.
Gleichzeitig bitte ich um eine Mahnsperre mit Bezug auf das Konto,
damit nicht unnötige Kosten entstehen. Es versteht sich, dass die Forderungen schnellstmöglich
ausgeglichen werden müssen. Darum werde ich mich nach Kräften bemühen, aber
bitte noch um Ihr Entgegenkommen.
Mit dem Ruhenlassen des SEPA-Einzugs wird es für den Leistungserbringer nicht erheblich einfacher, dennoch könnte man sich das Hin und Her der Formulare ein wenig vereinfachen, wenn alles wieder geklärt ist. In der Verwaltung könnte man in den Stammdaten der Klienten den Zahlungsweg auf „Überweisung“ setzen, damit das Lastschriftverfahren diese Personen einfach überspringt. Zur selben Zeit würden auch die zurückliegenden Monate verschont werden, so dass zwar der Ausgleich der alten Forderungen noch auf sich warten lässt, aber es entstehen keine neuen geplatzten Lastschriften.
Was es daneben noch braucht, ist eine Verständigung
darüber, was mit den möglicherweise überzahlten Fachleistungen und den
fehlenden Versorgungsgeldern geschehen soll.
CGS
Quelle:
Das hier war und ist keine Rechtsberatung oder
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