Sonntag, 26. August 2018

BGW-Beitragsbescheide prüfen


Auch Beitragsbescheide der Berufsgenossenschaft müssen auf ihre Richtigkeit hin geprüft werden, weil man ansonsten zu viel bezahlt.

In der jetzigen Diskussion findet sich nun eine ganz neue Unternehmensform, die anscheinend einer „zu teuren“ Gefahrentarifstelle zugeordnet ist. Die Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege haben zusammen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsfirmen den Beitragsausschuss der Berufsgenossenschaft zu einer Sondersitzung veranlasst, um eine richtige Zuordnung und Beitrags-Einstufung zu erreichen. Als Ergebnis konnte man lediglich eine Wiedervorlage auf das kommende Jahr erreichen – immerhin.

Was man daraus entnehmen kann, ist die Frage nach der eigenen „korrekten“ Einstufung in die Tabelle über die vielen, verschiedenen Gefahrentarifstellen.


Um was es geht

Der Bescheid ist in 5 Spalten und mehreren Zeilen für die Berechnung des Beitrags gegliedert. In der ersten Spalte werden die Betriebsteile benannt, die wiederum maßgeblich sind für die dahinter stehende Gefahrenklasse. Die Gefahrenklasse weist einen Faktor aus, der von niedrigen 1,98 (Gefahrtarifstelle 4: Apotheken usw. oder keiner Gefahrtarifstelle zugehörig gem. Teil II Ziffer 4) bis hin zu 9,68 (Gefahrtarifstelle 17: Werkstätten für behinderte Menschen usw.) reichen kann. Sofern es hier mehrere Betriebsteile gibt, ist das Bruttoarbeitsentgelt für jeden Betriebsteil separat auszuweisen. Um den Beitrag zu ermitteln, muss das Bruttoarbeitsentgelt mit dem Faktor aus der Gefahrenklasse, dem Beitragsfuß bzw. Beitragssatz sowie dem allgemeinen Faktor 1/1000 multipliziert werden.

Davon abgesehen ist eine Ausgleichsumlage für Mitgliedsunternehmen der Wohlfahrtspflege in einer darunter liegenden Zeile enthalten. Aus der Summe aller Bruttoarbeitsentgelte wird mit dem Beitragssatz 0,11 und dem allgemeinen Faktor 1/1000 ein Beitrag berechnet, der für Entschädigungsleistungen der BGW für unentgeltlich und ehrenamtlich tätige Beschäftige verwendet werden soll. Das aber nur am Rande.

Die Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle ist schon eine wesentliche Entscheidung. So gibt es beispielsweise Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von „mobilen sozialen Diensten“ und „ambulanten sozialpflegerischen Diensten“, wenn sich die Tätigkeit auf Betreuung im eigenen Wohnraum bezieht mit gelegentlichen Begleitungen zu Ärzten oder sonstigen Orten. Es scheint nun eine neue Unternehmensform zu geben, die in diese Zuordnungs-Tabelle so nicht passt:  Inklusionsbetriebe.


Die korrekte Zuordnung von Inklusionsbetrieben zu einer Gefahrentarifstelle

Inklusionsbetriebe sind keine Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Es handelt sich um Unternehmungen, die rechtlich und wirtschaftlich selbständig agieren und einen hohen Anteil an schwerbehinderten Arbeitnehmern aufweisen (vgl. § 215 f. SGB IX). Vorrangig geht es um eine Beschäftigung auf dem „allgemeinen Arbeitsmarkt“ für solche Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung ansonsten auf Schwierigkeiten stoßen. Zu den Aufgaben zählen u.a. jegliche Form der regulären Beschäftigung und Tätigkeit, arbeitsbegleitende Betreuung wie auch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und Vermittlungen (vgl. § 216 SGB IX). Man könnte solche Betriebe ebenso als „Sonstige Beschäftigungsstätten“ bezeichnen, wie es sie schon in früheren Jahren immer mal wieder gab. Sie finanzieren sich jedenfalls aus Mitteln der Ausgleichsabgabe bzw. im Falle von psychisch kranken Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX erfolgt die Finanzierung durch den zuständigen Rehabilitationsträger.

Aufgrund der Bandbreite an Aufgaben, scheint eine korrekte Zuordnung jetzt nicht möglich zu sein. Statt die niedrigste Gefahrenklasse mit dem Wert 1,98 anzuwenden, hat die Berufsgenossenschaft in den Beitragsbescheiden zuletzt den Faktor 9,68 aus der Gefahrentarifstelle für WfbM und Beschäftigungsprojekten angewendet. Die Leistungserbringer sehen dies als nicht geboten an, würden aber einer Zuordnung in die Gefahrentarifstelle für Einrichtungen der beruflichen Bildung und Rehabilitation mit der Gefahrenklasse 5,58 wohl zustimmen.

Um wie viel es nun geht, kann jetzt keiner genau sagen. Bezogen auf das Bruttoarbeitsentgelt liegt der Unterschied pro 100 Euro bei 0,82 Euro Beitrag; das klingt jetzt nicht nach viel Geld, aber es würde sich zu einer stattlichen Summe addieren, weil solche Entscheidungen eine Zukunftswirkung haben.

Generell zeigt diese ganze Sache, dass man als Leistungserbringer vielleicht mal prüfen sollte, in welcher Gefahrentarifstelle die eigene Einrichtung oder der Dienst sich befindet – unabhängig vom Thema Inklusionsbetrieb. Doch auch sogenannte Inklusionsbetriebe sollten ggf. herausstellen, welche Betriebsteile vorhanden sind. Sehr wahrscheinlich wird es keinen neuen Gewerbezweig geben, und somit keine neue Gefahrentarifstelle, sondern man ist als Betrieb genötigt, eine Aufteilung nach Betriebsteilen zu verhandeln.

CGS




Quelle:

Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
Gültig zur Berechnung der Beiträge vom 1. Januar 2013 an

(letzter Aufruf am 17.8.2018)




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