Mittwoch, 6. März 2024

Altersteilzeit im Bereich des TVÖD (Teil 1)

[Hinweis: Das folgende betrifft TVÖD-Arbeitgeber bzw. solche, die mittelbar vom VKA vertreten werden.]

Weil der Tarifvertrag zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) nicht weiter verlängert wurde in der Tarifrunde 2023, entstand nun ein Problem bei denjenigen, die noch schnell und mal eben einen Altersteilzeitvertrag für die Zeit beginnend nach dem Kalenderjahr 2022 vereinbart hatten; also mit anderen Worten: Altersteilzeit sollte im Jahr 2023 beginnen.

Diese Verträge wären zurückzunehmen – von beiden Seiten.

Dies ist der erste Beitrag aus einer Serie, die sich mit der Altersteilzeit näher befasst. Im dritten Teil werden dann die Quellen aufgeführt. 

 

Das Ende der tariflichen Bestimmungen zur Altersteilzeit und Altersarbeitszeit

Altersteilzeit findet sich nicht im TVÖD. Altersteilzeit entstand als Gesetz im Jahr 1996 (AltTZG) und wurde mit einem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit in 1998 (TV ATZ; mit Änderungen in 1999 und 2000) zwischen dem Bund und den Verbänden der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL mit dem TV-L) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA mit dem TVÖD) sowie den vertragsschließenden Gewerkschaften fortentwickelt (und den weiteren Tarifwerken BAT, MTArb, BMTG, TV Arb-Ostdeutsche Sparkassen). Gemeinsames Ziel war es, den gleitenden Übergang älterer Beschäftigter vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen und auf diese Weise vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen eine Beschäftigung zu ermöglichen.

Aber weil man mit dem TV ATZ ein wenig haderte, wurde eine Nachfolgeregelung im Geltungsbereich des TVÖD mit dem TV FlexAZ ersonnen (interessant ist in dem Zusammenhang übrigens, dass der TV ATZ mit Ablauf des Jahres 2009 keineswegs außer Kraft trat, sondern weiterhin fortgilt). Der TV FlexAZ enthält in § 15 Abs. 2 eine Befristung auf den 31.12.2022. Beschäftigte, die nun bis zu diesem Datum sowohl die tariflichen Voraussetzungen erfüllten als auch ein entsprechendes Beschäftigungsverhältnis zur Altersteilzeit noch vor dem 1.1.2023 begonnen hatten, werden weiterhin von den Bestimmungen aus dem Tarifvertrag erfasst. Für alle anderen, die erst danach (!) in Altersteilzeit gehen wollten, fehlt es von daher an einer tariflichen Grundlage. Altersteilzeit kann also nur noch nach dem Altersteilzeitgesetz vereinbart werden.

Die Regelungen im TV FlexAZ zur “flexiblen Altersarbeitszeit (FALTER)” sind ebenfalls nicht mehr wirksam. Mit diesem Modell zur Altersarbeitszeit (keine Altersteilzeitarbeit!) sollten Beschäftigte die Möglichkeit erhalten, mittels einer Teilrente “in Höhe von höchstens 50 Prozent der jeweiligen Altersrente” eine reduzierte und gleichzeitig verlängerte Beschäftigung zu vereinbaren. Diese Vereinbarung würde sich erstrecken in einem Zeitrahmen von zwei Jahren vor und nach Erreichen des Zeitpunkts zum Erhalt einer abschlagsfreien Altersrente (§ 13 TV FlexAZ). Nichtsdestotrotz können gem. § 42 Abs. 3 SGB VI Beschäftigte mit der Absicht zur Inanspruchnahme von Teilrente die Möglichkeiten mit dem Arbeitgeber erörtern.

Kurz gesagt, es gelten ab dem Kalenderjahr 2023 nur noch die bundesgesetzlichen Bestimmungen für Beschäftigte im Geltungsbereich eines TVÖD. Arbeitsverträge, die noch in 2023 vereinbart wurden, wären somit unwirksam.

 

Keine Mitbestimmungsmöglichkeiten, alles nur noch freiwillig

Mit dem Wegfall der tariflichen Regelungen für Altersteil- und Altersarbeitszeitverhältnisse ab dem Kalenderjahr 2023 ist nun nicht automatisch ein Recht des Betriebsrates auf Mitbestimmung auferstanden; in § 87 Abs. 1 BetrVG lassen sich keine Angelegenheiten finden, die eine Mitbestimmung zulassen würden (siehe dazu beispielsweise Abs. 1 S. 1 Nr. 2).

Aus der mir (in Auszügen) bekannten Literatur wird dagegen auf eine Entscheidung des BVG Bezug genommen und gesagt, dass ein derartiges Mitbestimmungsrecht für einen Personalrat nur bei Einstellung vorgesehen ist (12.6.2001, BVerwG P 11.00 = ZTR 2001, S. 531 f.; mit Auslegung von § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG; gefunden in LANGENBRINCK et al. „Altersteilzeit im Öffentlichen Dienst für Tarifbeschäftigte“, 5. Auflage, S. 166, RNr 11 f.). Daneben gibt es den Hinweis, dass eine Vereinbarung zum Altersteilzeitarbeitsverhältnis „eher mit der Vereinbarung eines Auflösungsvertrags vergleichbar“ wäre (a.a.O., RNr. 12).

Auch der Verweis auf § 77 Abs. 3 BetrVG geht ins Leere, weil mit dem ungekündigten TV FlexAZ ein Tarifvertrag besteht, der die Arbeitsbedingungen regelt (§ 2 TV FlexAZ in Verbindung mit dem AltTZG) und auf diese Weise eine Sperrwirkung für andere (tarifliche) Regelungen entsteht.

Die Formulierung in § 2 Abs. 2 S. 2 AltTZG (in Bezug auf Satz 1 Nr. 1) und folgende kann ebenfalls nicht so verstanden werden, dass nun ein TVÖD-Arbeitgeber die Möglichkeit zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen hat. Satz 2 ermöglicht ein solches Vorgehen nur “nicht tarifgebundenen Arbeitgebern” im Geltungsbereich eines Tarifvertrags, aber der nicht gekündigte Zustand des TV FlexAZ verhindert dies; oder anders gesagt, im Bereich des TVÖD sind Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit getroffen worden (“eine Verteilung soll es nicht mehr geben”), so dass eine Betriebsvereinbarung oder eine andere schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach dem Altersteilzeitgesetz nicht verlangt werden kann (Umkehrschluss zu Satz 5).

Ein Arbeitgeber kann, muss aber nicht Altersteilzeit (oder Altersarbeitszeit) vereinbaren. Im AltTZG finden sich keine Bestimmungen, die einen Anspruch des Beschäftigten begründen oder eine Quote für den Abschluss festlegen (vgl. dazu das mit den “2,5 %” aus § 4 Abs. 2 TV FlexAZ). Allerdings muss bei einem Antrag von einem Beschäftigten der Arbeitgeber die Gleichbehandlung sicherstellen. Am besten geht dies, wenn es einheitliche Richtlinien gibt, die vorab das weitere Verfahren bestimmen. Obwohl die “freie Entscheidung” des Arbeitgebers in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG betont wird (im Falle der Altersarbeitszeit wäre es sinngemäß § 42 Abs. 3 S. 2 SGB VI), bedeutet das nicht, dass willkürlich über Anträge entschieden wird.

Hilfreich wäre es gewesen, wenn die Tarifparteien sich per Stellungnahme erklärt hätten. Damit wird es wohl den Betriebsparteien überlassen, wobei es keinen Anspruch auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung gibt. Nichtsdestotrotz sollte ein Arbeitgeber eine interne Regelung (Richtlinie) bereithalten.

[Fortsetzung folgt]

CGS

 

 

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