Donnerstag, 4. Januar 2018

Die dritte Stufe des BTHG hat begonnen

In Schleswig-Holstein wird sich der Landtag (irgendwann bald in zweiter Lesung) mit dem „1. Teilhabestärkungsgesetz“ erneut beschäftigen. Zu rechnen ist aber damit, dass noch im ersten Quartal eine Beschließung stattfinden wird. Damit würde schon mal auf Ebene des Landesrechts eine erste formelle Umsetzung des BTHG erfolgen. Nachfolgend nun ein paar Themen, die sich ändern werden.


Ab jetzt gibt es Träger der Eingliederungshilfe

Überhaupt beginnt jetzt die dritte Stufe des BTHG, mit der sehr viele Änderungen in verschiedenen Sozialgesetzbüchern vollzogen werden müssen. Diese nun im Einzelnen wiederzugeben, wäre ziemlich sinnlos, gerade auch, weil es sich um eher „redaktionelle Anpassungen“ handelt. Doch für weitere Infos empfehle ich diesen Link:


Die neuen Träger der Eingliederungshilfe gehören jetzt zu den „Rehabilitationsträgern“ – sie sind keine Sozialhilfeträger mehr. Es müssen nun einheitliche Instrumente zur Ermittlung eines Rehabilitationsbedarfs gefunden werden, aber mit schnellen Ergebnissen sollte man nicht rechnen. Wogegen sich besonders die Leistungsträger sperren, ist womöglich ein Ansprung des individuellen Leistungsbedarfs ohne Möglichkeit der Einsparung an anderer Stelle.



Was auf die Leistungserbringer zukommt

Es soll ab sofort eine Unabhängige Teilhabeberatung geben. Darüber diskutiert, gemutmaßt und geplant wurde noch bis vor kurzem. Wie ein solches Beratungsangebot am Ende finanziert wird, stand bisher noch nicht abschließend fest, weil auch die Konzepte noch nicht so wirklich feststanden. Die Mittel stehen jedenfalls bereit. Aber: In Anbetracht des neuen Anwendungserlasses der Finanzbehörden (Vorgaben des AEAO Nr. 2 zu § 66 AO) sollte eine strikte Trennung der entstandenen Kosten erfolgen (Kostenstellenrechnung).

Das Vertrags- und Vergütungsrecht „zieht“ um in Kapitel 8 SGB IX. Man wird sich jetzt an neue Paragrafen und ihre Benennung gewöhnen müssen. Doch wo es wirklich interessant wird, ist bei der Formulierung einheitlicher Grundsätze zur Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Man wird entsprechende Formulierungen in den neuen Landesrahmenvereinbarungen (ehemals Landesrahmenverträge) einarbeiten, jedoch zeigen sich schon jetzt gewissermaßen Friktionen (vgl. Beitrag zum „1. Teilhabestärkungsgesetz“). Was die Leistungserbringer befürchten müssen ist, dass nun mit der Einführung einer Vergütungskürzung bei Schlechtleistung zu rechnen ist.

CGS



+++ Nachtrag vom 8.1.2018 +++

Weitere Neuerungen sind u.a.:

-         Der Behinderungsbegriff ändert sich und folgt damit der UN-BRK:

§ 1 SGB IX
Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

1Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. 2Dabei wird den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder sowie Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen Rechnung getragen.


§ 2 SGB IX
Begriffsbestimmungen

(1) 1Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. 2Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. 3Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).


-         Es wird jetzt ein Teilhabeplanverfahren geben mit einem Teilhabeplan und einer Teilhabekonferenz verschiedenster Leistungsträger (bisher Gesamtplan, § 58 SGB XII). Hierzu wird es demnächst eine Sammlung an Regelungen geben, die dann zum 1.8.2018 in Kraft treten sollen. Wichtig daran ist wohl eher die Bestimmung der Rehabilitation als Prozess, damit eine einheitliche Arbeitsweise gewährleistet wird (vgl. dazu das 4. Kapitel SGB IX, u.a. mit §§ 19 bis 21 SGB IX).

Ob es auch ein fristengemäßes Verfahren gegeben hat, darüber soll dann gem. § 41 SGB IX die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR, www.bar-frankfurt.de) wachen.

-         Eine eigenständige Leistungsgruppe sollen die Leistungen zur Teilhabe an Bildung werden (§ 75 SGB IX bzw. 12. Kapitel, bisher § 54 Abs. 1 SGB XII). Es wird nun herausgestellt, dass Menschen mit Behinderungen die Bildungsangebote „gleichberechtigt“ wahrnehmen können – ein sehr deutlicher Nachteilsausgleich.

-         Beim Zusammentreffen von Leistungen der Pflege und der Eingliederungshilfe soll zuvor eine Zustimmung seitens des Leistungsberechtigten eingeholt werden. Der GKV-Spitzenverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) hatten hierzu bereits eine Empfehlung entworfen, wie dieses Verfahren aussehen soll. Näheres dazu ist hier allerdings nicht bekannt (vgl. auch § 13 Abs. 4 SGB XI).





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