Alle
Jahre wieder, könnte ich sagen, kommt es zu einem Treffen mit Finanzexperten.
Vielleicht liegt das irgendwie an der Jahreszeit, dass es überall nach Geld „riecht“.
Vielleicht ist es auch nur reiner Zufall.
Auch
in einem sozialen Unternehmen geht es ums Geld. Die Mittel, die man bisher
angespart hat, sollten natürlich wieder zurück in das Gemeinwohl gehen, aber
wenn es keine gute Gelegenheiten dafür gibt, wie zum Beispiel ein neues
Wohnhaus für den besonderen Personenkreis, dann muss halt abgewartet werden.
Abwarten kostet Zeit, und Zeit ist Geld. Wohin damit? – Sparbuch? Tagesgeld,
Festgeld?? – Und da braucht man schon jemanden an der Seite, der sich ein wenig
besser damit auskennt.
Die
Geldanlage in Aktien wird es in den seltensten Fällen geben, die Anlage in
Aktienfonds vermutlich dagegen schon viel öfter. Doch bei diesem Treffen ging
es vornehmlich um Anleihen. Die werden nämlich sehr interessant und bieten
zugleich eine schöne Aussicht auf Gewinne (irgendwann in der Zukunft?).
Trotzdem sollten Anleger vorsichtig sein, so die Warnung. Und das klingt schon
wieder nach einem Wechselbad der Gefühle. Worum geht es also?
Endlich wieder eine positive Realverzinsung
Der Krieg in der Ukraine brachte zwar einiges ins
Straucheln, aber sehr viel gewichtiger war einfach die Angst vor der Inflation
an den Finanzmärkten. Schon wenige Tage nach Kriegsbeginn (24.2.2022) drehten
sich die Kurse und die “Bullen” kehrten zurück an den Markt (9.3.2022). Zu der
Zeit hoffte man noch auf mögliche Friedensverhandlungen, gleichzeitig schauten
die Investoren auf die Notenbanken. Bis heute stiegen in den USA die Leitzinsen
der Federal Reserve auf eine Bandbreite von 5,25 bis 5,50 %, in Europa hat die
EZB die Leitzinsen angehoben auf 4,50 %.
Viel wichtiger ist aber die Entwicklung der Inflation. In
den USA beträgt sie im September 3,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat, und in
Europa sind es 4,3 % für die Eurozone (und auch für Deutschland); interessant
ist dabei, dass die Niederlande bei minus 0,3 % gelandet sind (eigene
Recherchen). Das bedeutet für die Geldanlagen, dass man wieder eine positive
Realverzinsung erreicht. Von nun an bringt das Geldanlegen Geld.
Doch man sollte weiterhin vorsichtig sein, so ein
Finanzexperte. An den Aktienmärkten sind die Risiken nach wie vor nicht
ausgestanden, weil es derzeit kein klares Signal für eine Zinswende gibt. Dass
die Notenbanken momentan eine Pause einlegen, ist der allgemeinen Vorsicht
geschuldet; immerhin droht nach wie vor eine schwere Rezession in der
Wirtschaft (tipping point). Die
bisherigen Zinsanstiege führten zum Beispiel in der Immobilien-Finanzierung zu
einem drastischen Einbruch bei der Nachfrage: was vorher noch mit einem knappen
1 % Sollzins bei Baufinanzierungs-Darlehen gekostet hat, wären jetzt schon mehr
als 4 % (80 % Beleihung). Dieser Einbruch schlug sich dazu noch durch auf
Bauvorhaben und Immobilien-Gesuche. Wie gesagt sind die Risiken nach wie vor
vorhanden, obwohl es zuletzt wieder neue Kursanstiege gegeben hat
(Zinsstrukturkurve).
Im Anleihemarkt (Renten) sieht es zwar sehr viel
interessanter aus, aber wie investiert man am besten? Aktiv, passiv oder
direkt? Inflationsgeschützt oder festverzinslich? Unternehmen, Banken oder
Staaten? Die Bandbreite ist jedenfalls enorm und die Risiken wiederum sehr
speziell. Im Vergleich zu Aktien weisen Rentenpapiere allerdings ein weiteres
Risiko auf, was im vergangenen Jahr zu einer herben Überraschung geführt hat:
Zinsänderungen wirken sich aus. Und weil man derzeit nicht sagen kann, wie sich
Inflation und Leitzinsen verhalten werden, kann es sowohl in die eine Richtung
mit den Kursen gehen, wie auch ins Gegenteil.
Die Empfehlung lautet: Direktanlagen
Der Finanzexperte empfahl den Kauf von Direktanlagen, also
ganz bestimmte Anleihen mit festem Zins und definierter Laufzeit. Aktiv
gemanagte Rentenfonds brauchen dringend frisches Kapital, um in hoch
rentierende Anleihen zu investieren. Das vorhandene Kapital war seinerzeit in
niedrig verzinste Rentenpapiere angelegt worden und hat aufgrund der Leitzinsänderungen
Kursverluste von 10 bis 20 % eingebracht; dementsprechend sackten die Fonds ab.
Defensiv ausgerichtete Rentenfonds leiden sehr an diesen Rahmenbedingungen,
weil sie mit ihren Konzepten ganz und gar auf Rentenpapiere ausgerichtet sind
und somit jeden Kursverlust aus Leitzinsanhebungen hinnehmen müssen. Selbst
Multi-Mischfonds haben dieses Auf und Ab nicht verhindern können. Hinzu kommt,
dass alle diese Fonds eine Managementgebühr (TER) verlangen, die vielfach knapp
2 % ausmacht. Wenn die durchschnittliche Rendite im Fonds bei 2 bis 3 % liegt,
was kann da noch ausgeschüttet werden?
Sogenannte ETFs sind nur wenig besser. Sie bilden einen
Index nach, müssen aber ebenfalls ihre Kosten (i.d.R. ein halbes Prozent)
bezahlt bekommen. Der Index wiederum enthält Rentenpapiere, die nach wie vor
dem Zinsänderungsrisiko ausgesetzt sind. Entstehen wieder einmal Zinsängste bei
den Investoren, werden sich die Kurse abschwächen. Doch an der Pause, die die
Notenbanken eingelegt haben, kann man ganz gut auch den gegenteiligen Verlauf
sehen: die Kurse sind ganz leicht gestiegen.
Direktanlagen wären den gleichen Risiken ausgesetzt, wobei
ganz im Gegensatz zu Fonds und ETFs die Rendite von vornherein feststeht. Damit
entsteht Planbarkeit – sofern man nicht Rentenpapiere von Emittenten mit
Ausfallrisiko einkauft.
CGS
Notizen:
1.
Den Schatzmeister kennt man meistens nur im Zusammenhang mit Vereinen. Es gibt allerdings auch Leute, die das hauptberuflich tun und nur die
Finanzen eines Unternehmens verwalten. Ganz am Anfang steht bei denen der
Finanzplan, der sich über einen langen Zeitraum strecken wird und die Absichten
des Unternehmens genauestens kennt. Mittels Prognosen wird man die weiteren
Einflüssen auf das Geld ein wenig besser bewertet bekommen. Ziel des Ganzen
wird sein, das nicht benötigte Geld so anzulegen, dass es in der Zeit
des Abwartens gute Zinsen bringt.
Mit dem Anlegen können die Bankkaufleute das ganz gut. Mit den Prognosen brauchen sie jedoch das volle Wissen der Controller. Fehlt es an beidem, braucht es externen Rat. Die eigene Hausbank kann schon mal eine „erste Hilfe“ darstellen, doch so richtig interessant wird es, wenn man mit gehobenen Privatbanken zu tun bekommt, Honorar-Vermögensverwaltungen oder einem „Stiftungskontor“.
2.
Mit tipping point
wird ein Punkt bezeichnet, bei dem sich plötzlich schnell und nicht unumkehrbar
eine Entwicklung kritisch ausweitet. Solange man sich noch vor diesem Punkt
befindet, kann eine Rückführung möglicherweise gelingen. Die Überschreitung des
Punkts wird immer erst nach einem Ereignis wahrgenommen. Hat eine Überschreitung
stattgefunden, wirkt sich ein gegenteiliger Effekt massenhaft und
unkontrollierbar aus.
Für die Zinspolitik heißt das, dass schon bei einer geringen
Anhebung der Leitzinsen eine Rezession in der Wirtschaft rasch eintreten kann.
Von daher wird in der periodischen Betrachtung bestimmter,
volkswirtschaftlicher Kennzahlen das Risiko einer Rezession eingeschätzt, bevor
eine erneute Leitzins-Anhebung beschlossen wird.
3.
Die Zinsstrukturkurve für die verschiedenen Laufzeiten bei
den Treasury-Papieren hat sich normalisiert. Per 6.11.2023 lagen die Renditen
bei 4,577 (5-jährige), 4,643 (10-jährige) und 4,819 % (30-jährige Laufzeiten).
Weiteres:
Eigener Beitrag vom 24.1.2016: Stiftungen im Zinstal
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie
rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial-
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Notizen zu einem erneuten Treffen mit
einem Finanzexperten