Montag, 25. März 2024

Im TVÖD gibt es die Idee eines Langzeitkontos für Zeitguthaben

 Es fing damit an, dass der Tarifvertrag zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) nicht weiter verlängert wurde in der Tarifrunde 2023. Da für Interessierte im Bereich des TVÖD bei manchen Arbeitgebern nur noch das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes angeboten wurde, schaute man sich um und stieß auf den § 10: das Langzeitkonto für Zeitguthaben.

Man könnte das jetzt als den vierten Beitrag in einer Serie zur Altersteilzeit ankündigen. Aber tatsächlich hat diese Frage ein ganz schönes Alleinstellungsmerkmal, auch wenn Ähnlichkeiten bestehen.

 

Die Einrichtung eines Langzeitkontos

Wenn es also im Bereich des TVÖD keine Altersteilzeit mehr gibt oder unattraktiv geworden ist, was kann man sonst noch vereinbaren, um flexibel vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu gehen?

Im § 10 Abs. 6 des TVÖD-VKA gibt es folgende Regelung:

"Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer die Einrichtung eines Langzeitkontos vereinbaren. In diesem Fall ist der Betriebs-/Personalrat zu beteiligen und – bei Insolvenzfähigkeit des Arbeitgebers – eine Regelung zur Insolvenzsicherung zu treffen."

Von einem Arbeitszeitkonto sollte man an dieser Stelle besser nicht sprechen. Es geht weder um einen Arbeitszeitkorridor (§ 6 Abs. 6) noch um eine Rahmenzeit (§ 6 Abs. 7), welche die flexible Gestaltung der Arbeitszeit ermöglicht. Es geht vielmehr um ein Zeitwertkonto (Zeit hat einen Wert), speziell vereinbart zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um zum Beispiel Überstunden, Urlaubstage oder auch Teile des Gehalts für zukünftige Freistellungsphasen anzusparen. Die Möglichkeit des gezielten Ansparens steht damit im Vordergrund. Und mit dem gezielten Ansparen kann beispielsweise ein längerer Urlaub, eine Art Vorruhestand oder ein sogenanntes “Sabbatical” gemeint sein.

Die Funktionsweise ist aber sehr simpel. Im “täglichen” Arbeitszeitkonto werden die üblichen Mehr- und Minderstunden gebucht, die dann auf Wunsch des Arbeitnehmers umgebucht werden auf das Langzeitkonto. Die Umbuchung erfolgt zwar in Stunden, die Bewertung dieser Verbindlichkeit für den Arbeitgeber muss allerdings in Geld geschehen. Die spätere Verwendung würde dann entweder in Zeit oder in Form einer (Wertguthaben-) Ausschüttung passieren.

 

Die Gestaltung eines Wertguthabens

Wie bei einem Altersteilzeit-Wertguthaben wird es keine Verzinsung geben. Wenn die zukünftige Verwendung in Zeit gewährleistet ist, “verzinst” sich das Zeitguthaben jedoch über die Tariferhöhungen. Das aber sollte unbedingt in der Individualvereinbarung so stehen, damit die zwischenzeitliche Entwicklung der tariflichen Entgelte (dynamisierend) mitgenommen wird. Und damit zeigt sich, warum ein Betriebs- oder Personalrat beteiligt werden muss. Die Beteiligten müssen mindestens folgende Sachverhalte klären:

·        Wie kann das Wertguthaben aufgebaut werden? – nur mit entsprechendem Zeitguthaben (Stunde für Stunde, Tag für Tag) oder auch mittels Einbringung eines fälligen Arbeitsentgelts (wie werden Stunden dann bewertet)?

·        Wie wird das Wertguthaben weitergeführt? – als ein Zeitguthaben oder als ein „ausschüttbarer“ Geldwert, und wie wird darüber unterrichtet?

·        Für welche Zwecke kann das Wertguthaben verwendet werden? – nur als Zeitguthaben oder per Ausschüttung (sofort oder in Raten)?

·        Wie und wann ist die Zweckverwirklichung anzukündigen? – welche Fristen sind zu beachten und kann aus betrieblichem Interesse ein Antrag abgelehnt werden (was ist ein betriebliches Interesse bei Ausschüttung)?

·        Kann es eine Übertragung auf Dritte geben? – beispielsweise bei Kündigung.

·        Kann man sich arbeitsunfähig melden in der Freistellungsphase und erhält man die Zeit erstattet?

Den dritten Punkt, die Insolvenzsicherung bzw. Insolvenzschutz, kennt man unter anderem aus § 8a AltTZG oder §§ 7b SGB IV. Mit dem Langzeitkonto entsteht jedenfalls eine sogenannte Wertguthabenvereinbarung, die ausgestaltet werden muss, die aber auch einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu führen wäre (§ 7d Abs. 1 SGB IV); interessant dabei ist, dass der Insolvenzschutz entsprechend der Vorschriften über die Anlage der Vermögenswerte “... mit der Maßgabe, dass eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds bis zu einer Höhe von 20 Prozent zulässig und ein Rückfluss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens mindestens in der Höhe des angelegten Betrages gewährleistet ist” erfolgen kann (Abs. 3). Andere Formen der Wertsicherung sind ebenfalls möglich: z.B. Bürgschaften, Fondsmodelle, Versicherungen und verpfändete Depots unter Treuhandverwaltung.

 

Ein (voreiliges) Fazit

Kann man also davon sprechen, dass Langzeitkonten eine Verbesserung darstellen gegenüber Altersteilzeitarbeitsverhältnissen? – es kommt darauf an.

Vorteile sind:

·        Langzeitkonten können von Anfang an bespart werden. Ein Zuwarten bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres und weitere Bedingungen gibt es nicht. Die Jüngeren erfreut es ganz bestimmt.

·        Langzeitkonten sind nicht befristet, wie man es von Teilzeit- oder Blockmodellen her kennt. Andererseits kann ein Arbeitgeber in der Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer bestimmen, für wie lange eine Abstinenz von der Beschäftigung erlaubt ist (Vertragsfreiheit).

·        Langzeitkonten werden zwar nicht verzinst, aber wenn die Zeitguthaben bestehen bleiben, nehmen sie an der tariflichen Entwicklung teil; Altersteilzeit-Wertguthaben können das wiederum nicht.

·        Langzeitkonten können flexibel bespart werden.

Nachteile sind:

·        Es gibt keine 20 Prozent Aufstockung.

·        Es gibt auch keine Zusatz-Rentenversicherungsbeiträge, die die entfallende Hälfte kompensieren würde.

Denkbar ist, dass es noch einige ganz andere Vor- oder Nachteile gibt. Am besten wäre es, die Beteiligten beraten sich, vielleicht sogar durch den Arbeitgeberverband oder die Gewerkschaften, um eine gute Lösung zu finden.

CGS

 

 

 

Bild zum Beitrag vom BING Image Creator erzeugt.

Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich reihum auf die übrigen Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren und ist ein guter Motivator für mich.

Möchten Sie was sagen?

Schreiben Sie mir eine E-Mail – Ihre Meinung hilft mir, meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine E-Mail-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.

 

Im TVÖD gibt es die Idee eines Langzeitkontos für Zeitguthaben