Am 12.11.2019 folgte
ein sogenanntes Fachgespräch, was ebenfalls keine wirkliche Lösung brachte.
Aber das Problem wurde anscheinend endlich verstanden, so dass jetzt endlich,
am 22.11.2019, einige Klarstellungen geschaffen wurden. Es fehlt zwar noch ganz
formal an einer Bestätigung dieser Sichtweise durch die obersten Finanzbehörden
der Länder. Das BMF hat allerdings bereits angezeigt, dass es eine Ergänzung
des Anwendungserlasses erfolgen könnte (wahrscheinlich wird es in jedem Fall
passieren).
Die Leistungserbringung erfolgt nach wie vor aus einer
Hand
Noch immer wird geglaubt…
könnte man sagen. Doch in den letzten Wochen hat sich an dieser Auffassung
einiges geändert. Die Auftrennung der bisherigen Komplexleistung
Eingliederungshilfe in die Leistungsbereiche SGB IX (Eingliederungshilfe-neu)
und SGB XII (Sozialhilfe) führt scheinbar zu einer kompletten Änderung der
Leistungserbringung an sich. Was man mit der Reform der Eingliederungshilfe erreichen
wollte, war ja schließlich die Möglichkeit für die leistungsberechtigten
Menschen, sich selbst ihre Leistungen einzukaufen. Stationäre Einrichtungen
sollten verschwinden, damit eine völlige Ambulantisierung stattfinden kann.
Aber das ist alles sehr
theoretisch und weit entfernt von der Lebenswirklichkeit. Warum sonst hat man
die „besonderen Wohnformen“ geschaffen, kann man fragen. Die
sozialleistungsrechtliche Trennung ist zwar geschehen, die Leistungserbringung
erfolgt nach wie vor aus einer Hand. Und auch das ist so gewollt.
Noch im April 2019 kam vom BMAS
ein Schreiben, in dem behauptet wurde: „Durch die Neuausrichtung der Wohnform
für behinderte Menschen durch das BTHG fallen
grundsätzlich nicht mehr alle Leistungen der Wohneinrichtung … generell unter die Umsatzsteuerbefreiung
des § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG“ (S. 3 im Schreiben vom 12.4.2019; Fettdruck
von mir). Die zuständige Stelle beim BMAS ging damals, wie viele andere, davon
aus, dass die Trennung der Leistungsbereiche auch eine Trennung im Betrieb der
Einrichtungen nach sich zieht. Die Fachleistung wäre zwar weiterhin im bisherigen
Kernbereich des umsatzsteuerlich begünstigten Leistungserbringers angesiedelt,
die Vermietungsleistung nach einer eigenständigen Grundlage im § 4 Nr. 12 UStG.
Dem ist aber nicht so. Die
Leistungserbringung wird nicht getrennt, sondern sie erfolgt – in den
allermeisten Fällen – aus einer Hand. Im Termin am 12.11.2019 wurde dies
zwischen den Vertretern der Leistungserbringer und den verschiedenen
Ministerien noch einmal thematisiert. Wenn ein Vertrag nach dem Wohn- und
Betreuungsvertragsgesetz vorliegt, in dem alle Leistungen mit dem
leistungsberechtigten Menschen (nun als Verbraucher anzusehen) bestimmt sind,
dann entsteht eine Kopplung (siehe dazu frühere Beiträge von mir).
Mit der Kopplung gelingt eine „enge
Verbundenheit“ der Leistungserbringung auf Ebene der vertraglichen Beziehung
zwischen dem Unternehmen und dem Verbraucher. Nebenleistungen, wie zum Beispiel
die Lebensmittelversorgung, wären, dann der Hauptleistung zuzuordnen
(Eingliederungshilfe-neu). Selbst wenn die Lebensmittelversorgung essentiell
ist und damit eine sehr wesentliche Eigenschaft einnimmt, sie würde sich der Hauptleistung
unterordnen müssen. Und da die Hauptleistung eine umsatzsteuerlich begünstigte
Leistung ist, würde jeder Umsatz, der in dieser Zusammenhangleistung erbracht
wird, umsatzsteuerfrei behandelt werden. Allerdings, so das BMF in der
Besprechung, sei eine „abschließende Bewertung … noch nicht möglich“ (Protokoll
von Herrn Werner Hesse, Paritätischer Gesamtverband).
Zwei Lösungswege, keine Lösung?
Damit sollen sich zwei mögliche
Lösungswege ergeben:
-
0 % Umsatzsteuer (und
somit 0 % Vorsteuer), wenn eine enge Verbundenheit zur Hauptleistung
Eingliederungshilfe-neu unterstellt werden kann;
-
7 % Umsatzsteuer (und
somit jede Vorsteuer), wenn es sich um eine essentielle, eigenständige
Hauptleistung handelt.
Letzteres würde bedeuten, dass
der Wareneinsatz in pauschaler Art und Weise unabhängig von den tatsächlichen
Bezugsquellen erfasst wird. Verarbeitete Waren, die im Einkauf mit 10,7 % oder
19 % bezahlt worden sind, würden an den Endkunden mit 7 % weitergegeben werden
– pauschal. Doch es wäre ebenfalls denkbar, dass ein Leistungserbringer – wieder
pauschal – die 19 % Umsatzsteuer verlangt.
Solche „Pauschalitäten“ bringen
keine Erleichterung, sondern schaffen nur noch mehr Probleme (was auf der
Rechnung an Umsatzsteuer steht, muss schließlich auch weitergegeben werden).
Nach wie vor müssten dann ja auch verwaltungstechnische Strukturen geschaffen
werden, damit eine korrekte Umsatzsteuer-Voranmeldung stattfinden kann. Der
Termin dafür wäre schon am 10. Februar 2020.
Doch damit ist jetzt Schluß.
Ein vorläufiges Ende deutet sich an in dem Schreiben des BMAS vom 22.11.2019.
Darin wird eine neue Rechtsauffassung bekanntgegeben, die nun zwischen dem BMF
und den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt werden muss: „Erbringt
ein Leistungserbringer die Pflege- und Betreuungsleistungen sowie
Verpflegungsleistungen aufgrund getrennter Verträge, ist es für das BMF zudem
denkbar, dass auch die aus der Versorgung
ihrer hilfsbedürftigen Kunden erzielten Umsätze als mit einer Einrichtung zur
Pflege oder Betreuung eng verbundenen Umsätze i. S. des § 4 Nr. 16 UStG
angesehen werden und somit ebenfalls umsatzsteuerfrei sind“
(S. 2; Fettdruck von mir).
Nicht nur Koppelverträge,
sondern auch getrennte Verträge über Einzelleistungen gelangen in den Genuss
dieses Privilegs, wenn sie in der Sphäre des Unternehmens liegen und sich rein
auf die Versorgung der Verbraucher richtet.
CGS
Quellen:
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BTHG: Es geht jetzt doch ohne Umsatzsteuer weiter