Häufig finden sich
Leute, die etwas "Soziales" bewerkstelligen wollen. Sie möchten aktiv
werden, eine Aufgabe wahrnehmen, die aus ihrer Sicht in der Gesellschaft
einfach zu kurz kommt. Bei dieser Aufgabenwahrnehmung suchen oder stoßen sie
auf persönliche oder finanzielle Unterstützung von Dritten, so dass sich
Einnahmen ergeben. Gleichzeitig müssen diese "Sozial-Werker" Ausgaben
schultern, um ihr ideelles Werk zu vollbringen.
Die Leute werden sich
vielleicht zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen (§ 705
f. BGB; siehe aber auch § 899a BGB zum weiteren Verständnis der GbR), weil es
eine sehr einfache Form einer gemeinschaftlichen Unternehmung darstellt. Da in
einer solchen Gesellschaft von Personen (auch bekannt als Personengesellschaft;
dagegen zu setzen ist der Begriff der Kapitalgesellschaft) die Außenvertretung durch
jeden Gesellschafter erfolgen kann, und viele Mit-Gesellschafter eine Haftung
für das Verschulden der anderen fürchten, kann es zur Gründung eines
(rechtsfähigen) Vereins kommen.
Die Gründung eines
rechtsfähigen, eingetragenen Vereins (e.V.) wiederum beginnt mit einer
Gründungsversammlung, in der eine Satzung beschlossen wird. Anschließend ist
ein Vorstand zu bestimmen, der die Außenvertretung und Geschäftsführung
wahrnimmt. Zusammen mit dem Gründungsprotokoll erfolgt die Anmeldung beim
zuständigen Amtsgericht. Der Verein kann dann unternehmerisch auftreten.
Und was kommt dann?
Rechenschaftspflicht gegenüber
den Mitgliedern
Der Vorstand eines Vereins ist zur Rechenschaft gegenüber
seiner Mitglieder verpflichtet (§ 27 Abs. 3 BGB mit Verweis auf §§ 664 f. BGB).
Damit ist allerdings nicht nur die Berichterstattung über die Tätigkeiten bzw.
die Zweckerfüllung gemeint. Gerade weil es um Vermögenstransaktionen geht, wird
eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben benötigt (vgl. § 259
BGB, Unterlage: Einnahme-Überschuss-Rechnung)
zusammen mit einem Verzeichnis des Bestandes an Vermögensgegenständen (vgl. §
260 BGB, Unterlage: Vermögensübersicht).
Mit der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit, entsteht
in der Regel eine Pflicht zur Abgabe von steuerlichen Erklärungen - immerhin
ist mit einem Leistungsaustausch zu rechnen. Einem sozial-tätigen Verein stehen
hingegen gewisse steuerliche Erleichterungen zu, wenn die tatsächliche
Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung
steuerbegünstigter Zwecke gerichtet ist und selbstlos erfolgt (§§ 51 f. AO
sowie insbesondere 63 Abs. 3 AO). Die Geschäftsführung wiederum fußt auf einer
Satzung, die genau diese steuerbegünstigenden Zwecke benennt.
Bei seiner ideellen Arbeit wird der Verein von verschiedenen
Seiten z.B. Gelder einnehmen. Die so angesammelten Mittel müssen allerdings zu
einem späteren Zeitpunkt für die steuerbegünstigten Zwecke eingesetzt werden. Dabei
soll der Mitteleinsatz grundsätzlich zeitnah erfolgen. Zeitnah bedeutet, dass
die Mittel „spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder
Wirtschaftsjahren“ zu verwenden sind (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO). Von einer
solchen Frist dagegen ausgenommen sind u.a. Zuwendungen von Todes wegen (z.B.
Erbschaften; § 62 Abs. 3 AO).
Sollte eine Verwendung der erhaltenen Mittel nicht innerhalb
dieser Fristen geschieht, sollte eine Mittelverwendungsrechnung
erstellt werden. In einer solchen Mittelverwendungsrechnung kann aufgeführt
werden, welche Mittel für bestimmte Projekte oder die Wiederbeschaffung von
Wirtschaftsgütern zurückgestellt worden sind (§ 62 AO).
Verwahrung und Einsatz der
angesammelten Mittel
Ein gemeinnützig anerkannter Verein könnte die angesammelten
Mittel verwahren oder einsetzen. Soll eine Mittelverwendung noch nicht stattfinden,
stellt sich die Frage nach der Form für eine Verwahrung.
Bei Finanzmitteln können nicht angelegte Gelder auf dem
Bankkonto verwahrt werden, gleichwohl gibt es aufgrund der begrenzten
Einlagensicherung bestimmte Risiken für die darüber gehenden Beträge. Hatte der
Verein z.B. ein Depot geerbt, liegt eindeutig eine Vermögensverwaltung vor
(vgl. dazu ganz besonders § 14 S. 3 AO und auch § 15 Abs. 2 EStG). Welche Formen
einer Verwahrung oder Beteiligung es sonst noch gibt, hatte das BMF in einem
Erlass aus dem Jahr 2014 etwa so beschrieben:
BMF-Anwendungserlass
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Eigene Ergänzungen
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Beteiligungsform
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Einschätzung
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§ 14 S. 1 AO
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§ 14 S. 3 AO
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1
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gewerblich geprägte vermögensverwaltende
Personengesellschaft
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Vermögensverwaltung
(BFH-Urteil vom 25.5.2011, I R 60/10,
BStBl 2012 II, S.858)
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Jederzeitige Liquidierbarkeit ist gegeben.
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Das Vermögen soll z.B. verzinslich angelegt werden.
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2
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Kapitalgesellschaft ohne Einflussnahme
auf die laufende Geschäftsführung
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Vermögensverwaltung
(§ 14 Satz 3 AO)
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Jederzeitige Liquidierbarkeit ist gegeben.
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Das Vermögen soll z.B. verzinslich angelegt werden.
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3
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Kapitalgesellschaft mit entscheidender
Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung
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Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
(vgl. BFH-Urteil vom 30.6.1971, I R
57/70, BStBl II S. 753; H 15.7 (4) bis H 15.7 (6) EStH 2011)
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Selbständige und nachhaltige Tätigkeit, die über den Rahmen einer
Vermögensverwaltung hinausgeht.
Konkurrenz-Situation möglich.
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Eine Ausschüttung ist möglich.
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4
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Kapitalgesellschaft ist selbst
vermögensverwaltend (z.B. Investmentfonds)
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Vermögensverwaltung
(vgl. R 16 Abs. 5 KStR)
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Eine zügige Liquidierbarkeit wäre möglich.
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Das Vermögen soll z.B. verzinslich angelegt werden.
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5
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steuerbegünstigte Kapitalgesellschaft
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Vermögensverwaltung
(vgl. aber auch die Definition zum Zweckbetrieb, § 68 AO)
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Selbständige und nachhaltige Tätigkeit, die über den Rahmen einer
Vermögensverwaltung hinausgeht, aber
keine Einnahmen oder wirtschaftlichen Vorteile erzielt.
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Ist nicht beabsichtigt.
Die Satzung der steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft dürfte eine
Begünstigung in Form einer Ausschüttung oder Dividende nicht beinhalten (vgl.
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO).
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Quelle: Nr. 3 im AEAO zu § 64 Abs. 1 AO,
Erlass vom 31.1.2014, mit eigenen Ergänzungen (kursiv)
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Es kommt nicht so sehr darauf an, dass ein Gewinn erzielt
wird, um eine Abgrenzung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hinzubekommen. Das
Kriterium dafür ist die „selbständige nachhaltige Tätigkeit“, mit der Einnahmen
oder wirtschaftliche Vorteile verschafft werden. Dabei kann eine
Konkurrenz-Situation zu anderen am Markt teilnehmenden Anbietern auftreten. Selbständigkeit
bezieht sich auf die Struktur dieser weiteren Tätigkeit, also wie selbständig
diese abgetrennt vom ideellen Bereich erfolgt. Nachhaltigkeit bezieht sich auf
die Dauer bzw. steten Wiederholung der weiteren Tätigkeit.
Es ist der Verzinsungsgedanke, der eine Vermögensverwaltung
auszeichnet; es soll ein Kapital eine Rendite bringen oder ein Sachvermögen
verpachtet werden. Und man kann davon ausgehen, dass das Kapital schnell wieder
abgezogen wird sowie ein Sachvermögen veräußert werden kann; die
Liquidierbarkeit der Wertanlage ist entscheidend. Bei der Beteiligung in eine
steuerbegünstigte Kapitalgesellschaft ergibt sich ein Mischverhältnis (Nr. 5). Weder
geht es um die Verschaffung eines Vorteils, noch soll ein Gewinn erzielt werden
oder eine Ausschüttung erfolgen.
Worauf es jetzt ankommt, ist die Vermeidung eines
Mischverhältnisses bei den Einkünften (wie auch den jeweiligen Aufwendungen)
hinsichtlich der verschiedenen, abgegrenzten Tätigkeiten oder Beteiligungen. Grundsätzlich
unterliegen aber alle Einkünfte der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Erträge
aus Finanzanlagen werden mit der Kapitalertragsteuer (und Solidaritätszuschlag)
besteuert. Dienen die Ausschüttungen dem ideellen Bereich für seine
satzungsgemäßen Zwecke, sollten sie steuerbegünstigt bzw. freigestellt sein.
Eine zweckfremde
Mittelverwendung
Die Vermögensverwaltung könnte durch einen Dritten
ausgeführt werden, z.B. einer professionellen Vermögensberatung
(Honorarberatung) oder Bank. Doch weil aufgrund einer derartigen Tätigkeit, mit
der laufende Erträge und eine allgemeine Wertsteigerung erzielt werden sollen,
sich ein mögliches Verlustrisiko ergibt, besteht die Gefahr des zweckfremden
Mitteleinsatzes.
Zweckfremd bedeutet hier, dass in dem Fall die Vermögensverwaltung
die angesammelten Mittel, die man eigentlich für den steuerbegünstigten Zweck
einsetzen wollte, verloren hat für einen nicht-steuerbegünstigten Zweck. Ein
solcher Verlust könnte sich also auf die Gemeinnützigkeit auswirken und
rückwirkend erhebliche Steuernachzahlungen mit sich führen. Wenn aber dem
ideellen Bereich in den vorangegangenen sechs Jahren Gewinne in mindestens
gleicher Höhe zugeführt wurden, wird ein solcher „Worst-Case“ nicht passieren (vgl.
Nr. 3 im AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, Erlass vom 31.1.2014).
Es sollte am besten eine Aufteilung bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung
geschehen: ideeller Bereich und Vermögensverwaltung. Zeigt sich daraufhin ein
Fehlbetrag, wird durch diese Sichtbarmachung vermutlich schneller reagiert.
Es sollte ebenfalls darüber nachgedacht werden, welche
handelsrechtlichen Wahlrechte in Anspruch genommen werden können und inwieweit
steuerliche Besonderheiten bei der Berücksichtigung von Einkünften und
Aufwendungen einen Rückschluss auf zweckfremde Mittelverwendung erlauben (vgl.
beispielsweise § 253 Abs. 3 S. 6 HGB bei Abschreibungen auf Finanzanlagen,
siehe unten).
Vermögensverwaltung
Ein Beispiel:
Ein mit der Vermögensverwaltung beauftragter Dritter berichtet
regelmäßig über die Entwicklung des Depots. Die Anlage der Gelder erfolgt
ausnahmslos in passiven Investmentfonds (ETFs). Die Auswahl dieser Anlagegüter
richtet sich nach einem Anlagekodex, um eine Strukturierung und Transparenz
herzustellen.
Am Abschlussstichtag muss vom Verein der Depotwert
entsprechend der handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze festgestellt werden (§
252 HGB). Diese Grundsätze umfassen insbesondere die Fortführung (Abs. 1 Nr. 2)
und die Einzelbewertung (Nr. 3). Nicht realisierte Kursgewinne dürfen aber nicht
berücksichtigt werden. Umgekehrt sind Kursverluste, selbst wenn sie noch nicht
realisiert wurden, aus Vorsichtsgründen sofort zu buchen (Nr. 4 a.a.O.), d.h.
es ist eine außerplanmäßige Wertminderung vorzunehmen (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB).
Hier besteht ein Wahlrecht sofern die Wertminderung
voraussichtlich nicht „dauernd“ ist. Bei „Ewigkeits“-Anlagen, wie solchen
Fonds, kann dies vorausgesetzt werden (S. 6 a.a.O.). Was nun wiederum als
„dauernd“ zu verstehen ist, wurde in verschiedenen Entscheidungen näher
definiert *):
- Ist der Börsenkurs am Bilanzstichtag „um mehr als 20 % unter den maßgeblichen Buchwert“ gefallen, ist von einer dauernden Wertminderung auszugehen (FG Köln, Urteil vom 24.8.2011, 13 K 1567/07).
- Bei einem Absinken von „mehr als 10 % an zwei aufeinander folgenden Stichtagen“ liegt eine dauernde Wertminderung vor (FG Münster, Urteil vom 31.8.2010, 9 K 3466/09).
Die beiden Finanzgerichte widersprechen damit dem BMF, was
von 40 % an einem Bilanzstichtag und 25 % an zwei Bilanzstichtagen ausgegangen
ist. Gerade bei Aktienkursen kann man von einer sehr hohen Volatilität
ausgehen. Es kann durchaus sein, dass gleich nach Bilanzstichtag ein Anstieg
des Kurswertes geschehen ist. Von daher muss zusätzlich zu diesen Stichtags-Betrachtungen
auch die Entwicklung des Kurses bis zum Aufstellungszeitpunkt der
Rechenschaftsberichte, welcher durchaus spät im Folgejahr liegt, berücksichtigt
werden.
Da die Steuerbilanz der Handelsbilanz folgt, ist die
Verwendung eines Schwellenwertes im Hinblick auf die vorgenannten
Verlustrisiken bei Finanzanlagen in der Vermögensverwaltung von Bedeutung.
Vereinsarbeit nun
Verwaltungsarbeit
Obwohl es eigentlich um etwas „Soziales“ gehen sollte, wird
durch die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit eine Vorgabe
geschaffen, die ein hohes Maß an Verwaltungsarbeit (Bürokratie) erfordert. Das
scheint ganz im Gegensatz zu stehen zur kreativen und engagierten Lösungsarbeit
des Vereins. Es ist wie „die dunkle Seite der Macht“. Oder auch der Preis
dafür, dass man jetzt „staatlich anerkannt gemeinnützig“ sein kann.
Diese Anerkennung (oder Auszeichnung) kann aber jederzeit
entzogen werden, sofern es Indizien dafür gibt, dass der Verein nicht mehr
selbstlos tätig ist und die Mittel zweckfremd eingesetzt werden. Es gibt
darüber hinaus noch andere Gründe, warum die Gemeinnützigkeit im Nachhinein
entzogen werden kann (vgl. beispielsweise „Attac“), doch wenn eine
Geschäftsführung eine sehr übertriebene Vergütung erhält (vgl. dazu die Gehaltsaffäre
in Duisburg) oder als Dienstwagen einen „Maserati“ beansprucht (vgl. dazu
„Treber-Hilfe“ in Berlin) ist die Arbeit des Vereins eindeutig nicht mehr
„selbstlos“.
Durch diese Skandale, auch wenn es nur Einzelfälle sind,
wird das Thema Mittelverwendung mehr und mehr an Aufmerksamkeit gewinnen bei
den zuständigen Finanzbehörden. Von daher ist dieses Ausmaß an Bürokratie
nachvollziehbar.
CGS
*) =
Es kann durchaus sein, dass die Urteile der niederen
Instanzen mittlerweile vom BFH aufgehoben wurden. Dennoch ändert sich dadurch
nichts an der grundsätzlichen Herangehensweise. Statt immer nur auf den
niedersten Wert abzuschreiben, sollte für Finanzanlagen ein hoher Schwellenwert
vorausgesetzt werden.
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