Das gesamte
Sozialhilferecht ist durchtränkt von dem Anspruch, dass alle Leistungen
wirtschaftlich und sparsam erbracht werden müssen. Es geht halt nur um die
reine Bedarfsdeckung, keine Bedarfs-Übererfüllung. Leistungen sind so zu
erbringen, dass sie ausreichen und zweckmäßig den Hilfebedarf erfüllen und
dabei das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 76 Abs. 1 S. 3 SGB XII).
Darum begegnet man auch auf Seiten der Leistungsträger mit großem Misstrauen
jedem Wunsch nach Verhandlungen über die Vergütung, und ganz besonders dann,
wenn das Angebot ausgesprochen „teuer“ erscheint. Die Seite der Leistungserbringer
fühlt sich dagegen missverstanden, wo sie doch nichts anderes getan hat, als
die in der Leistungsvereinbarung enthaltene Ausstattung in eine Vergütung umzurechnen.
Wie soll man diese höchst unterschiedlichen Positionen zusammenbringen?
Aus Sicht des Sozialhilfeträgers (Leistungsträgers) muss
Sozialhilfe auf das notwendigste Maß beschränkt bleiben, weil Sozialhilfe auf
die reine Bedarfsdeckung abzielt. Ein Bedarf entsteht, weil sich ein Mensch in
einer Notlage befindet oder droht in eine solche zu geraten (vgl. auch § 15 f. SGB
XII). Von daher können nur solche Maßnahmen erbracht werden, die den Bedarf oder
die Notlage decken, beziehungsweise muss man eher davon sprechen, dass
Maßnahmen nur bis zu dem Moment geleistet werden, bis zu dem die Bedarfsdeckung
noch nicht erfolgt ist. Der Moment ab der erfüllten Bedarfsdeckung wird dagegen
als Luxus verstanden, der folgerichtig nicht erbracht werden darf.
Maßnahmen werden im Bereich der Eingliederungshilfe über
die Leistungsvereinbarungen sprachlich (relativ) genau definiert. Auch der
Ressourceneinsatz findet sich in diesen Vereinbarungen zwischen
Leistungsträgern und Leistungserbringern (vgl. § 76 Abs. 1 S. 1 SGB XII), und
trotzdem entsteht immer wieder das Problem, dass Angebotskalkulationen der
Leistungserbringer angezweifelt werden.
Als Leistungsträger hat man bereits für einen bestimmten
Leistungsbereich eine Muster- oder Standard-Leistungsvereinbarung idealerweise
definiert und mit mehreren Leistungserbringern solche vereinbart. Es gibt zwar
so manche Abweichungen zum aktuellen Standard, was historisch bedingt ist, aber
die Leistung wird erbracht. Alle sind solange zufrieden, bis ein
Leistungserbringer z.B. neu vereinbaren möchte, und dann noch zu einem höheren
Preis (Vergütung, vgl. § 76 Abs. 2 SGB XII). Das Preisgefüge droht zu kippen –
das Angebot wird rundheraus abgelehnt.
Unverständlich aus Sicht des Leistungserbringers, denn die
Kalkulation fußte auf den eigenen, prospektiven Gestehungskosten auf Basis der
Leistungsvereinbarung. Es wurde vielleicht an der einen oder anderen Stelle
„großzügiger“ kalkuliert, aber dennoch handelt es sich um ein Angebot, welches
den o.g. Grundsätzen entspricht.
Der Leistungsträger muss ablehnen, wenn die angebotene
Vergütung über den Vergütungen anderer Träger bei „vergleichbarem Inhalt,
Umfang und Qualität der Leistung“ liegt (§ 75 Abs. 2 S. 3 SGB XII). Er kann
sich also hier auf das Gesetz berufen. Der „teuerste“ Leistungserbringer – mit
vergleichbarer Leistung – setzt somit die preisliche Obergrenze. Genau hier
liegt aber ein Mangel, denn nur der Leistungsträger kann feststellen, welche
Leistungserbringer vergleichbar sind. Problematisch ist es schon dann, wenn
z.B. die Fachkraftquote eine ganz andere ist oder die anderen Leistungserbringer
ein Trägerbudget vereinbart haben. Es sollte sich eigentlich von selbst
verstehen, dass man so einen Preisvergleich nicht hinbekommt, wenn ein
Leistungserbringer verpflichtet ist, einen höheren Anteil „teurer“ Fachkräfte
einzusetzen oder gegen eine „Trägerbudget-Träger“ konkurriert. Doch im ersten
Gespräch zwischen beiden Seiten, wird diese Problematik nicht angesprochen. Und
selbst wenn, so könnte man einwenden, nützt es nicht viel, weil eine
Einsichtnahme in die Unterlagen für den Anbieter nicht möglich ist. Trotzdem
sollte man m.E. als Leistungserbringer diesen Umstand nicht unter den Tisch
fallen lassen, sondern direkt ansprechen. Denn wer behauptet, dass ein
Vergleich möglich ist, muss ggf. vor einer Schiedsstelle den Nachweis
erbringen. Und bis dahin, ist es nur eine Behauptung.
Vergleichbarkeit kann darüber hinaus nur hergestellt
werden, wenn man als Leistungsträger Klarheit erhält über die
Kalkulationsgrundlagen (des Anbieters). Kalkulationsgrundlagen sind dabei der
Ressourceneinsatz bzw. Ressourcenbedarf (als Annahme über die benötigte Menge)
und die Kosten der Ressourcenbeschaffung (als Annahme über die zukünftigen
Beschaffungskosten). Hierzu müsste der Leistungsträger die Kalkulation insoweit
prüfen, dass er ausreichende Gewissheit erlangt über die ordnungsgemäße
Anwendung der Kriterien nach § 75 Abs. 3 S. 2 SGB XII: „Die Vereinbarungen müssen
den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit
entsprechen.“ Doch so eine Auseinandersetzung mit dem Angebot ist zeitaufwändig
und wird gerne gescheut.
In seinem Urteil vom 29.1.2009 (Az. B 3 P 6/08 R) formulierte
das Bundessozialgericht ein zweigliedriges Prüfungsmuster, nach dem ein Leistungsträger
vorzugehen hat: man spricht seitdem vom „Externen Vergleich“ und dem „Internen
Vergleich“. Die Reihenfolge der Prüfungsschritte ist im Urteil ein anderer, als
in diesem Beitrag oben beschrieben. Zuerst soll ein interner Vergleich
erfolgen, um Vergleichbarkeit herzustellen, dann erst erfolgt der externe
Vergleich mit vergleichbaren Leistungserbringern. Hinzu kommt auch noch, dass
das BSG auf die Leistungsgerechtigkeit abgestellt hatte, was bisher noch nicht
angesprochen wurde.
Unter Leistungsgerechtigkeit versteht das BSG, dass die
einrichtungsspezifischen, prospektiven Gestehungskosten durch die angestrebte
Vergütung gedeckt werden. Dazu gezählt wird auch ein Zuschlag zum
Unternehmerrisiko. Der Leistungserbringer trägt die Darlegungslast, so das
Gericht, und muss die festgestellten Unschlüssigkeiten erläutern. Zwar betrifft
dieses Urteil nur den Bereich der Pflege, dennoch geht die herrschende Meinung
davon aus, dass eine Übertragbarkeit auf die Eingliederungshilfe gegeben ist.
Konkret bedeutet der interne Vergleich, dass der
Leistungsträger anhand der (angestrebten) Leistungsvereinbarung den
Ressourcenbedarf prüft und dann die Beschaffungskosten plausibilisiert. Wenn
das Ergebnis mit der Kalkulation der Einzelkostenart – in etwa – übereinstimmt,
eine gewisse Fehlerquote muss ebenso berücksichtigt werden, wie eine
Immaterialität bei der Abweichung im Verhältnis zur Stichprobe, kann man
annehmen, dass die vom Gesetz geforderten Grundsätze eingehalten wurden.
Es ist unwesentlich, ob der Leistungsträger die
Einzelkosten von den anderen Leistungserbringern kennt. Zu gern wird bei
überdurchschnittlichen Beschaffungskosten „gestrichen“ und bei
unterdurchschnittlichen Beschaffungskosten „nichts gesagt“. Diese Strategie
soll dazu führen, die Kosten zu senken. Die Überlegung ist die, dass z.B. der
Aufwand für Porto verringert werden kann, wenn die anbietende Einrichtung es
„genauso machen würde“, wie der billigste Konkurrent (sogenanntes „Best
Practice“). Tatsächlich werden bei Leistungserbringern lediglich neue Probleme
generiert, weil die Voraussetzungen einfach nicht übertragbar sind. Richtiger
wäre es dagegen, bei nicht plausibel erscheinenden Einzelkosten die gesamte
Bandbreite der gleichen Einzelkostenart für alle vergleichbaren
Leistungserbringer offenzulegen; also so vorzugehen, wie beim externen
Vergleich.
Leistungsträger tun dies aber nicht. Sie können es
ehrlich gesagt auch nicht, weil sie die Zusammensetzung der Vergütungssätze im
Einzelnen nicht genau kennen, selbst wenn eine dezidierte Angebotskalkulation
mal beigebracht wurde. Häufig genug liegen die alten Unterlagen nicht mehr vor
oder die Zahlen wurden mittlerweile über viele Jahre hinweg immer wieder, teils
sogar mehrfach, pauschal angepasst.
Weil der interne Vergleich aufwändig ist, versucht man
mithilfe des externen Vergleichs abzuschrecken. Gerne wird auch eine
Drohkulisse aufgebaut, die dann in letzter Konsequenz tatsächlich zu
langwierigen Einzelverhandlungen führen kann. Leistungserbringer können
versuchen, die Leistungsvereinbarung zu verschlanken, in dem im Prosa-Teil ein
wenig Fachlichkeit herausgenommen und der Ressourcenbedarf abgespeckt wird. So
bleibt man im Gespräch und erreicht über diesen Umweg eventuell einen Preis,
mit dem beide Seiten leben könnten.
CGS
Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung
sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.