Sonntag, 8. Juli 2018

Schwierige Geschäfte bzw. schwerwiegende Geschäfte


Auch wenn ein solches Thema anscheinend nichts mit der Eingliederungshilfe zu tun hat, sehr viele Leistungserbringer sind nun mal „nicht-staatlich“ und müssen einen Jahresabschluss präsentieren nach den Vorschriften des Handelsrechts. Und da findet sich so manches, was immer wieder übersehen oder, ganz einfach, nicht kommuniziert wird.

Geschäfte mit Nahestehenden oder bestimmten Personengruppen müssen hinterfragt werden, weil hier die Möglichkeit einer „Zweckfremden Mittelverwendung“ besteht. Grundlage für die steuerliche Begünstigung im Wege der Gemeinnützigkeit ist nun mal eine ganz bestimmte Satzung. Durch die Anerkennung des Status der Gemeinnützigkeit können soziale Unternehmen mit viel weniger Verwaltungsaufwand und Fokus auf die Gemeinwesen-Arbeit schlanker agieren, als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.

Man kann aber nur dann als Bilanzbuchhalter oder Controller etwas hinterfragen, wenn man vorab irgendwie informiert worden ist. Wenn erst in der Jahresabschlussprüfung sich solche Sachen offenbaren, offenbart sich ein mangelhaftes, eigentlich nicht vorhandenes Internes Kontrollsystem. Und das wiederum lässt vermuten, dass die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist.



Geschäfte mit Nahestehenden zu marktüblichen Bedingungen?

Dies betrifft eigentlich nur die Geschäftsführung, denn sie hat hier die berühmten „Zügel“ in der Hand. Den ausführenden Mitarbeitern fehlt meistens eine Übersicht darüber, und so kann sich dann auch kein Verständnis für so manches Geschäft entwickeln.

Es kann sein, dass das soziale Unternehmen aus einer Stiftung heraus entstanden ist. Oder es waren Eltern von behinderten Kindern, die die Gründung betrieben hatten, um den Ortsverein vor möglichen Geschäftsrisiken zu schützen. Die Gebäude, in denen das neue soziale Unternehmen seine Einrichtungen betrieb, verblieben im Eigentum der Ortsvereinigung (oder Stiftung), das soziale Unternehmen selbst wurde dagegen Mieter. Statt nun umständliche Finanzierungen (mit stets gleich hoher Annuität) zum Bestandteil von Vergütungen zu machen, wurde eine Nettokaltmiete vereinbart, die kontinuierlich angehoben werden konnte. Entsprach diese den „marktüblichen Bedingungen“? Und entspricht sie heutzutage noch immer dem ortsüblichen?

Bei der Zusammenarbeit mit „nahe stehenden Unternehmen und Personen“ müssen die Geschäfte, die dann zu einem Vermögensaustausch führen, sehr kritisch geprüft werden. Wenn es kein Indiz für dieses Kriterium der „marktüblichen Bedingungen“ gibt, muss darüber im Anhang zur Bilanz und GuV berichtet werden – es sei denn, diese Geschäfte sind nicht wesentlich (vgl. § 285 Nr. 21 HGB).


Geschäfte zugunsten von bestimmten Personengruppen

Man stelle sich vor, ein Mitglied des Aufsichtsrats fragt nach dem erfolgreichen Geschäftsjahr, ob das Unternehmen „nicht mal jetzt eine Dividende zahlen wollte“. In anderen Unternehmen ist das ja durchaus üblich, so die eigenwillige Erwartung.

Gemeinnützige Unternehmen verfolgen keine Gewinnabsicht, sondern sie übernehmen einen sozialen Auftrag. Eine Ausschüttung wäre eine Begünstigung, die nicht sein darf, weil die Grundlage für die steuerliche Begünstigung die Selbstlosigkeit ist (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Und genau dieser Aspekt sollte sich auch im Gesellschafter-Vertrag bzw. in der Satzung wiederfinden. Das vorgenannte AR-Mitglied wurde nicht mehr lange danach abgewählt.

Es kann durchaus sein, dass die Gewinnausschüttung einem anderen Unternehmenszweig zugute kommen soll. Dies wäre allerdings eine Quersubventionierung mit Mitteln, die eigentlich dem begünstigten Unternehmenszweck zustehen und somit nicht „zweckfremd“ verwendet werden dürfen. Oder der sogenannte ideelle Unternehmensbereich strebt jetzt vorrangig die Mehrung des eigenen Vermögens an. Dann aber entsteht ein Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung, so dass die Wohlfahrtspflege im Sinne einer Gemeinwesen-Arbeit nicht mehr stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2013, I R 17/12).

Andere Formen der Begünstigung wären z.B. Vorschüsse und Kredite an die Geschäftsführung, Aufsichtsrat oder Beiräte, aber auch Gesellschafter oder sonstige Beteiligte bzw. Einrichtungen. Doch selbst wenn Kredite zu marktüblichen Bedingungen vergeben wurden, eine Begünstigung kann schon daraus entstehen, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung erlassen wird. Es ist alles zu hinterfragen und muss ggf. sogar offenbart werden, weil die Gemeinnützigkeit berührt wird (§ 285 Nr. 9 HGB).


Geschäfte mit der Möglichkeit des Totalverlusts

Wenn eine Vermögensverwaltung durch Dritte stattfindet, könnten sich im Portfolio Werte befinden, die man gemeinhin als derivative Finanzinstrumente bezeichnet. Dazu zählen Optionsgeschäfte, Warentermingeschäfte, Terminkontrakte, Futures, Swaps, Forward Rate Agreements und Forward Deposits (vgl. auch https://www.bafin.de/dok/7868566 zum Thema Strukturierte Finanzprodukte). Bei solchen Wertanlagen versuchen Finanzmarkt-Teilnehmer eine Absicherung von „gegenläufigen Wertänderungen“ oder sonstigen Zahlungsströmen herzustellen. Man kann solche Wertanlagen auch als „Hedging“ bezeichnen, und die können bekanntlich zu einem Totalverlust führen (vgl. u.a. § 254 HGB und § 285 Nr. 19 und 20 HGB).

Einen ganz anderen Stellenwert hat die Klärung der Forderungskonten. Diese Arbeit ist zeitraubend, und dennoch notwendig. Indem man sich mit den Salden beschäftigt, entdeckt man vielleicht diverse Fehlbuchungen, die nun rückabzuwickeln wären. Im Prinzip zeigen sich hier Fehler im System und sogar Arbeitsrückstände. Sind die Forderungen überhaupt berechtigt? Wieso können sie nicht eingetrieben werden? Gerade dann, wenn sehr viel Zeit vergeht, bezweifeln Schuldner die Rechtmäßigkeit dieser Forderungen und verweigern schlichtweg die Zahlung. Und dann?

Haben die Controller und Bilanzbuchhalter des Unternehmens das alles im Blick? Oder passieren solche Dinge „unterhalb des Radars“, weil eine Informierung nicht stattfindet? Vielfach gibt es solche Info-Runden, aber diese Themen schaffen es nicht auf die Tagesordnung. Von daher kann man sich schon als Außenstehender fragen, welche Effizienz tatsächlich im Unternehmen gelebt wird. Solange es noch ein positives Ergebnis gibt und die Liquidität stimmt, wird man diese Dinge mit dem Schlagwort „unwesentlich“ abtun können.

Wünschenswert wäre es, wenn die „Zahlenmenschen“ in diese Angelegenheiten einbezogen werden.

CGS





Notizen zum angesprochenen Punkt „Kontenklärung“:

Man beginnt natürlich mit dem Kontoauszug des Berichtsjahres und schaut, wie sich der Saldo so entwickelt hat. Sehr häufig passiert es aber, dass so ein Saldo aus mehreren Teilbeträgen besteht, womöglich sogar aus diversen Soll- und Haben-Buchungen. Idealerweise ist ein Muster erkennbar, mit dem außergewöhnliche Buchungen identifiziert werden. Oder anders herum, es wird immer mal wieder die "Null-Linie" bei einem laufenden Saldo erreicht.

Viele Konten weisen grundsätzlich einen Saldo auf, weil die Erledigung immer im Folgemonat geschieht. In diesen Fällen reicht es, wenn man den Kontoauszug des neuen Jahres dazu legt. Doch in manchen Fällen hilft auch das nichts, sodass eine Aufarbeitung geschehen muss.

Natürlich sind "relativ" kleine Abweichungen nicht wesentlich. Sie stellen zwar einen Fehler dar, der nicht weiter "ins Gewicht" fällt bzw. immateriell für die Aussage über die Ordnungsmäßigkeit zu bewerten ist. Fehler bleibt Fehler, und es kommen ständig neue Fehler hinzu. Irgendwann muss eine Bearbeitung stattfinden. Wenn das System der Buchhaltung nicht berichtigt wird, wenn man es bei Ausbuchungen belässt, gibt es kein Internes Kontrollsystem – erhöht sich das Risiko für den Prüfer (Audit Risk).



Notizen zum angesprochenen Punkt „Kredite“:

Umgekehrt darf es schon sein, dass ein Mitglied des Vorstands eines Vereins zum Beispiel ein Darlehen dem Verein gewährt, weil dieser einen Totalverlust z.B. in der Vermögensverwaltung hinnehmen muss. Ein solches Darlehen soll dann helfen, dass die Gemeinnützigkeit nicht gefährdet ist, weil das soziale Unternehmen in eine (hoffentlich) einmalige Schieflage geraten ist. Im Darlehensvertrag sollte dann auch Zins und Tilgung geklärt werden, damit der steuerbegünstigte Verein die Rückzahlung im Wege der zukünftigen Gewinnerzielung leisten kann.






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