Dienstag, 27. September 2016

Das Bundesteilhabegesetz wird in den Deutschen Bundestag eingebracht

Der Gesetzgeber möchte einen „Quantensprung schaffen“, so die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Frau Andrea Nahles in der 190. Sitzung des Bundestages am 22.9.2016. Es geht weg von der Fürsorge und hin zur Teilhabe – damit ist zwar auch gemeint, dass Menschen mit Behinderung an der Gestaltung von Vorschriften und Richtlinien beteiligt werden, doch die Abkehr vom Fürsorge-Gedanken bedeutet, dass Menschen mit Behinderung für sich selbst verantwortlich und stärker sich selbst beteiligen müssen.

Die Bundesministerin bringt das Bundesteilhabegesetz mit dem Versprechen ein: „Niemandem soll es mit dem Bundesteilhabegesetz schlechter gehen. Im Gegenteil: Den meisten wird es – dessen bin ich mir sicher [Frau Nahles] – besser gehen.“

In ihrer Ansprache benennt sie 4 Punkte, die den „Kern“ des Gesetzes ausmachen sollen:

1.
Bei den Leistungen zur Teilhabe, so die Ministerin, stehen künftig die Menschen im Mittelpunkt und diese müssen sich nicht mehr darum kümmern, wie die Träger „hintereinander oder untereinander“ diese Leistungen organisiert bekommen.

2.
Dann betont sie, dass die Einkommen und Vermögen von Ehe- und Lebenspartnern von Menschen, die Eingliederungshilfe-Leistungen erhalten, nicht mehr herangezogen werden und die Grenzen zum Einsatz des eigenen Einkommens und der eigenen Vermögen um ein vielfaches vergrößert werden.

3.
Als dritten Punkt stellt sie heraus, dass die Chancen auf Arbeit, insbesondere auf dem „allgemeinen Arbeitsmarkt“ verbessert werden. Dies soll mittels sogenannter Budgets bewerkstelligt werden, die interessierten Arbeitgebern dann zugänglich gemacht werden. Somit also „den Schritt aus der Werkstatt zu wagen“ und hin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, aber mit einem Recht auf Rückkehr, „wenn er nicht gelingt“ – der Schritt.

4.
Und schließlich soll es darüber hinaus noch „ein vom Bund finanziertes Netzwerk unabhängiger Beratung geben“, was sich wahrscheinlich aber nur auf ein Expertentum „in eigener Sache“ beziehen soll.

Alles das soll vergleichbar sein mit einem Quantensprung?

Die allgemeine Kritik ist recht groß. Man kann zudem erwarten, dass im Bundestag und im Bundesrat (erste Beratung war am 23.9.2016) unterschiedliche Interessenlagen dominieren. Von daher ist mit einer heftigen Diskussion zu rechnen und vermutlich wird es noch gesetzliche Nachbesserungen geben. Ganz wesentlicher Punkt ist m.E. die Abweichung zur UN-BRK, die von vielen Interessenverbänden und ganz besonders von der Monitoring-Stelle zur UN-BRK des Deutschen
Instituts für Menschenrechte (DIM) gesehen wird.

Wahrscheinlich werden die weiteren Diskussionen noch zu Nachbesserungen führen, doch es gibt ein paar Dinge, die unausweichlich auf alle Beteiligten zukommen werden. Die Aufgabe des Fürsorge-Gedankens wird zu einem Prinzip – ganz ähnlich dem seinerzeitigen „Paradigmen-Wechsel“ und die Einführung von differenzierten Leistungsgruppen. Aber es wird ganz bestimmt kein Quantensprung.


CGS



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