Montag, 23. Januar 2023

Grundsteuern

Man hat den Grundsteuerpflichtigen zwar mehr Zeit gegeben (Abgabefrist 31.1.2023), aber die Erklärung muss nach wie vor eingereicht werden. Haben Sie sich den Elster-Online-Zugang endlich besorgt und sich Klarheit darüber verschafft, was Sie da an Grundstück vor sich haben?

Gemeinnützige Körperschaften sind nicht zwingend von der Steuer befreit, das hatte schon mal ein BFH so festgestellt. Im Gesetz findet sich dazu eine Ausnahme von der Ausnahme. Gerade dann nämlich, wenn es um besondere Wohnformen geht, wird die Klassifizierung Mietwohngrundstück greifen und das Ertragswertverfahren zum Zuge kommen. Wohnformen mit einem relativ hohen Fachleistungsflächen-Anteil werden sich vermutlich als gemischt genutzte Grundstücke wiederfinden, was das Sachwertverfahren heraufbeschwört. So verschieden werden die Rechenwege im Grunde genommen jedoch nicht sein.

Zu bedenken ist bei dem Ganzen allerdings noch, dass der Widerstand gegen diese Änderungen schon sehr groß geworden ist. Mit einer Reform der Reform könnte man durchaus rechnen. Nichtsdestotrotz sind Grundsteuerbescheide zu beachten und Abgaben fristgemäß zu leisten, damit es am Ende für den Steuerpflichtigen nicht zu teuer wird.  


Wohnungen sind stets steuerpflichtig

Wohnungen sind auch dann nicht von der Grundsteuer befreit, wenn sie einer gemeinnützigen Körperschaft gehören und von dieser zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden. Die Bestimmung in § 5 Abs. 2 GrStG ist einschlägig, und sie überwiegt die übrigen Vorschriften zu den Steuerbefreiungen (beispielsweise in § 3 Abs. 1 Nr. 3 a GrStG). Man kann sagen: Die Ausnahme von der Besteuerung, weil eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, wird von einer anderen Ausnahme wieder steuerpflichtig gemacht – oder noch kürzer: eine Ausnahme von der Ausnahme.

Vor dem BFH wurde mal ein Revisionsverfahren geführt (21.4.1999, Az. II R 5/97), bei dem sich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gegen diese Vorschrift stellte. Das Problem damals war, dass diese Körperschaft in ihren Pflegesatzvereinbarungen diese Steuer vergütungswirksam nicht bedacht hatte. Die damaligen Leistungsträger wollten, dass die leistungserbringenden Einrichtungsträger ihre Kosten nur prospektiv verhandeln und gleichzeitig im Wege des „externen Vergleichs“ eine marktgerechte Vergütung vereinbarten. Das Problem an der Stelle war nur, dass die anderen Einrichtungen diese Kosten ebenfalls nicht bedacht hatten. Bei diesem externen Vergleich verfolgte man eine Strategie der Vergütungskürzungen: Lag ein Leistungserbringer nämlich im oberen Drittel des Marktes, wurde gekürzt bzw. wurde mit dem Argument, die anderen wären schließlich „günstiger“, das Vergütungsverlangen abgewimmelt. Da die Grundsteuer nicht wegzudiskutieren war, musste an anderer Stelle gespart werden, bis die andere Seite endlich zu einem Zugeständnis bereit war.

Die Körperschaft erklärte nun vor dem BFH, dass die Leistungsberechtigten (im vorliegenden Fall handelte es sich um Menschen mit seelischer Behinderung) in einer Wohnstätte zum Wohnen ohne eigene Küche oder Bad lebten und die Türen nicht abschließbar waren. Die nicht-abschließbaren Türen mussten sein, weil die Therapeuten einen ständigen Zutritt brauchten. Damit würde es an den Eigenschaften einer Wohnung gem. § 181 Abs. 9 BewG fehlen; § 5 Abs. 2 GrStG konnte also nicht angewendet werden.

Der BFH sah das anders und erklärte, dass zwar die steuerbegünstigten Zwecke eindeutig verfolgt werden und die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (ansonsten) erfüllt seien, doch nach § 5 Abs. 2 GrStG wäre eine Steuerbefreiung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Räumlichkeiten in der Wohnstätte sind den dort lebenden Menschen zum Wohnen überlassen worden. Zwar sei die Beschaffenheit ohne Kochgelegenheit und Sanitärbereich, doch die Wohnräume konnten mit einer Tür verschlossen werden. Damit entstand eine Abgrenzbarkeit, Therapeuten mussten sich stets Zutritt verschaffen (in einem Pflegeheim oder Hospiz wäre dies allerdings anders zu beurteilen, so die Meinung anderer). Das Führen eines selbstständigen Haushalts wäre also möglich, entschied der BFH.

Das heißt, dass alleine schon eine abgrenzbare Raumeinheit ausreicht, einen Grundbesitz, der normalerweise einem steuerlich befreiten Zweck (gem. Abs. 1) dient, wieder steuerpflichtig zu machen (Abs. 2).


Die Abgrenzung zwischen Wohngrundstücken und gemischten Flächen

Überwiegen die Wohnzwecke, wird der Einheitswert des Grundbesitzes im Ertragswertverfahren festgestellt. Mit dem Ertrag wird die Jahresrohmiete um einen Faktor vervielfältig. Sofern es einige Besonderheiten gibt, wird unter Umständen das Sachwertverfahren erforderlich sein.

Mit dem BTHG wurde die besondere Wohnform eingeführt, um noch deutlicher die persönliche Haushaltsführung und die Wichtigkeit des Selbstbestimmten Lebens in den Vordergrund zu stellen. Die Fachleistung tritt dabei zurück; nicht mehr die Wohneinrichtung muss finanziert werden, sondern der leistungsberechtigte Mensch hat einen Anspruch auf Unterstützung zum Leben wo und wie der Mensch es möchte. Zwar gibt es Schutzgesetze, wie z.B. das WBVG, welches eine Kopplung herstellt zwischen dem Wohnrecht und den Unterstützungsleistungen, doch damit wird nicht der Selbstzweck des Leistungserbringers angesprochen. Der Wohnzweck bestimmt also maßgeblich die Grundstücksnutzung. Die Flächen der Fachleistung müssten aber herausgenommen werden aus dem Ganzen, weil die nun wieder eindeutig steuerbegünstigten Zwecken unterliegen (§ 3 Abs. 1 GrStG).

Klingt vielleicht alles kompliziert, aber man muss sich das mal veranschaulichen. Die Grundsteuer entsteht aufgrund des Wohnzwecks. Der Wohnzweck bestimmt sich anhand der Wohnflächen aus den überlassenen Räumlichkeiten zuzüglich der gemeinschaftlich genutzten Flächen, wie zum Beispiel ein gemeinsames Wohnzimmer, das große Esszimmer und die Gemeinschafts-Küche. Die Fachleistungsflächen, zu denen man die Pflegebäder, Therapieräume, Büro, Personalräume und Lager zählt, wären nicht hinzuzunehmen. Und das wiederum bedeutet, dass es für die Vergütung daraus keine Relevanz entsteht.

Nochmal:

Dass Wohnungsbesitzer eine Grundsteuer übernehmen müssen, ist systematisch richtig, denn schließlich müssen es andere Menschen ja auch (vgl. dazu § 41 Abs. 3 Nr. 1 II. BV).

Leistungserbringer, die einen steuerbegünstigten Zweck verfolgen (nämlich die Unterstützung von bestimmten Personen mit anerkannten Hilfebedarfen), werden von der Steuer befreit.


Der Grundsteuerwert wird im Ertrags- oder Sachwertverfahren ermittelt

Sobald das Flächenverhältnis zwischen denen zum Wohnen zu denen der Gesamtwohn- und Funktionsflächen bei über 80 % liegt, handelt es sich um Mietwohngrundstücke. Dagegen wären Geschäftsgrundstücke solche, bei denen insbesondere die Nutzung zu mehr als 80 % eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dient. Bei gemischt genutzten Grundstücken muss man von einem Teils-Teils ausgehen in Bezug auf die Wohnzwecke, eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken und nicht (!) Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum, Teileigentum oder Geschäftsgrundstücke sind (vgl. dazu § 249 ff. GrdStRefG).

Eine besondere Wohnform sollte man zu Ersterem zählen, auch wenn sich dort Büroräume usw. finden. Je kleiner allerdings die Wohnfläche mit den Gemeinschaftsflächen ausfällt, umso gewissenhafter sollte man erneut die Fachleistungsflächen prüfen; was und wie viel Quadratmeter nun genau zu einer Wohnfläche zählen, siehe oben; § 249 Abs. 10 GrdStRefG). Bei einer anderen Wohnform, die eben diese besonderen Kriterien nicht erfüllt, weil es sich eher um Patienten-Zimmer handelt, würde die Zuordnung von daher anders ausfallen. Mietwohngrundstücke werden nach dem Ertragswertverfahren bewertet (§§ 252 bis 257 GrdStRefG), gemischt genutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke nach dem Sachwertverfahren (§§ 258 bis 260 GrdStRefG).

Das Ertragswertverfahren basiert auf der Summe des sogenannten kapitalisierten Reinertrags und einem abgezinsten Bodenwert. Bei dem diesem kapitalisierten Reinertrag schaut man sich die monatlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche auf der Grundlage von Land, Gebäudeart, Wohnflächen und Baujahr des Gebäudes im Wesentlichen an. Dieser sich daraus erste einmal ergebende Rohertrag wird um Bewirtschaftungskosten gemindert, der wiederum pauschal aus Erfahrungssätzen erarbeitet wurde. Das Ergebnis wird dann Vervielfältiger hochgerechnet mithilfe des Liegenschaftszinssatzes je Gebäudenutzung und einer Anerkennung der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Im letzten Schritt hin zum Grundsteuerwert wird noch der Bodenwert abgezinst.

Beim Sachwertverfahren wird ebenfalls differenziert zwischen Gebäude und Boden, aber die Ermittlung des Gebäudesachwertes bezieht sich auf Normalherstellungskosten. Das ist ein wenig ähnlich, wie bei den Mieten, nur werden diese Kosten mittels Preisindizes hochgerechnet und mit einer Alterswertminderung im Anschluss bedacht.

Auch wenn das alles jetzt klar ist, es gibt bereits jetzt schon einen großen Widerstand gegen die Grundsteuerreform. Sie soll zwar aufkommensneutral und gleichzeitig angemessen sein, aber es wird mit vielen gerichtlichen Anträgen zu rechnen sein. Das wiederum könnte bedeuten, dass die Reform erneut reformiert wird und sich einige Ansätze komplett ändern, doch das wird eine Weile dauern. In 2025 ist mit neuen Bescheiden zu rechnen, und sich da zu verweigern, wäre einfach nur unvernünftig. Soziale Unternehmen sollten vorsorglich schon mal eine Hochrechnung versuchen und mit den neuen Werten kalkulieren, um sie gegenüber ihren Mietern rechtzeitig kommunizieren zu können.

Die Steuerbefreiungen des Grundsteuergesetzes per 1.1.2022 wirken fort.

CGS

 

 

 

Quellen:

Eigener Beitrag vom 1.6.2015: „Grundsteuer auch aufWohnheime“

 

Bundesfinanzministerium, BMF

Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG)

02.12.2019

Mit dem Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15,1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12 – hat das Bundesverfassungsgericht die §§ 19 bis 23, 27, 76, 79 Absatz 5 sowie § 93 Absatz 1 Satz 2 des Bewertungsgesetzes in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 und 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 22. Juli 1970 (BGBl. I S. 1118), soweit sie bebaute Grundstücke außerhalb des Bereichs der Land- und Forstwirtschaft und außerhalb des in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiets betreffen, jedenfalls seit dem 1. Januar 2002 für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) erklärt. Dem Gesetzgeber hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist zur Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 2019 gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die als unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 GG festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024, angewandt werden. ...

 

Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

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