Sonntag, 21. Januar 2024

Das mit dem Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderung ist ganz schön durchdacht (Teil 3)

Ausgangspunkt ist eine Verfahrensangelegenheit, die ich im Eingang zum ersten Teil erzählt habe. Bitte klicken Sie hier, um dorthin zu gelangen. Für den zweiten Beitrag klicken Sie bitte hier.

Alle Quellen und weitere Notizen befinden sich im vierten Beitrag.

Und dann noch ein wichtiger Hinweis: Das ist alles meine Recherche und mein Verständnis von den Dingen. Vielleicht klingt es gut und logisch, muss es aber nicht sein.

Und ein weiterer Hinweis: Seit dem 1.1.2024 gibt es eine etwas geänderte Fassung des Schwerbehindertenrechts, da das soziale Entschädigungsrecht in das SGB XIV überführt wurde. Mit der sozialen Entschädigung sollen Menschen unterstützt werden, die durch ein schädigendes Ereignis, für das die staatliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung trägt, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, bei der Bewältigung der dadurch entstandenen Folgen (vgl. § 1 Abs. 1 SGB XIV). Die im Beitrag enthaltenen Paragraphen beziehen sich auf die neuen Regelungen.


+++ Teil 3 +++

Vom Finalprinzip

Eine weitere Sichtweise gewinnt man, wenn das Schwerbehindertenrecht als Bestandteil des  Rehabilitations- und Teilhaberecht  im SGB IX mit den im Sozialrecht (ebenfalls) vorkommenden Finalprinzip und Kausalprinzip betrachtet; das mit dem ebenfalls rührt daher, dass man diese Prinzipien auch im Controlling kennt.

Zuerst einmal muss einmal festgestellt werden, dass das Rehabilitations- und Teilhaberecht sich auf alle Menschen mit einer Behinderung bezieht – unabhängig vom Grund (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Im Gegensatz zu anderen Sozialgesetzen, beispielsweise wie Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung, ist die Ausgestaltung der Leistungen in dieser Sphäre allein wegen der gegenwärtigen Lage einer leistungsberechtigten Person ohne Rücksicht auf die Ursache des Zustands zu unternehmen. Es geht also sehr darum, dass ein nachteiliger Zustand ausgeglichen wird bzw. die benötigten Hilfen bedarfsorientiert und personenzentriert erbracht werden.

In diesem Leistungsbereich kommt es somit darauf an, dass Maßnahmen auf die Herstellung eines erwünschten Endzustands geleistet werden. Ein bestimmtes Risiko der Verschlechterung oder Benachteiligung steht im Vordergrund, was es abzusichern gilt. Die dabei entstehenden Kosten werden bewusst in Kauf genommen – die Finalität des Ziels ist somit entscheidend (Finalprinzip, um mittels eines Nachteilsausgleichs die Gleichbehandlung hinzubekommen).

Bezogen auf den vorliegenden Fall, bei dem es vorrangig lediglich um die Feststellung eines GdB geht, ist dies aber nicht so. Auch die Erlangung eines Nachteilsausgleichs (Steuerfreibetrag) steht nicht in direktem Zusammenhang mit dem Ziel und der gesundheitlichen Feststellung. Das BSG hatte übrigens mal geurteilt, dass die Feststellung eines gesundheitlichen Merkmals, also die Schwerbehinderung, nicht den „Endzweck des Leistungsbegehrens“ darstellt, sondern lediglich als „Voraussetzung für die Inanspruchnahme zahlreicher Vergünstigungen in unterschiedlichen Lebensbereichen und verschiedenen Rechtsgebieten“ darstellt (siehe unten in den Notizen zum BSG-Urteil, Rz. 12).

 

Vom Kausalprinzip

Im Gegensatz dazu versteht sich das Kausalprinzip bzw. Verursachungsprinzip als ein Verständnis über den Zusammenhang von Ursachen und Wirkung. In der Sozialpolitik nimmt das Kausalprinzip die Ursache zum Anhaltspunkt und gründet auf diesen Tatbestand (z.B. den Unfall) einen Anspruch auf Transferleistungen als Ausgleich für einen Einkommensausfall oder eine Schädigung. Die Gewährung einer Leistung in Abhängigkeit der vorausgegangenen Vorsorge, wie in der Rentenversicherung, wäre ein anderes Beispiel.

Hinsichtlich des vorliegenden Falls fehlt es an diesem Zusammenhang. Mit einem Nachteilsausgleich wird es keinen Ausgleich oder Entschädigung geben, und eine Ansparung gibt es ebenfalls nicht.

Das Rehabilitations- und Teilhaberecht hat zum Ziel, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu ermöglichen. Die Förderung der Selbstbestimmung, die gleichberechtigte Teilhabe und die Vermeidung oder der Ausgleich von Benachteiligungen sind nun mal die Fokuspunkte, auf die sich der Sozialstaat einlassen will. In Artikel 20 des Grundgesetzes ist das Sozialstaatsprinzip als Staatsziel verankert. In Artikel 28 ist bestimmt worden, dass dieses Sozialstaatsprinzip auf die Länderebene übertragen wird – mit dem Zweck der Verwirklichung.

Mit dem Tod der Person, für die ein Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung anhängig ist, würde aber die Zielerreichung ins Leere gehen. Es fehlt schlichtweg am höchstpersönlichen Interesse.

Und nichtsdestotrotz kann im Rahmen der Einkommenssteuererklärung ein Antrag beim Finanzamt gestellt werden, beim Versorgungsamt nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen zum Grad der Behinderung eines Steuerpflichtigen nachzufragen. In der Regel wird ein Grundlagenbescheid oder Feststellungsbescheid benötigt, der für die Berechnung der Steuer im Folgebescheid relevant ist. Weil das im vorliegenden Fall nicht passieren konnte, es allerdings bereits Ermittlungserkenntnisse gegeben hat, kann ein Amtshilfeersuchen beim Finanzamt beantragt werden. Wichtig zu beachten ist, dass das Finanzamt diese Informationen nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen einholen darf. In der Regel wird diese Zustimmung jedoch im Rahmen der Einkommensteuererklärung erteilt.

Da die Einkommenssteuererklärung vom Rechtsnachfolger übernommen wird, müsste dieser die Zustimmung für die Informationsbeschaffung beim Versorgungsamt abgeben.

 

[Fortsetzung folgt]

CGS 



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Das mit dem Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderung ist ganz schön durchdacht