Zuerst waren es einige Geschäftsführer – so fing es wohl an.
In der Tagesschau vom 17.9.2022 hörte man auf einmal den Hauptgeschäftsführer
des Deutschen Städte- und Gemeindebunds ebenfalls über die schwierige Lage in
den Kommunen sprechen. Und es wurde festgestellt: „Ein Ende der Strom- und
Gaspreisexplosion sei nicht abzusehen. Das werde zur schweren Belastung für
Menschen, Kommunen und Wirtschaft. Bei allen Einsparbemühungen gebe es viele
Bereiche, wo das Potenzial dafür gering sei. Landsberg nannte Krankenhäuser,
Pflegeheime, Schulen und Kindergärten.“
Wohnstätten von Menschen mit Behinderungen wurden zwar nicht
mit benannt, aber im Prinzip würden sie dazuzählen, kann man sagen. Von daher
ist in den Kommunen jedenfalls die Einsicht vorhanden, dass man bei den
Verbrauchseinsparungen nicht viel machen kann: man muss aufgrund der
Preisexplosionen einen Ausgleich hinbekommen. Für einen sozialen
Leistungserbringer sollte das nun bedeuten, dass man zu Nachverhandlungen
aufruft.
Nachverhandlungen
Schon an anderen Orten hat es bereits nach Information
auf Verbandsebene bereits recht gute Nachverhandlungen gegeben; vieles davon
diente zum Ausgleich der Effekte aus dem allgemeinen Preisanstieg (Inflation).
In Sachsen-Anhalt gab es jedenfalls eine nachträgliche Anhebung um 6,6 %, in Thüringen wurde eine „Basisbereinigung“ von
5 % vereinbart (Quelle: Parität-HH).
Die Träger der Eingliederungshilfe, also auf Landesebene,
könnten natürlich von sich aus alle anderen Parteien zu Verhandlungen
auffordern (§ 126 Abs. 1 S. 3 SGB IX). Dann würden die Verbände der
Leistungserbringer tätig werden und auf Abschlüsse für ihre Mitglieder
hinwirken. Das könnte im Einzelfall vielleicht nicht ausreichend sein, aber es
wäre damit viel Druck abgelassen und eventuell könnten die (scheinbar)
Benachteiligten trotzdem zufriedengestellt sein. Und die Verhandler auf Seiten
des Leistungsträgers müssten keine Überstunden machen.
Natürlich könnten auch die einzelnen Leistungserbringer
schriftlich (§ 126 Abs. 1 S. 1) zu Nachverhandlungen auffordern (§ 127 Abs. 3
S. 1). Zu begründen wäre diese Aufforderung damit, dass es seit den letzten
Verhandlungen „unvorhergesehene“ und „wesentliche“ Änderungen gegeben hat. Die
Annahmen von damals wären nicht mehr stimmig, man hat sich im Irrtum befunden,
es müsste die veränderte Situation angemessen berücksichtigt werden. Unvorhergesehen
ist etwas, wenn die Annahmen, die bei Abschluss der Vereinbarungen noch
vorgeherrscht haben, sich erheblich geändert haben. Die Annahmen zum
Abschluss-Zeitpunkt müssen dabei alle relevanten Umstände berücksichtigt haben,
so dass man objektiv eine überraschende Fehl-Entwicklung unterstellen kann.
Wesentlich ist etwas, was man mit einer Unzumutbarkeit umschreiben kann: das
Festhalten an der einmal getroffenen Vereinbarung ist nicht mehr zumutbar (vgl.
dazu von Boetticher in LPK-SGBXII zu § 77 a Rn. 8; Bieritz-Harder in LPK-SGB IX
zu § 127 Rn. 4 und BSG 7.10.2015, B 8 SO 1/14 R, Rn. 20).
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es schon eine
Vereinbarung gegeben hat. Da es in vielen Fällen, und ganz besonders in
Schleswig-Holstein, keine Einzelverhandlungen gab, wird eine Folgevereinbarung,
mit Bezug auf die vorherige Einzelverhandlung, so nicht möglich sein. Die
Benennung eines einzelnen Verhandlungsgegenstands (§ 126 Abs. 1 S. 2), wie eben
die Strom- und Gaspreisentwicklung, wird an dieser Stelle vermutlich scheitern.
In Hamburg wiederum hatte es mit der Umstellung des Kalkulationsmodells im
Prinzip ein Ende von Einzelverhandlungen gegeben, dennoch könnte man als
Verhandlungsgegenstand die gestiegenen Sachkosten geltend machen; das Problem
dabei ist dann allerdings die Anführung des Kriteriums „Wesentlichkeit“. In der
Hansestadt wird man deswegen wohl auf die Verbände warten müssen.
Kalkulationsmöglichkeiten
Möchte man in die Verhandlungen gehen, braucht es eine
Projektion der Kostenentwicklung, um das Kriterium der Wesentlichkeit besser zu
stützen. Man könnte anhand der historischen Daten die Entwicklung der Preise,
Verbräuche und der Jahreskosten aufzeigen und mittels einer Plan-Rechnung bzw.
einer angenommenen Projektion der weiteren Entwicklung etwas hochrechnen. Die
Projektion müsste wiederum auf einen Vertrag beruhen, der sich am Markt als
sehr günstig, planbar oder zugänglich für die Bedarfe des Leistungserbringers erweisen
wird.
Im Beispiel wurden die bekannten und die angenommenen
(projizierten, vermuteten) Preise für die nächsten Jahre dargestellt, und man
erklärte sich darin bereit, Einsparungen beim Verbrauch (im Beispiel pro 1
Person) zu versuchen. Gleichzeitig wurde aus der Kalkulation zur Vergütung der
Wert herausgesucht (hier: je Wohnplatz), den man für den Anteil des Aufwands
für die Stromversorgung bislang vereinbart hatte. Durch eine einfache
Abweichung zeigt sich, dass es eine erhebliche Kluft gibt zwischen diesen
Werten.
Die Seite der Leistungsträger könnte blockieren, aber sie
darf es nicht. Sie könnte mit Behauptungen und Schuldzuweisungen kommen, was das
Problem nur verschlimmert.
Sicherlich sind die Projektionen nicht belastbar. Man
könnte ebenso mit ganz anderen Annahmen arbeiten. Am besten wäre es vermutlich,
wenn man in den Verhandlungen mit dem Leistungsträger die eigenen Anstrengungen
bei der Suche nach dem geeignetsten Versorger präsentiert; auf diese Weise
könnten die Zukunftswerte als glaubhaft dargestellt werden – ganz im Sinne
einer sorgfältigen Planung und Berücksichtigung aller Umstände. Die Entwicklung
lässt sich allerdings nicht leugnen. Und wenn es in den vergangenen Zeiten
keine sachgemäße Vereinbarung gab, wird ein Fehlbetrag entstehen, der die
Leistungsfähigkeit einschränkt. Nur darum geht es in so einer Hochrechnung mit
Gegenüberstellung: den (drohenden) Fehlbetrag.
Von daher müssen beide Seiten mit Ernst und
Gewissenhaftigkeit an einer Lösung arbeiten.
CGS
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie
rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial-
und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die
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