Ausgangspunkt ist eine Verfahrensangelegenheit, die ich im Eingang zum ersten Teil erzählt habe. Bitte klicken Sie hier, um dorthin zu gelangen.
Alle Quellen und
weitere Notizen befinden sich im vierten Beitrag.
Und dann noch ein
wichtiger Hinweis: Das ist alles meine Recherche und mein Verständnis von den
Dingen. Vielleicht klingt es gut und logisch, muss es aber nicht sein.
Und ein weiterer Hinweis:
Seit dem 1.1.2024 gibt es eine etwas geänderte Fassung des
Schwerbehindertenrechts, da das soziale Entschädigungsrecht in das SGB XIV überführt
wurde. Mit der sozialen Entschädigung sollen Menschen unterstützt werden, die
durch ein schädigendes Ereignis, für das die staatliche Gemeinschaft eine
besondere Verantwortung trägt, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben,
bei der Bewältigung der dadurch entstandenen Folgen (vgl. § 1 Abs. 1 SGB XIV). Die
im Beitrag enthaltenen Paragraphen beziehen sich auf die neuen Regelungen.
+++ Teil 2 +++
Von Grundrechten
Das Sozialrecht soll zur Verwirklichung sozialer
Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit führen (§ 1 Abs. 1 S. 1 SGB I). Basierend
auf den persönlichen Grundrechten wie auch dem Sozialstaatsprinzip folgt daraus
der Anspruch auf ein staatliches Tun (originärer
Leistungsanspruch) wie auch den Erhalt von Leistungen aus bestehenden
Leistungssystemen (derivativer
Leistungsanspruch).
Ein originärer Leistungsanspruch ergibt sich beispielsweise
aus dem Grundrecht zur Würde des Menschen und der Verpflichtung aller
staatlichen Gewalt, diese zu schützen (Art. 1 Satz 1 und 2 GG sowie dann noch
Art. 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 GG). Ist der Anspruch, der sich aus einem
Grundrecht ergibt, nicht gedeckt, beispielsweise fehlt es an einer
qualifizierten Hilfe oder Ambulanten Dienst für einen behinderten Menschen, kann
ein Leistungsträger auf Antrag des Leistungsberechtigten die Leistungen zur
Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets in Geld erbringen (§8 und § 29 SGB
IX) – d.h. der Leistungsberechtigte kauft sich seine Leistungen selber ein.
Gleichzeitig ist immer das Wunsch- und Wahlrecht beschränkt
auf das, was man „vernünftigerweise von der Gesellschaft“ beanspruchen kann. Oder
anders gesagt, Geldleistungen können höchstens gewährt werden bis zu einer „voraussichtlich
bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig [ausgeführten]“ anderen
Leistung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IX).
Die Feststellung der Schwerbehinderung könnte in diese erste
Kategorie fallen, weil es sich um ein höchstpersönliches Grundrecht auf
Gleichbehandlung handelt und die Voraussetzungen zum Nachteilsausgleich
geschaffen werden sollen (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG). Aber die Verbundenheit mit
der Eigenschaft einer lebenden Person ist im zugrundeliegenden Fall nicht
gegeben.
Zum abgeleiteten Teilhaberecht
Ein derivativer Leistungsanspruch ist ein Recht auf gleiche
Beteiligung an bestehenden staatlichen Einrichtungen und Leistungssystemen auf
Grundlage des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG; es geht also
vorrangig darum, dass ein Mensch einen Anspruch darauf hat, an dem Vorhandenem
in gleicher Weise teilzuhaben. Es muss im Gegensatz zum originären
Leistungsanspruch nicht etwas Neues oder Zusätzliches geschaffen werden,
sondern es wird damit der Zugang zu der „zur Verfügung stehenden
Dispositionsmasse“ sichergestellt.
Beispiele Teilhaberechtsleistungen sind Zuschüsse zu
ambulanten Vorsorgeleistungen, die Gewährung einer Haushaltshilfe, Arzneimittel
und Therapien, Unterkunft und Verpflegung in einem Krankenhaus. (Ein anderes,
angeblich klassisches Beispiel für den derivativen Leistungsanspruch, soll ein
BVfG-Urteil darstellen zur Ausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten von
Studienplätzen an Hochschulen oder eine Bestimmung über staatliche Finanzhilfen
an Privatschulen zur Vermeidung einer Absonderung von Schülern).
In diese zweite Kategorie könnte man die Erlangung eines
Nachteilsausgleichs setzen. Fraglich ist allerdings, ob es sich dabei um einen
handeln müsste, der direkt aus dem Sozialrecht entstammt oder aus einem anderen
Gesetz (z.B. Steuerfreibetrag, § 33b EStG). Als Sozialleistungen vorgesehen
sind nämlich nach § 11 SGB I nur Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Würde es
eine Feststellung geben, würde sich auch ein Rechtsanspruch unter Umständen auf
einen Nachteilsausgleich ergeben. Immerhin können Geldleistungen in manchen Fällen
übertragen (vgl. § 56 ff. SGB I) oder sogar vererbt werden, es sei denn, sie
sind im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt noch war ein
Verwaltungsverfahren darüber anhängig (§ 59 SGB I).
Sach- und Dienstleistungen wiederum können nicht von einem
Erben übernommen werden (§ 53 SGB I) – das wäre ohnehin nicht nachvollziehbar,
selbst wenn ein gleicher Bedarf vorhanden wäre bei diesen Leuten. Bei
Geldleistungen sieht es wie gesagt etwas anders aus, weil sie als ein Ersatz für
Sachleistungen betrachtet werden könnten. Gerade dann nämlich wenn ein Aufwand
aus einer bezogenen Leistung zur Abmilderung der Unterstützungsbedarfe noch
bezahlt werden muss, ist es richtig, dass Geldleistungen übertragen oder sogar
vererbt werden können (vgl. § 56 ff. SGB I). Wichtig daran wäre, dass diese
Geldleistungen im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten festgestellt oder ein
Verwaltungsverfahren darüber anhängig war (§ 59 SGB I).
Im Sozialrecht gilt das Sachleistungsprinzip, was bedeutet,
dass ein Leistungsträger grundsätzlich die benötigten Sachleistungen und
Dienstleistungen verschafft, und somit ein Betroffener mit diesen Dingen nicht
in finanzielle Vorleistung treten muss. Und eben das spricht dafür, dass dieser
Leistungsanspruch im vorliegenden Fall nicht zustande kommt.
[Fortsetzung folgt]
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Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer ändern. Brauchen Sie
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Das mit dem Anspruch auf Feststellung der
Schwerbehinderung ist ganz schön durchdacht