Leistungsbescheide
an Menschen, die aufgrund ihrer besonderen Einschränkungen einen dauerhaften
Bedarf an Eingliederungshilfe haben, sind von Landkreis zu Landkreis und
Bundesland zu Bundesland höchst „individuell“. In vielen Fällen scheint man
sich es einfach zu machen und versendet einen zweiseitigen Verwaltungsakt. Doch
die Hamburger machen es anders, denn da werden sehr häufig 7 Seiten Text
verschickt.
Aus
datenschutzrechtlichen Gründen schickt die Hamburger Sozialbehörde Bescheide
über bewilligte Sozialleistungen (speziell jetzt zu Leistungen der
Eingliederungshilfe) nicht an die Träger von Einrichtungen im Hamburger
Stadtgebiet – den sogenannten Leistungserbringern. In einigen (und doch vielen)
Fällen kommt es dennoch vor.
Was
sich im Leistungsbescheid findet
Der
Leistungsbescheid stellt einen Verwaltungsakt dar, der klar benennt, bis wann
eine Leistung von der Behörde bewilligt wird. Allerdings kommt es häufig genug
vor, dass das Ablaufdatum im Bescheid auf dem Monatsletzten des Folgemonats
liegt. Das bedeutet zwar nicht, dass in einem solchen Fall die Bewilligung
tatsächlich endet, vielmehr will die Behörde nur herausstellen, dass die
Bewilligung automatisch enden kann, wenn der Hilfebedarf des
Leistungsberechtigten nicht mehr besteht. Ein Leistungsberechtigter soll nicht
erwarten, dass die Hilfeleistung bis in alle Ewigkeit so weitergeht.
Es
gibt allerdings auch Leistungsbescheide, die über einen sehr langen Zeitraum
ausgestellt worden sind. Warum hier die Praxis eine andere ist, hat wohl mit
vielen Faktoren zu tun, die dem Außenstehenden nicht bekannt gemacht werden
sollen. Man kann vermuten, dass die bewilligende Stelle eine gewisse
Dauerhaftigkeit sieht und sich so den Papierkram erspart.
Parallel
zum Leistungsbescheid wird eine Fristenmitteilung an den Leistungserbringer
versendet, damit klar gestellt wird, wann ein Sozial- und Verlaufsbericht (SVB)
/ Entwicklungs- und Teilhabebericht von diesem eingereicht werden muss.
Üblicherweise liegt die Frist bei sechs Wochen vor dem eigentlichen Ablaufdatum
der Leistungsbewilligung. Letzteres ist aber nicht zwingend bekannt und es kann
sogar sein, dass das Ablaufdatum auf dem Leistungsbescheid quasi „unmittelbar“
endet, während das Berichtsdatum weit in der Zukunft liegt.
Mitwirkung
im Verfahren
Im
Leistungsbescheid steht, dass der Leistungsberechtigte zur Mitwirkung
gesetzlich verpflichtet ist und eine Kopie des Bescheids an den
Leistungserbringer geben soll. Und tatsächlich benötigt der Leistungserbringer
den Leistungsbescheid, weil nur aus dem der Umfang der Leistungserbringung
abgelesen werden kann bzw. sich im Vergleich zum Gesamtplan (§ 58 SGB XII)
bestätigt. Es kann schließlich vorkommen, dass trotz Kenntnis des Gesamtplans –
aus vielleicht technischen Gründen – eine Änderung in der Hilfebedarfsgruppe /
Leistungsstufe stattgefunden hat.
Der
Leistungsbescheid ist als die entscheidende Unterlage anzusehen für den „Geldfluss“.
Wurde ein Ablaufdatum erreicht oder gab es eine Änderung im bewilligten
Leistungsumfang, reduziert sich prompt die Zahlung an die Leistungserbringer (bei
AWG und klassisch stationär). Weil sich dann aus solchen Begebenheiten viele
Rückfragen ergeben, müssen die Leistungserbringer „hinterher“ sein und ständig
die Leistungsbescheide abfordern.
Im
Leistungsbescheid findet sich der Hinweis, dass eine weitere Bewilligung eine „erneute Antragstellung“ voraussetzt.
Der Antrag soll zusammen mit dem Bericht über den Leistungsbezug
(Leistungsnachweis) bzw. einem Bericht „hinsichtlich der mit der Hilfe
erreichten (Teil-) Ziele“ (das ist der Sozial- und Verlaufsbericht bzw.
Entwicklungs- und Teilhabebericht) eingereicht werden. Auch wenn dieser Bericht
vom Leistungsberechtigten mit unterschrieben wird, es handelt sich nicht um
einen gemeinsamen Antrag! Antragsteller ist ausschließlich der
Leistungsbezieher, also der behinderte Mensch, welcher bestenfalls von seinem rechtlichen
Betreuer vertreten wird, aber keinesfalls der Leistungserbringer.
Der
Antrag soll gestellt werden „spätestens 6 Wochen vor Ablauf des
Bewilligungszeitraums“. Das ist eine Standard-Floskel, die eigentlich mit der
Fristenmitteilung (von oben) an den Leistungserbringer übereinstimmen soll.
Wenn der Bericht vom Leistungserbringer erstellt worden ist, hat der
Leistungsberechtigte bzw. sein rechtlicher Betreuer diesen zu unterschreiben
und einzuschicken (in einigen Fällen geschieht das Verschicken durch den
Leistungserbringer, hin und wieder sogar ohne Einsichtnahme und Unterschrift
des Leistungsberechtigten).
Das
Hin- und Herschicken erfolgt manchmal direkt an den Leistungserbringer, wobei
im Adressfeld häufig nur „c/o“ eingetragen ist, der Empfänger aber – ganz oben
– der Leistungsberechtigte ist. Hier ist das Briefgeheimnis zu beachten (§ 202 StGB). Ein behördliches
Schreiben darf keinesfalls von Mitarbeitern der Einrichtung ohne ausdrückliches
Einverständnis des Leistungsberechtigten oder des rechtlichen Betreuers
geöffnet und eingesehen werden.
Die
formlose Weiterbewilligung?
Wenn
neue Leistungsbescheide mit abweichenden Daten erstellt werden, müssten die
alten Bescheide, bei denen es sich auch um Verwaltungsakte handelt, formal
aufgehoben werden. Weil aber übergeordnet immer der Bedarf zu sehen ist und die
Bewilligung somit nicht „automatisch“ enden darf, handelt es sich in der Praxis
um einen Formfehler ohne wesentliche Auswirkungen. Allenfalls bei Änderungen,
die sich auf den Umfang der Leistungen beziehen, wäre ein solcher Formfehler
vielleicht relevant.
Dass
überhaupt neue Leistungsbescheide ausgestellt werden, ist nicht zwingende
Voraussetzung für die kontinuierliche Leistungserbringung. Nach § 33 SGB X
können Verwaltungsakte schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer
Weise (z.B. „stillschweigend“) erlassen werden. Was es dazu braucht, ist
lediglich ein berechtigtes Interesse und ein unverzügliches Verlangen des
Betroffenen (Abs. 2). Doch auch selbst das wird häufig genug in der Praxis ganz
einfach angenommen.
Auf
der letzten Seite findet sich dann endlich der Leistungsumfang, der eigentlich
keine verständlichen Informationen bereithält. Bei ambulanten Leistungen, die
auf Stundenbasis erfolgen, wird noch ein Stundensatz und die Anzahl der
wöchentlichen Stunden bekannt gegeben, doch bei Leistungen, die monatlich
abgerechnet werden, findet sich allenfalls die Hilfebedarfsgruppe oder eine
Leistungsstufe. Was diese Angaben konkret bedeuten, kann nur jemand
einschätzen, der den Gesamtplan und die Kalkulationsgrundlagen kennt.
Der
Gesamtplan enthält zwar Angaben zu den Leistungsarten, bestenfalls auch etwas
zur Intensität der Leistungsbemessung, wie viele Stunden wöchentlich wirklich
bewilligt sind, kann man höchsten durch Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen
ableiten. Da aber die Leistung immer personenzentriert und bedarfsorientiert
erbracht werden muss, ist dieses Hintergrundwissen nicht wirklich hilfreich.
Es
kommen somit vier Blatt Papier zusammen, auf dem viel steht und sehr viel sich
stets wiederholt. Allerdings findet sich auf einer der vielen Seiten ein kleiner
Absatz, der vielleicht den Grund bekannt gibt, warum ein neuer
Leistungsbescheid notwendig war. Betitelt ist dieser Absatz mit dem Hinweis:
„Bitte die nachstehenden Angaben unbedingt beachten“. Und das sollte man dann
auch tun.
CGS
PS:
Die o.g. „datenschutzrechtlichen Gründe“ sind mir im
Detail unbekannt – und damit auch nicht so richtig schlüssig – muss man
vielleicht auch nicht wirklich verstehen, denn letztlich kommt es doch auf
Hilfeleistung an, oder?
Wer sich aber unter dem Stichwort „Sozialdatenschutz“
etwas zusammenlesen möchte, wird mit Sicherheit auf diese Normen stoßen: §§ 35 SGB I und 78 SGB X.
Und noch ein PS:
Das Thema Gesamtplan wird im nächsten Beitrag behandelt.
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