Wieder mal ein
kompliziertes Thema, diese Sache mit der "Angemessenen Schulbildung".
Begonnen hat es mit
der Frage danach, wie lange ein behindertes Kind, welches (nach dem Willen der
Eltern) eine Regelschule und nicht die Förderschule besucht, diese Regelschule
besuchen kann. Es gibt da verschiedene Grundrechte, wie z.B. das Recht auf
Bildung, so dass ein Nachteilsausgleich und eine laufende Unterstützung zu
geschehen hat. Doch wie ist es mit der Möglichkeit zur Erlangung eines
Schulabschlusses (z.B. den Ersten Schulabschluss, ESA)? Vielleicht ist die
Behinderung ja nur so „mild“, dass mit genügend Zeit ein solcher Schulabschluss
erreichbar wird?
Um das Recht auf
Bildung zu verwirklichen, braucht es Leistungen aus dem Bereich der
Eingliederungshilfe. Es handelt sich hierbei um ein Bundesgesetz, dass von den Ländern
umgesetzt werden muss. Obwohl der Leistungskatalog für diese Hilfen offen ist,
es findet sich überraschend eine Vorgabe darin, die es ermöglicht, die
Gewährung von Hilfen zeitlich zu befristen. Und damit entsteht die Möglichkeit,
dass ein Mensch mit Behinderung trotz geistiger Weiter-Entwicklung seinen
Anspruch auf diese Hilfen verliert.
Es kann aber eine „Rettung“
geben durch die UN-Kinderrechtskonvention.
(Aufgrund des
Umfangs dieses Beitrags, habe ich zwei Teile daraus gemacht)
Das gleiche Recht
für alle auf Bildung
In Deutschland gibt es die Besonderheit, dass Kinder die
Pflicht haben, eine Schule zu besuchen. Gemeint ist normalerweise eine
Regelschule. Für behinderte Kinder dagegen gab es bislang die Empfehlung, eine
Förderschule / Förderzentrum aufzusuchen. Mit dieser Inklusions-Sache sind
Eltern ein wenig skeptischer geworden und wünschen immer mehr, dass das Kind
mit Behinderung eine Regelschule (Grundschule, Realschule, Gymnasium usw.)
besucht. Ein Recht auf Bildung steht allerdings den Kindern nicht nur nach der
UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention zu, sondern es
gibt auch noch ein grundgesetzliches Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 3
S. 2 GG, eingefügt am 27.10.1994).
Damit dieses „Gleiches Recht für Alle“ umgesetzt werden
kann, braucht es einen sogenannten Nachteilsausgleich (auch als Behinderungsausgleich bekannt). Im Wege der
Eingliederungshilfe soll das Recht auf Bildung dadurch ermöglicht werden, dass Hilfen
zu einer angemessenen Schulbildung bereitgestellt werden (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr.
1 SGB XII). Diese Hilfen gehören zwar zu den Aufgaben des Staates (als
Leistungsträger), erbracht werden diese Leistungen aber von Dritten – den
Leistungserbringern (siehe hierzu auch §§ 75 ff. SGB XII). Die
leistungsberechtigten Kinder gehören (derzeit noch) zum Personenkreis nach § 53
SGB XII (körperlich, sinnesbeeinträchtigte und geistig behinderte Menschen)
oder zählen zum § 35 a SGB V (seelisch behinderte Kinder und Jugendliche).
Worauf es aber ankommt, ist die Behinderung aufgrund der Wechselwirkung mit
einstellungs- und umweltbedingten Barrieren, welche eine erfolgreiche Teilhabe
unmöglich macht (vgl. hierzu ganz besonders § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX).
Es gibt keinen
abgeschlossenen Hilfe-Katalog
Was nun diese einzelnen Hilfen anbelangt, der gesetzliche
Passus ist nicht abschließend formuliert; mit anderen Worten: Es können auch
noch andere Hilfen hinzugenommen werden in das Leistungsrecht der
Eingliederungshilfe, ohne dass es eine Benennung im Gesetz bedarf. Der Grund
dafür ist das Wörtchen „insbesondere“, mit der beispielhaft etwas aufgezählt
wird. Diese Öffnung findet sich übrigens zudem in der Aufzählung in Nr. 1,
womit also nicht nur einschränkend auf die allgemeine Schulpflicht verwiesen
wird. Es zählt die Erlangung einer Schulbildung, die ebenfalls außerhalb der
allgemeinen Schulpflicht erfolgen kann.
Weil die Bundesregierung durch Rechtsverordnung einiges
bestimmen kann, ist demzufolge die Eingliederungshilfe-Verordnung aus § 60 SGB
XII zu prüfen. Doch auch hier findet sich ein Wörtchen, dass schon, wie zuvor
in § 54 Abs. 1 S. 1 und in Nr. 1, daraus keine abschließende Aufzählung macht.
Weil gleich im ersten Absatz ein „umfasst auch“ steht, beschränken sich die
möglichen Hilfen nicht auf die dann folgenden benannten Maßnahmen. Landesregierungen
sind dann nur noch für die Bereitstellung dieser Hilfen verantwortlich.
Damit wären ebenso Hilfsmittel abgedeckt, die für ein
Kind als erforderlich anzusehen wären, wenn nur mit dem jeweiligen, begehrten
Hilfsmittel der Schulbesuch erleichtert oder ermöglicht werden kann. Das
"zu erleichtern" muss allerdings etwas übergeordnet verstanden
werden. Wenn beispielsweise die Einschränkung des behinderten Menschen diesen
daran hindert, Aufgaben für die Schule in der häuslichen Umgebung zu
bewältigen, muss ein Hilfsmittel gefunden werden. Ein Hilfsmittel, welches das
Kind befähigt, seine Schulaufgaben zu bewältigen, wäre eine geeignete Maßnahme.
Ein anderes Beispiel wäre der Klassenausflug, der als Pflichtveranstaltung die
Teilnahme erforderlich macht. Eine Befreiung des Kindes von der Teilnahme wäre
eine Verweigerung des Kindesrechts auf Bildung.
Doch das Recht
auf Leistung ist befristet
Die Gewährung von Hilfen richtet sich nach den
Bundesgesetzen. Der Besuch einer Schule wiederum ist Sache der Länder. Auch
wenn das alles eine gemeinsame Grundlage zu haben scheint, immer wieder sieht
man völlig gegensätzliche Handlungen der regierenden Stellen. Während also das
Landesrecht den Schulbesuch regelt, unterstützt das Bundesrecht mit Hilfen,
damit eben das Recht auf Bildung und Teilhabe gewährleistet wird.
Was meines Erachtens im Widerspruch steht zu diesem
grundgesetzlich geschütztem Recht auf Bildung, ist die Befristung des
Leistungsrechts auf „eine im Rahmen der allgemeinen Schulbildung üblicherweise
erreichbare Bildung“ (§ 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EinglVO). Diese Formulierung
erinnert stark an den Mehrkostenvorbehalt an vielen anderen Stellen. Zum
Beispiel soll in § 9 Abs. 2 SGB XII den Wünschen des leistungsberechtigten
Menschen in Bezug auf die Gestaltung der Leistung nur dann nicht entsprochen
werden, wenn mit „unverhältnismäßigen Mehrkosten“ gerechnet werden muss (S. 3).
Zuvor allerdings ist der Leistungsbedarf gemeinsam festgestellt worden und der
behinderte Mensch konnte seine Wünsche einbringen. Was nun dieser
Leistungsbedarf ist, bezieht sich auf das im Grundgesetz verankerte Recht.
Fakt ist also, dass im gegenwärtigen Leistungsrecht das
Recht auf Bildung befristet ist. Die Frist richtet sich dabei auf den „Rahmen
zur Erlangung einer allgemeinen Schulbildung“ und zum anderen auf das „üblich
erreichbare“.
CGS
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