Es fing damit an, dass der Tarifvertrag zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) nicht weiter verlängert wurde in der Tarifrunde 2023. Da für Interessierte im Bereich des TVÖD bei manchen Arbeitgebern nur noch das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes angeboten wurde, schaute man sich um und stieß auf den § 10: das Langzeitkonto für Zeitguthaben.
Man könnte das
jetzt als den vierten Beitrag in einer Serie zur Altersteilzeit ankündigen.
Aber tatsächlich hat diese Frage ein ganz schönes Alleinstellungsmerkmal, auch
wenn Ähnlichkeiten bestehen.
Die Einrichtung eines Langzeitkontos
Wenn es also im Bereich des TVÖD keine Altersteilzeit mehr
gibt oder unattraktiv geworden ist, was kann man sonst noch vereinbaren, um
flexibel vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu gehen?
Im § 10 Abs. 6 des TVÖD-VKA gibt es folgende Regelung:
"Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer die Einrichtung eines Langzeitkontos vereinbaren. In diesem Fall ist der Betriebs-/Personalrat zu beteiligen und – bei Insolvenzfähigkeit des Arbeitgebers – eine Regelung zur Insolvenzsicherung zu treffen."
Von einem Arbeitszeitkonto sollte man an dieser Stelle
besser nicht sprechen. Es geht weder um einen Arbeitszeitkorridor (§ 6 Abs. 6) noch
um eine Rahmenzeit (§ 6 Abs. 7), welche die flexible Gestaltung der Arbeitszeit
ermöglicht. Es geht vielmehr um ein Zeitwertkonto (Zeit hat einen Wert),
speziell vereinbart zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um zum Beispiel Überstunden,
Urlaubstage oder auch Teile des Gehalts für zukünftige Freistellungsphasen
anzusparen. Die Möglichkeit des gezielten Ansparens steht damit im Vordergrund.
Und mit dem gezielten Ansparen kann beispielsweise ein längerer Urlaub, eine
Art Vorruhestand oder ein sogenanntes “Sabbatical”
gemeint sein.
Die Funktionsweise ist aber sehr simpel. Im “täglichen”
Arbeitszeitkonto werden die üblichen Mehr- und Minderstunden gebucht, die dann
auf Wunsch des Arbeitnehmers umgebucht werden auf das Langzeitkonto. Die
Umbuchung erfolgt zwar in Stunden, die Bewertung dieser Verbindlichkeit für den
Arbeitgeber muss allerdings in Geld geschehen. Die spätere Verwendung würde
dann entweder in Zeit oder in Form einer (Wertguthaben-) Ausschüttung
passieren.
Die Gestaltung eines Wertguthabens
Wie bei einem Altersteilzeit-Wertguthaben wird es keine
Verzinsung geben. Wenn die zukünftige Verwendung in Zeit gewährleistet ist, “verzinst”
sich das Zeitguthaben jedoch über die Tariferhöhungen. Das aber sollte
unbedingt in der Individualvereinbarung so stehen, damit die zwischenzeitliche
Entwicklung der tariflichen Entgelte (dynamisierend) mitgenommen wird. Und damit
zeigt sich, warum ein Betriebs- oder Personalrat beteiligt werden muss. Die
Beteiligten müssen mindestens folgende Sachverhalte klären:
·
Wie kann das Wertguthaben aufgebaut werden? –
nur mit entsprechendem Zeitguthaben (Stunde für Stunde, Tag für Tag) oder auch
mittels Einbringung eines fälligen Arbeitsentgelts (wie werden Stunden dann
bewertet)?
·
Wie wird das Wertguthaben weitergeführt? – als
ein Zeitguthaben oder als ein „ausschüttbarer“ Geldwert, und wie wird darüber
unterrichtet?
·
Für welche Zwecke kann das Wertguthaben
verwendet werden? – nur als Zeitguthaben oder per Ausschüttung (sofort oder in
Raten)?
·
Wie und wann ist die Zweckverwirklichung anzukündigen?
– welche Fristen sind zu beachten und kann aus betrieblichem Interesse ein
Antrag abgelehnt werden (was ist ein betriebliches Interesse bei Ausschüttung)?
·
Kann es eine Übertragung auf Dritte geben? –
beispielsweise bei Kündigung.
·
Kann man sich arbeitsunfähig melden in der
Freistellungsphase und erhält man die Zeit erstattet?
Den dritten Punkt, die Insolvenzsicherung bzw.
Insolvenzschutz, kennt man unter anderem aus § 8a AltTZG oder §§ 7b SGB IV. Mit
dem Langzeitkonto entsteht jedenfalls eine sogenannte Wertguthabenvereinbarung,
die ausgestaltet werden muss, die aber auch einschließlich des darauf
entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu führen
wäre (§ 7d Abs. 1 SGB IV); interessant dabei ist, dass der Insolvenzschutz
entsprechend der Vorschriften über die Anlage der Vermögenswerte “... mit der
Maßgabe, dass eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds bis zu einer Höhe von 20
Prozent zulässig und ein Rückfluss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des
Wertguthabens mindestens in der Höhe des angelegten Betrages gewährleistet ist”
erfolgen kann (Abs. 3). Andere Formen der Wertsicherung sind ebenfalls möglich:
z.B. Bürgschaften, Fondsmodelle, Versicherungen und verpfändete Depots unter
Treuhandverwaltung.
Ein (voreiliges) Fazit
Kann man also davon sprechen, dass Langzeitkonten eine
Verbesserung darstellen gegenüber Altersteilzeitarbeitsverhältnissen? – es
kommt darauf an.
Vorteile sind:
·
Langzeitkonten können von Anfang an bespart
werden. Ein Zuwarten bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres und weitere
Bedingungen gibt es nicht. Die Jüngeren erfreut es ganz bestimmt.
·
Langzeitkonten sind nicht befristet, wie man es
von Teilzeit- oder Blockmodellen her kennt. Andererseits kann ein Arbeitgeber
in der Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer bestimmen, für wie lange eine
Abstinenz von der Beschäftigung erlaubt ist (Vertragsfreiheit).
·
Langzeitkonten werden zwar nicht verzinst, aber
wenn die Zeitguthaben bestehen bleiben, nehmen sie an der tariflichen
Entwicklung teil; Altersteilzeit-Wertguthaben können das wiederum nicht.
·
Langzeitkonten können flexibel bespart werden.
Nachteile sind:
·
Es gibt keine 20 Prozent Aufstockung.
·
Es gibt auch keine
Zusatz-Rentenversicherungsbeiträge, die die entfallende Hälfte kompensieren würde.
Denkbar ist, dass es noch einige ganz andere Vor- oder
Nachteile gibt. Am besten wäre es, die Beteiligten beraten sich, vielleicht
sogar durch den Arbeitgeberverband oder die Gewerkschaften, um eine gute Lösung
zu finden.
CGS
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Im TVÖD gibt es die Idee eines
Langzeitkontos für Zeitguthaben