In meinem ersten Beitrag zu der Sache mit dem Wohnprojekt „ein Leben nach dem Elternhaus“ ging
es noch um die ersten Schritte beziehungsweise die Gehversuche. Bei einem
kleinen Wohnprojekt im schönsten Bundesland der Welt Schleswig-Holstein durfte
ich nunmehr Mit-Macher sein und die Kerngruppe bei der Umsetzung aktiv
mit-begleiten.
Die Kerngruppe aus
engagierten Eltern hatte sich, wie angedeutet, bereits gefunden. Und damit wäre
die Findungsphase eigentlich abgeschlossen – aber nur „eigentlich“, weil es
trotzdem noch einiges zu klären gab, bevor es in die zweite Phase, der
Schaffensphase (d.h. Finanzierung der Anschaffung eines Wohnhauses), gehen
konnte. Welche Punkte anzusprechen waren, sind im Folgenden aufgeführt.
In dieser weiter
bestehenden Findungsphase sind zu unterscheiden die drei Arten von Akteuren
(Eltern, Kinder und Mitbewohner) sowie die drei Arten von Rollen (Eigentümer,
Mieter, Zugehörige). Akteure können die unterschiedlichsten Rollen einnehmen,
wichtig ist dann jedoch das Auftreten gegenüber Dritten (als interessierte
Zugehörige, als entscheidende Gesellschafter). Interessant sind zu diesem
Zeitpunkt die Bestimmungen zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und
die zu Vereinen. Was allerdings ebenfalls erstellt werden sollte, wäre ein
Konzept zu diesem Projekt.
Die Kerngruppe hatte sich gebildet
Von einem „zündenden Gedanken“ kann man wohl nicht sprechen,
sondern eher von einer „schleichenden Erkenntnis“. Man trifft sich, bespricht
die üblichen Probleme und kommt dann auf die Fragen zur Zukunft nach Schule und
Berufsbildung – ein Leben nach dem Elternhaus.
Aus dem ersten Zusammenschluss von Eltern mit den gleichen
Fragen bleibt häufig ein „harter Kern“, der sich diesen drängenderen Fragen
stellen will. Eine aus diesem Kreis, die engagiert nach Antworten sucht,
spricht von ihrer Kerngruppe, zu der zwei weitere Elternteile angehören und
aktiv sind. Sie alle haben recht gute Vorstellungen und wollen etwas
bewerkstelligen. Sie sprechen miteinander auch abseits der üblichen Treffen und
sind sich darüber bewusst, dass es nicht einfach werden wird. Ja, es gibt sogar
schon erste Erfahrungen mit Hindernissen, die das weitere Dabeisein gefährden können.
Dieses Bewusstsein, eine gemeinsame Kerngruppe zu sein, entstand vor etwa vier
Monaten. Und jetzt hatte man bereits ein Wohnhaus gefunden, was der Sache Auftrieb bescherte.
Besagtes Wohngebäude entstammt den 1950er Jahren und
befindet sich am Rand einer Kleinstadt mit verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten
und guter Regional-Nahverkehrsanbindung. Es bietet Platz auf 290 Quadratmetern
Wohnfläche für etwa 8 Personen; schnell gerechnet entfallen damit etwa 36
Quadratmeter auf jeden Bewohner. Plan ist, dass vier Menschen mit Behinderung
und drei sie betreuende Mitbewohner dort dauerhaft wohnen; ein Zimmer wäre für Übernachtungsgäste.
Die drei Mitbewohner wären übrigens alle vom Fach: sie studieren zurzeit etwas
im Sozialwesen bzw. hätten bereits einen Abschluss als Heilerziehungspflegende.
Damit würde es also nicht nur um das Wohnen gehen, sondern es würde auch die
Betreuungsarbeit geregelt werden – eine hervorragende Lösung.
Bei meinem Dazukommen sollte es eigentlich um den nächsten
Schritt gehen: die Finanzierung. Doch mir stellte sich zuerst einmal die Frage
nach der Organisation.
Akteure, Rollen und Auftreten
Natürlich ist Finanzierung ein wichtiger Punkt. Wenn man
sich mit potentiellen Geldgebern und anderen allerdings abgeben will, in
welcher Eigenschaft (die ersten Aufzählungen) tut man das? Wie tritt man auf
(die zwei letzten Aufzählungen)?
Es gibt drei Arten von Akteuren bei dieser Sache mit dem
Wohnprojekt:
·
Eltern und sonstige Zugehörige
·
Kinder mit einem Unterstützungsbedarf
·
Mitbewohner mit der fachlichen Eignung
Und es gibt drei Arten von Rollen:
·
Eigentümer / Vermieter des Wohngebäudes
·
Mieter des Wohngebäudes
·
Zugehörige, die sich nicht oder nur eingeschränkt
verbindlich festlegen
Alle Akteure können die eine oder andere Rolle ausleben. Im
Wohnprojekt, bei dem ich „mit-machen“ konnte, sahen sich die Engagierten aus
der Kerngruppe als diejenigen, die das Wohngebäude beschaffen würden. Damit
konnte dieses Auftreten angenommen werden:
·
Die Eltern (Zugehörige), die sich interessiert
zeigen, aber nicht oder nur eingeschränkt verbindlich am Wohnprojekt teilhaben,
werden je nach Möglichkeit als weitere Gesellschafter aufgenommen. Eine
Entscheidungsgewalt wird ihnen nur nach Absprache mit denen aus der Kerngruppe
zugebilligt.
·
Die Eltern, die die Kerngruppe ausmachen, werden
anfangs noch als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR; dazu später mehr)
auftreten und geschäftliche Anbahnungen unternehmen. Ihre Entscheidungsgewalt
ist untereinander zwar abgesprochen, wünschenswert wäre allerdings ein
Schriftstück (GbR-Vereinbarung; ein Konzept wäre ein anderes, ebenfalls
notwendiges Schriftstück). Sie sind jedenfalls diejenigen, die die
Verantwortung tragen müssen und bei einem Misslingen haften.
Bevor es überhaupt weitergehen kann zu den anderen Themen, sollte
man sich bewusst machen, wie potentielle Geldgeber und beispielsweise kommunale
Verantwortliche (als Leistungsträger) einen so ansehen. Man will ja schließlich
ernst genommen werden. Dazu braucht es Verbindlichkeit, Entscheidungsgewalt und
Vertretungsbefugnis. Folgende Situationen:
·
Die Kerngruppe, im Auftreten zurzeit als eine
GbR-Gesellschaft, würde sich beim Verkäufer des Gebäudes melden und ein
Kaufangebot unterbreiten. Würden dann nur diese Eltern anschließend im
Grundbuch stehen?
·
Die Kerngruppe möchte bei der Bank ein Gespräch
führen. Kommen alle gemeinsam zu diesem Termin oder wird jemand abgeordnet und
die Verhandlungen führen?
·
Die Kerngruppe sieht einen Instandsetzungsbedarf
am Haus, aber ist sich nicht einig über das erforderliche Ausmaß. Was passiert,
wenn eine beteiligte Partei die Mehrkosten nicht übernehmen will?
Wie soll das gelöst werden?
Zusammenschluss als GbR oder Verein?
Wenn die Gruppe der Eltern vorrangig einen wirtschaftlichen
Zweck verfolgt, wie zum Beispiel die Anschaffung eines Wohngebäudes, kann sie
es als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) tun. Regelungen zur GbR
finden sich in den §§ 705 bis 740 BGB. Die Gründung einer GbR kann informell
durch mündliche Absprachen oder schriftliche Vereinbarungen erfolgen. Zu
empfehlen wäre aber, dass die Gründung schriftlich festgehalten wird. Die
schriftliche GbR-Vereinbarung sollte die Namen der Beteiligten (Gesellschafter)
enthalten, den Zweck, die Anteile (d.h. Eigentumsrechte, Verteilung von
Gewinnen und Verlusten) sowie die Vertretungsmöglichkeiten (Geschäftsführung;
vgl. §§ 709 und 710 BGB). Weil neben der Sache mit der Haftung zudem das mit
dem Ausscheiden aus einer GbR gut bedacht sein sollte, empfiehlt sich
anwaltlicher Rat. Das BGB setzt zwar gewisse Rahmenbedingungen und innerhalb
der Grenzen können die GbR-Gesellschafter individuelle Regelungen treffen,
zwingende Vorschriften können jedoch nicht umgangen werden.
Ein Verein wiederum wäre ein Zusammenschluss von Personen,
die ebenfalls einen gemeinsamen Zweck verfolgen. In den §§ 21 ff. BGB sind
zahlreiche Bestimmungen dazu aufgeführt. Ein Verein muss nicht zwingend
eingetragen werden (z.B. ein Förderkreis). Die wirtschaftliche Tätigkeit wäre
also auch in einem Zusammenschluss ohne Eintragung im Vereinsregister möglich.
Doch erst mit der Eintragung bzw. mit der Erlangung des Zusatzes „e.V.“
entsteht die Rechtsfähigkeit. Ein eingetragener Verein wird damit zu einer juristischen
Person mit eigener Rechtsfähigkeit, die selbstständig handeln, Rechte und
Pflichten haben, vor Gericht auftreten und Vermögen besitzen kann.
Ein Verein wird vielleicht vorrangig eher gemeinnützige,
kulturelle, sportliche oder soziale Ziele verfolgen, dies schließt aber die
wirtschaftliche Betätigung nicht aus. Die Rechtsfähigkeit des eingetragenen
Vereins ist von wesentlicher Bedeutung im Vergleich zu einer GbR-Gesellschaft
(vgl. §§ 31 f. BGB und § 708 BGB). Ein Verein kann den Status der Gemeinnützigkeit
anstreben, was steuerliche Vorteile mit sich bringt. Dies ist für GbR in der
Regel nicht möglich.
Überhaupt wird ein eingetragener Verein steuerlich auftreten
und eine Ergebnisrechnung aufstellen müssen. Dazu braucht es eine Buchführung
und es müssen steuerliche Erklärungen abgegeben werden. Jeglicher
Schriftverkehr wäre an die Postadresse zu senden, an der der Verein seinen Sitz
hat. Bei der GbR würde das, so lange es kein einheitliches Auftreten gibt,
schwieriger sein, aber nicht unmöglich. Jedenfalls benötigen die Gesellschafter
eine Grundlage für die Verteilung des Ergebnisses aus Einkünften und
Werbungskosten.
Andere Formen des Zusammenschlusses gibt es natürlich auch,
für dieses Wohnprojekt und zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Frage.
Ein Konzept zum Vorhaben
Hilfreich wäre es, wenn alle Gedanken rund um das
Wohnhaus-Projekt von den Eltern in einem Konzept zusammengefasst werden – noch
bevor man sich entscheidet über GbR oder Verein. Das Konzept ersetzt nicht die
GbR-Vereinbarung oder die Vereinssatzung. Im Konzept könnten folgende Fragen beantwortet
werden:
·
Welchem Zweck dient der Zusammenschluss? – es geht
also um das Wohnen, Versorgt-Werden und die Betreuung. Die Sicherung des Ganzen
ist auf eine lange Zeit ausgelegt.
·
Wie soll der Zweck verwirklicht werden? – es geht
um die Gründung einer GbR und/oder eines Vereins.
·
Welche weiteren Beteiligten sind im Umkreis des
Wohnprojekts vorhanden? – der Kreis der Akteure erweitert sich.
·
Welche Chancen und Risiken sind mit dem Projekt
verbunden? Wo finden sich Schwächen? Wo könnten sich weitere Möglichkeiten eröffnen?
– eine klassische SWAT-Analyse.
·
Womit kann man ernsthaft rechnen? – eine klassische
Kosten-Nutzen-Kalkulation, häufig gespickt mit vielen Annahmen.
·
Wie sieht der Zeitplan aus? Was sind die nächsten
Schritte? – ganz einfach der Versuch, das Konzept verbindlicher zu machen.
Es darf nicht vergessen werden: Jede Willenserklärung, die
unter Zeitdruck abgegeben wird, wird später bereut. Geduld und Überlegung,
insbesondere wenn es um Entscheidungen geht, sind einfach notwendig. Sorgfalt
ist eine Pflicht, die ein ordentlicher Kaufmann zu achten hat (§ 347 HGB). Und
selbst als Eltern, die für die Zukunft ihres Kindes etwas gut machen wollen,
handeln in dieser Zeit tatsächlich mit einer Ertragserzielungsabsicht und nicht
so sehr einem Sicherstellungsauftrag folgend.
Die Sicherstellung kann sich nur dann einstellen, wenn das
gesamte Wohnprojekt einen Ertrag erzielt – wenigstens die berühmte „schwarze
Null“. Die Anschaffung des Wohnhauses und die Überlassung müssen sich dauerhaft
rechnen, damit Rücklagen für schwierige Zeiten gebildet werden können.
CGS
Bild zum Beitrag vom BING Image Creator erzeugt.
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
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Wohnprojekt. Kerngruppe-Zusammenschluss.