Dienstag, 13. September 2016

Geldanlage - Dem Entscheidungsprozess auf der Spur

In meinem letzten Beitrag hatte ich von der zweiten Spitze des Beziehungs-Dreiecks der Geld- und Vermögensanlage Beratung und Anlageentscheidung nur über die Beratungen gesprochen. Dieser Teil war zugegebenermaßen sehr negativ formuliert, was aber angesichts der weiterhin bestehenden Probleme im Bankenwesen nicht überraschen sollte. Im Beratungsgespräch werden verschiedene Themen angesprochen, deren Inhalte nun ausgewertet und in einen Entscheidungsprozess münden sollen. Am Ende steht dann die Entscheidung, was im Einzelnen geschehen soll. Wie ein solcher Entscheidungsprozess aussehen kann bzw. welche Fragen dabei zu beantworten sind, möchte ich nachfolgend ein wenig näher betrachten.

Vorab aber noch ein weiteres Negativ-Beispiel:

Die Geschäftsführung eines sozialen Unternehmens entspricht dem Wunsch des Bankberaters der Hausbank zu einem Finanzberatungsgespräch und lädt ihn ein. Mit Begeisterung und Hingabe gibt der Bankberater über drei Stunden lang eine hübsche Kapitalmarkt-Geschichte zum Besten. Erst in den letzten fünf Minuten seiner Zeit und seines Redeflusses präsentierte er noch schnell seine beiden Anlageideen, welche von der Geschäftsführung selbstzufrieden genehmigt werden – für einige Jahre festgelegt werden etwa 5 % der Bilanzsumme.

Vor vielen Jahren war der Entscheidungsprozess für Anlageentscheidungen eher simpel. Weil es damals noch keine negativen Zinsen gab bei risikoarmen Unternehmensanleihen, konnten Gelder gut untergebracht werden. Doch mittlerweile zahlen Anleger selbst beim Kauf von risikoträchtigen Unternehmensanleihen einen Aufpreis, der über die Laufzeit der Anlage abzuschreiben ist. Wollte man in die gleiche (Risiko-) Klasse an Unternehmensanleihen investieren, wie früher noch, müssen noch viel höhere Abschreibungen hingenommen werden. Will man dies nicht, muss man den möglichen Totalverlust als Risiko tragen.

So wie früher, geht es auf keinen Fall. Doch sich allein auf den Bankberater verlassen?

Die beiden Anlageideen aus dem oben genannten Finanzberatungsgespräch gingen noch mal gut, man sollte aber dazu wissen, dass die eine Anlage eine Anleihe war, die an der Kreditwürdigkeit einer deutschen Großbank gekoppelt war – kurz nach ihrer Fälligkeit wäre diese Anleihe zum Problemfall geworden.

Das kann natürlich auch absolutes Können gewesen sein. Die erste Frage sollte aber eher sein, was mit den jetzt zur Verfügung stehenden freien Mitteln geschehen soll.

Ideal wäre es, wenn das soziale Unternehmen statt der Geldanlage die Re-Investition der nicht benötigten Mittel vornehmen würde (Mittelverwendung). Immerhin versteht die Geschäftsführung etwas von der sozialen Arbeit und könnte somit ihren öffentlichen Auftrag besser wahrnehmen.

Utopisch wäre es, wenn das soziale Unternehmen in anstehenden Vergütungsverhandlungen eine Herabsetzung seiner Vergütungen vereinbaren (oder hinnehmen) würde. Immerhin hat es offenbar in der Vergangenheit gut verdient und könnte somit schwer begründen, dass weitere Erhöhungen erforderlich sind (Erforderlichkeitsprinzip).

Unvorstellbar wäre es, wenn das soziale Unternehmen eine Ausschüttung der nicht benötigten Mittel an die Gesellschafter vorschlägt. Immerhin handelt es sich bei solchen Maßnahmen um übliche Verfahren bei z.B. Kapitalgesellschaften; und börsennotierte Unternehmen kaufen sogar einen Teil ihrer ausstehenden Aktien, um den Kurs schön hoch zu halten.

Vernünftig ist es, wenn das soziale Unternehmen seine nicht benötigten Mittel so anlegt, dass ein planbares Einkommen entsteht, mit dem man vorübergehende Unter-Auslastungen abdecken kann. Vergütungen sind i.d.R. höchst variabel kalkuliert, was bedeutet, dass Personal bei Schwankungen in der Auslastung aufgestockt oder abgebaut – und zwar schnellstmöglich – werden muss. Weil das nicht geht, und weil mit den Leistungsträgern in den Vergütungen keine Personal-Abfindungszahlungen kalkuliert und vereinbart werden können, werden freie Mittel benötigt, die weitsichtig und einkommensträchtig (kapitalerhaltend) angelegt werden müssen. Man kann auch sagen, dass mit Hilfe von Geldanlagen betriebliche Strukturen abgesichert werden müssen, damit die Erfüllung der sozialen Aufgabe langfristig, prompt und verlässlich gewährleistet werden kann.

Die zweite Frage sollte dagegen sein, ob man selbst eine Geldanlage tätigen kann, die das vorgenannte Ziel erfüllt.

Geldanlage in Eigenregie ist nicht schwierig, aber sie ist auch weder kostenlos, noch zwingend gewinnbringend oder risikolos. Wenn man stattdessen einen Finanzberater, die eigene Hausbank oder sogar eine Kapitalanlagegesellschaft (Investment-Manager) beauftragt, verschiebt man zwar den Entscheidungsprozess für Einzelanlagen auf diese, doch die verlangen dafür eine Management- und Verwaltungsgebühr. Was Gewinne und Risikolosigkeit angehen, werden die neuen Macher auf keinen Fall Garantien abgeben. Auf Unternehmensseite (Geldgeber) sollte zudem geklärt werden, wer im Verlustfall wann mit wie viel haftet. Ein Entscheidungsprozess.

Die Alternative zur eigenen Vermögensverwaltung und Anlageentscheidung ist somit die Beratung und Geldanlage durch Profis. Man selbst ist was Geldanlagen angeht immer ein Laie, und ganz bestimmt hat man nicht die Ressourcen und Informationsquellen, über welche die Profis verfügen. Zudem werden professionelle Vermögensverwalter (meistens) schneller und konsequenter durchgreifen, wenn entsprechende Warnungen registriert werden.

Die Bandbreite der Vermögensverwaltung ist dabei immens. Spezielle Vermögensmanagementfonds, die sogar an den Börsen frei gehandelt werden können, bieten sehr standardisierte Anlagemöglichkeiten an. Doch auch Hausbanken haben mittlerweile neben den kundenberatenden Wertpapierspezialisten sogar ganze Abteilungen, die sich rein um Vermögensverwaltung kümmern. Hier finden sich allerdings Modelle, die einerseits stark den ordinären Fonds ähneln, andererseits mit bunten Übersichten, Grafiken und vielen Ausdrucken einen guten Eindruck über die Handelsaktivitäten liefern. Es gibt für die ganz großen Vermögen sogar „eigene“ Investmentfonds, bei denen man schon von unternehmerischer Beteiligung sprechen kann (dies sollte sehr genau geprüft werden, weil für die soziale Unternehmung dabei ein hohes Risiko entstehen kann).

Die dritte Frage zielt dann schon darauf ab, wie viel „Unruhe“ und „Risiko“ akzeptiert werden soll.

An dieser Stelle geht es nicht mehr um die Strukturierung der Vermögensanlage, d.h. den Anteil von Aktien, Renten und Rohstoffen oder anderen Vermögensklassen. Dies ist wahrscheinlich an früherer Stelle schon mal geklärt worden. Jetzt sollte es um die konkrete Einzelanlage gehen.

Hatte man sich überlegt, dass man 60 % der freien Mittel konservativ anlegt und 40 % in Aktien, dann ist jetzt zu prüfen, ob diese Grenzen mit dem Angebot der Bank ggf. nicht mehr eingehalten werden können.

Hat man die Einkommensziele dank der bestehenden Anlagen vorzeitig erreicht, sollte jetzt geprüft werden, ob das Angebot der Bank das bestehende Risiko vergrößert.

Hat man sich Klarheit darüber verschafft, welche Bedingungen mit der Einzelanlage verbunden sind oder inwiefern die Einzelanlage möglichen ethischen Richtlinien widerspricht?

Viele Stiftungen bedienen sich sogenannter Anlagerichtlinien, dergleichen auch börsennotierte Investmentfonds. Wie solche Anlagerichtlinien konkret aussehen, wird häufig als Betriebsgeheimnis abgetan. Von daher lohnt sich ein Blick darauf, wenn man als soziales Unternehmen vor der Frage steht, was mit den freien Mitteln nun geschehen soll. Wenn das soziale Unternehmen versteht, wie und worin Anlagen getätigt werden, ob die professionell geführte Vermögensverwaltung überhaupt eine Anlagestrategie verfolgt, dann kann auch der eigene Entscheidungsprozess fundiert erfolgen.

Die vierte Frage sollte sich damit beschäftigen, wie man die gemachten Entscheidungen bzw. die professionelle Vermögensverwaltung effektiv kontrollieren kann. Selbst wenn die Vermögensverwaltung in Eigenregie erfolgt, es muss eine neutrale Kontrolle und Besprechung wie auch immer erfolgen.

Noch vor vielen Jahren war der Entscheidungsprozess für Anlageentscheidungen simpel, weil es damals noch keine negativen Zinsen gab bei risikoarmen Unternehmensanleihen. Nun müssen Entscheidungen darüber getroffen werden, ob man die freien Mittel risikolos anlegen will oder ein stetes Einkommen erzielen möchte. Zwar kann man sich der Hilfe professioneller Vermögensverwalter bedienen, doch auch diese müssen regelmäßig geprüft werden – der Vergleich mit Benchmarks ist hilfreich, aber nicht umfassend genug.

CGS





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