Der Gesetzgeber
möchte einen „Quantensprung schaffen“, so die Bundesministerin für Arbeit und
Soziales Frau Andrea Nahles in der 190. Sitzung des Bundestages am 22.9.2016.
Es geht weg von der Fürsorge und hin zur Teilhabe – damit ist zwar auch
gemeint, dass Menschen mit Behinderung an der Gestaltung von Vorschriften und
Richtlinien beteiligt werden, doch die Abkehr vom Fürsorge-Gedanken bedeutet,
dass Menschen mit Behinderung für sich selbst verantwortlich und stärker sich selbst
beteiligen müssen.
Die Bundesministerin bringt das Bundesteilhabegesetz mit
dem Versprechen ein: „Niemandem soll es mit dem Bundesteilhabegesetz schlechter
gehen. Im Gegenteil: Den meisten wird es – dessen bin ich mir sicher [Frau
Nahles] – besser gehen.“
In ihrer Ansprache benennt sie 4 Punkte, die den „Kern“
des Gesetzes ausmachen sollen:
1.
Bei den Leistungen zur Teilhabe, so die Ministerin,
stehen künftig die Menschen im Mittelpunkt und diese müssen sich nicht mehr
darum kümmern, wie die Träger „hintereinander oder untereinander“ diese
Leistungen organisiert bekommen.
2.
Dann betont sie, dass die Einkommen und Vermögen von Ehe-
und Lebenspartnern von Menschen, die Eingliederungshilfe-Leistungen erhalten,
nicht mehr herangezogen werden und die Grenzen zum Einsatz des eigenen
Einkommens und der eigenen Vermögen um ein vielfaches vergrößert werden.
3.
Als dritten Punkt stellt sie heraus, dass die Chancen auf
Arbeit, insbesondere auf dem „allgemeinen Arbeitsmarkt“ verbessert werden. Dies
soll mittels sogenannter Budgets bewerkstelligt werden, die interessierten
Arbeitgebern dann zugänglich gemacht werden. Somit also „den Schritt aus der
Werkstatt zu wagen“ und hin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, aber mit einem
Recht auf Rückkehr, „wenn er nicht gelingt“ – der Schritt.
4.
Und schließlich soll es darüber hinaus noch „ein vom Bund
finanziertes Netzwerk unabhängiger Beratung geben“, was sich wahrscheinlich
aber nur auf ein Expertentum „in eigener Sache“ beziehen soll.
Alles das soll vergleichbar sein mit einem Quantensprung?
Die allgemeine Kritik ist recht groß. Man kann zudem
erwarten, dass im Bundestag und im Bundesrat (erste Beratung war am 23.9.2016)
unterschiedliche Interessenlagen dominieren. Von daher ist mit einer heftigen
Diskussion zu rechnen und vermutlich wird es noch gesetzliche Nachbesserungen
geben. Ganz wesentlicher Punkt ist m.E. die Abweichung zur UN-BRK, die von
vielen Interessenverbänden und ganz besonders von der Monitoring-Stelle zur
UN-BRK des Deutschen
Instituts für Menschenrechte (DIM) gesehen wird.
Wahrscheinlich werden die weiteren Diskussionen noch zu
Nachbesserungen führen, doch es gibt ein paar Dinge, die unausweichlich auf
alle Beteiligten zukommen werden. Die Aufgabe des Fürsorge-Gedankens wird zu
einem Prinzip – ganz ähnlich dem seinerzeitigen „Paradigmen-Wechsel“ und die
Einführung von differenzierten Leistungsgruppen. Aber es wird ganz bestimmt
kein Quantensprung.
CGS
Bitte lesen Sie die Hinweise
zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss
sowie die Datenschutzerklärung.
Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung
sagen? Schicken Sie mir eine E-Mail oder bewerten Sie ganz einfach diesen Beitrag.