Freitag, 31. Januar 2020

Umsatzsteuerfreiheit für Wohn- und Betreuungsverträge geklärt


Dieser Punkt ist jetzt endlich geklärt!? – ist geklärt!

Aufgrund einer kleinen Anfrage mehrerer Bundestags-Abgeordneter über die „umsatzsteuerliche Regelung zum Mittagessen in Einrichtungen der Behindertenhilfe“ gab es jetzt die Rückmeldung im Namen der Bundesregierung von einer parlamentarischen Staatssekretärin im BMF.


Koppel-Vertrag und eng verbundene Umsätze

Verkürzt kann man sagen, dass alleine schon aufgrund der besonderen Art eines Wohn- und Betreuungsvertrags nach dem WBVG eine Steuerbefreiung anzunehmen ist. Solche Verträge unterliegen dem Abschnitt 4.12.6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE). Alle Umsätze aus diesen Wohn- und Betreuungsverträgen sind steuerbefreit nach § 4 Nr. 16 Buchst. h UStG.

Doch auch bei getrennten Verträgen über die Pflege, Betreuung und Verpflegung einer Einrichtung der Behindertenhilfe, sind die aus der Versorgung erzielten Umsätze als mit dem Betrieb der Einrichtung „eng verbundene Umsätze“ anzusehen nach § 4 Nr. 16 UStG.

Und das gilt dann auch für Werkstätten (WfbM), in denen eine Verpflegungsleistung an die Menschen mit Behinderung erbracht wird *) - § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. f UStG.

Man kann also sagen, dass gekoppelte Leistungen und eng verbundene Umsätze dazu führen, dass der steuerbefreite Hauptzweck des Vertrags mit dem Verbraucher, nämlich die Eingliederungshilfe-Leistung, alle anderen Leistungen überlagert. Dies ist aber nicht immer so einfach und hat schon in anderen Fällen zu erheblichen Nachforderungen seitens der Steuerverwaltungen geführt. Darum ist diese Stellungnahme aus dem BMF sehr wichtig.


Aufgeteilte Leistungsentgelte

Etwas widersprüchlich erscheint dagegen die weitere Äußerung des BMF, wonach bei besonderen Wohnformen „regelmäßig keine Aufteilung der Leistungsentgelte vorzunehmen ist“. Genau dies ist jedoch der Fall, da gegenüber den Bewohnern ein Versorgungsgeld (Lebensmittel und Hauswirtschaft) geltend gemacht werden muss. Und genau dieses Entgelt, wie auch das für die Fachleistungen, muss gem. § 9 WBVG gegenüber dem Bewohner begründet werden, wenn eine Erhöhung ansteht. Und das wiederum verlangt eine Offenlegung von Kalkulationen.

Es wird dann an anderer Stelle die „Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen“ angeführt, aber gleichzeitig „erwartet die Bundesregierung … in der Regel keine Änderung bei der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen…“ (Fettdruck von mir). Schon muss man wieder den Eindruck gewinnen, dass die zuvor gemachte Klarstellung unter besonderen Umständen, die man sich wieder ausdenken muss, nicht gilt.

Eine solche Besonderheit wäre zum Beispiel eine „für die Allgemeinheit zugängliche Cafeteria“, die dann einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bedeuten würde. Dieses Kriterium würde nämlich die Koppelung infrage stellen, weil der Zweck eines solchen Betriebs nicht mehr eng verbunden ist mit den Leistungen aus der Pflege und Betreuung.


Keine Steuerbefreiung für Mahlzeitendienste

Zum Abschluss wurde darauf hingewiesen in der Stellungnahme, dass Leistungen der Mahlzeitendienste von anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und deren Untergliederungen nicht mehr steuerbefreit sind. Ab dem 1.1.2020 sind diese Leistungen – unabhängig von der Rechtsform der Leistungserbringer – umsatzsteuerpflichtig. Für den Ansatz von der niedrigeren Umsatzsteuer wären die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 8 UStG maßgeblich.

CGS



*) = Für die Mitarbeiter-Verpflegung gilt das aber nicht. Das bedeutet, dass mit zwei Produkt-Kategorien gearbeitet werden muss bei der Abrechnung; so wie es jetzt mancherorts mit den Bäckerei-Verkäufen geschieht.


Quellen:

Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 27.1.2020

Bezugnahme auf BT-Drucksache 19/16317 vom 6.1.2020
Geschäftszeichen III C3 – S 7172/19/10002:004
Dokument 2020/0010807






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