Mittwoch, 10. Januar 2018

GKV und BAGüS - Zusammentreffen von EGH und PV-Leistungen

Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden die Partizipationsrechte der leistungsberechtigten Menschen zwar gestärkt, doch auch die Trennung von Leistungen wurde vorangebracht, so dass jetzt ein erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen den verschiedenen Leistungsträgern entstanden ist. Mit dem III. Pflegestärkungsgesetz überlegte man sich, wie Leistungen der Pflege von denen der Eingliederungshilfe besser abgegrenzt werden können – bisher konnten Sozialhilfeträger ihre EGH-Leistungen nur bei Vorliegen einer Pflegestufe / Pflegegrad pauschal mit einem sehr geringen Betrag von den Pflegekassen erstattet bekommen.

Auch wenn das alles den Eindruck des Spiels „Linke Tasche – Rechte Tasche“ vermittelt, es geht nunmehr um eine bessere Leistungsbestimmung und eine korrekte Leistungsabgrenzung, die nach wie vor „aus einer Hand“ erfolgen soll. Der leistungsberechtigte Mensch soll mit diesen Problemen nicht viel zu tun haben, außer dass jetzt eine ausdrückliche Zustimmung abgefordert wird.

Für die Leistungserbringer wird es dagegen aufwändiger, weil sie ihre Leistungen nun mit einer Pflegekasse abrechnen müssen.


Eingliederungshilfe trifft Pflegeleistungen

Beim Zusammentreffen von Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflege soll zugunsten des Leistungsberechtigten die Leistungserbringung „aus einer Hand“ erfolgen. Doch weil das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen gestärkt wurde, benötigt man eine ausdrückliche „Zustimmung“, damit eine solche Exklusivität möglich ist (vgl. § 13 Abs. 4 SGB XI).

Der GKV-Spitzenverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) haben hierzu bereits eine Empfehlung entworfen, wie dieses Verfahren aussehen soll. Dabei geht es um fortlaufende Leistungen der Pflegeversicherung, d.h. Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI, dem Umwidmungsanspruch nach § 45 a Abs. 4 SGB XI sowie dem Entlastungsbetrag nach § 45 b SGB XI. Ebenso können auch Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI und der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI mit einbezogen werden.

Nicht einbezogen werden dagegen das Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder die Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI. Und wenn Eingliederungshilfe-Leistungen in Räumlichkeiten erbracht werden, die unter den § 43 a SGB XI fallen, wird sich das Verfahren hierzu nicht ändern (vgl. § 1 des Empfehlungs-Entwurfs).

Die Zustimmung des Leistungsberechtigten bedarf der Schriftform und sollte bei der Teilhabeplanung bzw. dem Gesamtplanverfahren eingeholt werden (vgl. § 2 des Empfehlungs-Entwurfs).


Informationsaustausch und Dokumentation

An dieser Stelle müssen beide Leistungsträger zusammenarbeiten und sich verständigen. Doch weil der Umfang der zu erbringenden Pflegeleistungen noch geprüft werden muss, muss eine Weitergabe des Leistungsbescheids über Pflegeleistungen und dem zugeordneten Pflegegrad erfolgen. Der Leistungserbringer braucht diese Information eigentlich nicht, denn letztendlich ist entscheidend die „Zielvereinbarung“ bzw. der Gesamtplan (vgl. § 3 des Empfehlungs-Entwurfs).

Interessanterweise reicht es nun aus, dass ein Leistungserbringer nicht mehr eine Pflegeeinrichtung oder ein Pflegedienst gem. SGB XI sein muss. Es reicht schon, wenn derjenige, welcher die Eingliederungshilfe erbringt eine schriftliche Vereinbarung mit dem Leistungsträger für die Eingliederungshilfe vorliegen hat. Es kommt nur darauf an, dass „hinsichtlich Wirkung und Zielerreichung in der nach dem jeweiligen Leistungsrecht vorgesehenen und vertraglich vereinbarten Dokumentation“ das Leistungsgeschehen abgebildet wird – mit anderen Worten: Die Dokumentation muss sich wahrscheinlich erheblich verändern (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 des Empfehlungs-Entwurfs).


Ein neuer Rechnungsempfänger

Neu wird sein, dass die Pflegeleistungen nun direkt mit der jeweiligen Pflegekasse abgerechnet werden müssen. In einigen Fällen müssen wahrscheinlich auch Abtretungserklärungen der Leistungsberechtigten eingeholt werden, damit eine Abrechnung ggü. dieses anderen Leistungsträgers ermöglicht wird (vgl. § 5 S. 7 des Empfehlungs-Entwurfs).

Im Detail bedeutet dies, dass neue Abrechnungsfaktoren mit zugehörigen Umsatzerlöskonten erarbeitet werden müssen. Wird die Leistung nicht monatspauschal erbracht, muss man eine Stück-Leistung irgendwie abgerechnet bekommen. Ideal wäre es also, wenn man als Leistungserbringer eine Vereinbarung treffen kann, in der eine Art Maßnahmepauschale für Pflegeleistungen insgesamt (und nicht einzeln nach Art) zur Abrechnung gebracht wird. Doch danach sieht es momentan nicht aus. Von daher könnte es so aussehen:


Dieser Empfehlungs-Entwurf kann natürlich noch überarbeitet werden. Doch es zeigt sich jetzt schon, dass man sich einige grundlegende Gedanken gemacht hat zum formalen Verfahrensablauf – angefangen bei der Zustimmungseinholung bis hin zur Rechnungslegung. Vom Textumfang her gibt es eigentlich nichts zu beanstanden, sondern man kann damit weiterarbeiten.

CGS




Quellen:

Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfe gemäß § 13 Absatz 4 Satz 5 SGB XI

zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen der Pflegeversicherung sowie der Erstattung (§ 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI) und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers

(Entwurfsfassung ohne Datum, erhalten am 20.12.2017)



Gesetze im Internet

juris GmbH Juristisches Informationssystem für die BRD

(letzter Aufruf am 10.1.2018)


§ 13 SGB XI
Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung zu anderen Sozialleistungen

(4) Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger,

1.
dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat,

2.
dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat sowie

3.
die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung.

Die bestehenden Wunsch- und Wahlrechte der Leistungsberechtigten bleiben unberührt und sind zu beachten. Die Ausführung der Leistungen erfolgt nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Soweit auch Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch zu erbringen sind, ist der für die Hilfe zur Pflege zuständige Träger zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe bis zum 1. Januar 2018 in einer Empfehlung Näheres zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers. Die Länder, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Vereinigungen der Leistungserbringer der Eingliederungshilfe auf Bundesebene sowie die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen sind vor dem Beschluss anzuhören. Die Empfehlung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

(4a) Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.

(4b) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 und 4a werden bis zum 1. Juli 2019 evaluiert.



Notizen:

Das Bundesgesundheitsministerium schrieb die Wissenschaftliche Evaluation der Umstellung des Verfahrens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§ 18c Abs. 2 SGB XI) Los 3: Eingliederungshilfe vor längerer Zeit aus.

Untersuchungsgegenstand sollte das Funktionieren der Zusammenarbeit mit Pflegediensten und Kassen, die Abgrenzung der Leistungen zu Pflegediensten und die Einrichtungsabgrenzung nach § 43a SGB XI sein. Ziel wäre eine Evaluierung der Leistungserbringung aus einer Hand entsprechend § 13 Abs. 4 SGB XI sowie der entsprechenden Vereinbarungen zwischen Kassen und Trägern, um daraus ggf. Empfehlungen ableiten zu können. Die Regelungen nach § 13 Abs. 4 und 4a SGB XI wären gemäß § 13 Abs. 4b SGB XI bis zum 1. Juli 2019 zu evaluieren.

Die Ausschreibung endete am 28.8.2017.

Quellen:



(letzter Aufruf am 8.1.2018)






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