Trotz Corona geht es mit den Besprechungen und Konferenzen weiter. Vieles wird allerdings nur noch per Video-Chat abgehandelt, weniger mit Präsenzveranstaltungen geklärt. Die Themen sind wie immer vielfältig, zurzeit aber beherrscht eine Sache die Gespräche und verlangt einiges von den Beteiligten ab: der Personalmangel im Fachamt Eingliederungshilfe der Hamburger Sozialbehörde.
Daneben gibt es noch andere Themen, die einem zeigen, mit welchen Problemen die verschiedenen Institutionen zu tun haben.
(Die Fachkonferenz war übrigens sehr dünn besetzt und dauerte nicht lange.)
Ungenügende Personalressourcen beim Leistungsträger
In Hamburg soll es im Leistungsbereich der
Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche (§ 134 SGB IX) ebenfalls
Bedarfsgruppen geben. Man wünscht sich eine Leistungsdifferenzierung, weil wohl
eine Bandbreite an Mehrbedarfen vorhanden ist, die mit dem Einheitssystem nicht
genügend abgedeckt werden kann. Diese Idee begrüßen anscheinend auch
verschiedene Leistungserbringern. Kritiker merken allerdings (zu Recht) an, dass
eine solche Handhabung wieder mehr Arbeit abverlangt im Bewilligungsprozess. Verwiesen
wird dabei auf die ungenügenden Personalressourcen im Fachamt
Eingliederungshilfe. Und dementsprechend sollte man ein solches Anliegen jetzt
nicht durchdrücken.
Eine andere Frage beschäftigte sich mit dem Wunsch des
Gesetzgebers (und somit natürlich auch der Behörde), die „gut betuchten“
Leistungsberechtigten mit einem Eigenanteil an den Kosten zu beteiligen. Das
ist jedoch in zweifacher Weise ein Problem. Denn zum einen fehlt es schlichtweg
an Bescheiden nach neuem Muster, zum anderen gibt es bereits jetzt schon
diverse Fehler in den vorhandenen Bedarfsfeststellungen nach neuer Rechnung.
Als Beispiel angeführt wurde dabei ein Fall, bei dem die Krankenkassenbeiträge nicht übernommen wurden. In einem anderen Fall hatte man die Beförderungspauschale für Fahrten zu einer Tagesförderstätte vergessen. Einige Leistungserbringer beklagen, dass sie für immer mehr Leistungsberechtigte keine Vergütungen erhalten, oder es wird statt der Eingliederungshilfe die Grundsicherung eingezahlt (das klingt an der Stelle eher nach einem vergangenen Problem, könnte also schon längst Geschichte sein). Es stimmt allerdings, dass so manche Fachleistung überhaupt nicht bezahlt wird – und das hat vermutlich eher was mit einem Vergessen zu tun.
Neu- und Weiterbewilligungen stauen sich
Diese Fehler haben nach herrschender Meinung ihre Ursache
im Personalmangel des Fachamtes. Dass es dort zu einem Problem gekommen ist,
war schon vor über einem Jahr absehbar; die Corona-Krise hat es jetzt nur
verschlimmert, aber nicht ausgelöst!
Eine Vertreterin eines Betroffenenverbands klagte über ein monatelanges Zuwarten, und der Mitarbeitende eines Betreuungsvereins erklärte, er würde für seine Betreuten ein gerichtliches Eilverfahren bemühen, wenn es nicht vorangeht im Bewilligungsverfahren. Wartezeiten sind nichts Neues, nur es hat eine Bandbreite angenommen, die nicht mehr ertragbar ist. Weder wissen die Leistungsberechtigten, was sie erwarten können, noch erhalten die Leistungserbringer ein Geld, mit denen sie ihre Mitarbeitenden bezahlen dürfen.
Wenn jetzt noch der Klageweg oder der Rechtsbehelf beschritten werden, weil die Behörde nicht schnell genug vorankommt, ergibt sich ein Bearbeitungsstau an ganz anderer Stelle. Gut zu tun bekommen dann nämlich die Verwaltungen bei den Gerichten und den Rechtsbehelf-Stellen, den Beauftragten und den Betreuungsstellen. Der Personalmangel im Fachamt ist von daher sehr kritisch zu betrachten. Man hat zwar seitens der Behörde eine Task Force eingesetzt, von irgendwelchen Erfolgen ist bislang nichts zu hören gewesen.
Was zu tun wäre
Die Liste der Aufgaben ist lang. Einerseits müsste noch intensiv bei Angehörigen für das BTHG geworben werden. Aber noch viel wichtiger ist es geworden, die Bewilligungspraxis zu verbessern. Überhaupt werden BTHG und Verwaltungsarbeit als ein Bürokratie-Monster empfunden, so dass sich da keine Akzeptanz breitmacht. Die Unzufriedenheit führt schnell dazu, dass nur noch Defizite wahrgenommen, aber den Gewinn, den das BTHG gebracht hat, übersehen werden. Dazu sollte es nicht kommen.
Daneben entwickeln sich aber weitere Themen, die scheinbar ganz sachfremd sind. Eine EU-Richtlinie verlangt, dass öffentliche Auftraggeber die papierlose Rechnung einführen. Damit sind aber jetzt nicht PDF-Seiten gemeint, die eingescannt an eine Email-Adresse übersendet werden sollen, sondern XML-Dateien, die anschließend automatisiert verarbeitet werden müssen. Die Gegenfrage wäre nun hier, ob man im Bereich der sozialen Arbeit wirklich von einem Auftragswesen und Vergabe sprechen kann. Sollte es aber dennoch so sein, müssen Leistungserbringer ihre Abrechnungen elektronisch übermitteln – und dafür braucht es Strukturen.
Was nun ganz und gar nicht angesprochen wurde, sind die aktuellen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst; das mag wahrscheinlich daran liegen, dass es nicht sehr viele Träger betrifft. Trotzdem werden einige sich Gedanken machen müssen, wie die Vergütungsverhandlungen zu führen sind. Und was macht man, wenn es jetzt eine Corona-Prämie gibt für den Sozial- und Erziehungsdienst – quasi rückwirkend und unbedacht in der letzten Vergütung für 2020?
Alles nicht ganz einfach, würde ich mal sagen.
CGS
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie
rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial-
und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die
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Notizen aus einer Fachkonferenz in Hamburg