[Hinweis: Das folgende betrifft TVÖD-Arbeitgeber bzw. solche, die mittelbar vom VKA vertreten werden.]
Weil der
Tarifvertrag zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte (TV
FlexAZ) nicht weiter verlängert wurde in der Tarifrunde 2023, entstand nun ein
Problem bei denjenigen, die noch schnell und mal eben einen
Altersteilzeitvertrag für die Zeit beginnend nach dem Kalenderjahr 2022
vereinbart hatten; also mit anderen Worten: Altersteilzeit sollte im Jahr 2023
beginnen.
Diese Verträge wären
zurückzunehmen – von beiden Seiten.
Dies ist der erste Beitrag aus einer Serie, die sich mit der Altersteilzeit näher befasst. Im dritten Teil werden dann die Quellen aufgeführt.
Das Ende der tariflichen Bestimmungen zur Altersteilzeit und Altersarbeitszeit
Altersteilzeit findet sich nicht im TVÖD. Altersteilzeit
entstand als Gesetz im Jahr 1996 (AltTZG) und wurde mit einem Tarifvertrag zur
Regelung der Altersteilzeitarbeit in 1998 (TV ATZ; mit Änderungen in 1999 und
2000) zwischen dem Bund und den Verbänden der Arbeitgeber des öffentlichen
Dienstes Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL mit dem TV-L) und der
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA mit dem TVÖD) sowie den
vertragsschließenden Gewerkschaften fortentwickelt (und den weiteren
Tarifwerken BAT, MTArb, BMTG, TV Arb-Ostdeutsche Sparkassen). Gemeinsames Ziel
war es, den gleitenden Übergang älterer Beschäftigter vom Erwerbsleben in den
Ruhestand zu ermöglichen und auf diese Weise vorrangig Auszubildenden und
Arbeitslosen eine Beschäftigung zu ermöglichen.
Aber weil man mit dem TV ATZ ein wenig haderte, wurde eine
Nachfolgeregelung im Geltungsbereich des TVÖD mit dem TV FlexAZ ersonnen
(interessant ist in dem Zusammenhang übrigens, dass der TV ATZ mit Ablauf des
Jahres 2009 keineswegs außer Kraft trat, sondern weiterhin fortgilt). Der TV
FlexAZ enthält in § 15 Abs. 2 eine Befristung auf den 31.12.2022. Beschäftigte,
die nun bis zu diesem Datum sowohl die tariflichen Voraussetzungen erfüllten
als auch ein entsprechendes Beschäftigungsverhältnis zur Altersteilzeit noch
vor dem 1.1.2023 begonnen hatten, werden weiterhin von den Bestimmungen aus dem
Tarifvertrag erfasst. Für alle anderen, die erst danach (!) in Altersteilzeit
gehen wollten, fehlt es von daher an einer tariflichen Grundlage.
Altersteilzeit kann also nur noch nach dem Altersteilzeitgesetz vereinbart
werden.
Die Regelungen im TV FlexAZ zur “flexiblen Altersarbeitszeit
(FALTER)” sind ebenfalls nicht mehr wirksam. Mit diesem Modell zur
Altersarbeitszeit (keine Altersteilzeitarbeit!) sollten Beschäftigte die Möglichkeit
erhalten, mittels einer Teilrente “in Höhe von höchstens 50 Prozent der
jeweiligen Altersrente” eine reduzierte und gleichzeitig verlängerte Beschäftigung
zu vereinbaren. Diese Vereinbarung würde sich erstrecken in einem Zeitrahmen
von zwei Jahren vor und nach Erreichen des Zeitpunkts zum Erhalt einer
abschlagsfreien Altersrente (§ 13 TV FlexAZ). Nichtsdestotrotz können gem. § 42
Abs. 3 SGB VI Beschäftigte mit der Absicht zur Inanspruchnahme von Teilrente
die Möglichkeiten mit dem Arbeitgeber erörtern.
Kurz gesagt, es gelten ab dem Kalenderjahr 2023 nur noch die
bundesgesetzlichen Bestimmungen für Beschäftigte im Geltungsbereich eines TVÖD.
Arbeitsverträge, die noch in 2023 vereinbart wurden, wären somit unwirksam.
Keine Mitbestimmungsmöglichkeiten, alles nur noch freiwillig
Mit dem Wegfall der tariflichen Regelungen für Altersteil-
und Altersarbeitszeitverhältnisse ab dem Kalenderjahr 2023 ist nun nicht
automatisch ein Recht des Betriebsrates auf Mitbestimmung auferstanden; in § 87
Abs. 1 BetrVG lassen sich keine Angelegenheiten finden, die eine Mitbestimmung
zulassen würden (siehe dazu beispielsweise Abs. 1 S. 1 Nr. 2).
Aus der mir (in Auszügen) bekannten Literatur wird dagegen
auf eine Entscheidung des BVG Bezug genommen und gesagt, dass ein derartiges
Mitbestimmungsrecht für einen Personalrat nur bei Einstellung vorgesehen ist
(12.6.2001, BVerwG P 11.00 = ZTR 2001, S. 531 f.; mit Auslegung von § 75 Abs. 1
Nr. 1 BPersVG; gefunden in LANGENBRINCK et al. „Altersteilzeit im Öffentlichen
Dienst für Tarifbeschäftigte“, 5. Auflage, S. 166, RNr 11 f.). Daneben gibt es
den Hinweis, dass eine Vereinbarung zum Altersteilzeitarbeitsverhältnis „eher
mit der Vereinbarung eines Auflösungsvertrags vergleichbar“ wäre (a.a.O., RNr.
12).
Auch der Verweis auf § 77 Abs. 3 BetrVG geht ins Leere, weil
mit dem ungekündigten TV FlexAZ ein Tarifvertrag besteht, der die
Arbeitsbedingungen regelt (§ 2 TV FlexAZ in Verbindung mit dem AltTZG) und auf
diese Weise eine Sperrwirkung für andere (tarifliche) Regelungen entsteht.
Die Formulierung in § 2 Abs. 2 S. 2 AltTZG (in Bezug auf
Satz 1 Nr. 1) und folgende kann ebenfalls nicht so verstanden werden, dass nun
ein TVÖD-Arbeitgeber die Möglichkeit zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen hat.
Satz 2 ermöglicht ein solches Vorgehen nur “nicht tarifgebundenen Arbeitgebern”
im Geltungsbereich eines Tarifvertrags, aber der nicht gekündigte Zustand des
TV FlexAZ verhindert dies; oder anders gesagt, im Bereich des TVÖD sind
Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit getroffen worden (“eine Verteilung
soll es nicht mehr geben”), so dass eine Betriebsvereinbarung oder eine andere
schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach dem
Altersteilzeitgesetz nicht verlangt werden kann (Umkehrschluss zu Satz 5).
Ein Arbeitgeber kann, muss aber nicht Altersteilzeit (oder
Altersarbeitszeit) vereinbaren. Im AltTZG finden sich keine Bestimmungen, die
einen Anspruch des Beschäftigten begründen oder eine Quote für den Abschluss
festlegen (vgl. dazu das mit den “2,5 %” aus § 4 Abs. 2 TV FlexAZ). Allerdings
muss bei einem Antrag von einem Beschäftigten der Arbeitgeber die
Gleichbehandlung sicherstellen. Am besten geht dies, wenn es einheitliche
Richtlinien gibt, die vorab das weitere Verfahren bestimmen. Obwohl die “freie
Entscheidung” des Arbeitgebers in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG betont wird (im Falle
der Altersarbeitszeit wäre es sinngemäß § 42 Abs. 3 S. 2 SGB VI), bedeutet das
nicht, dass willkürlich über Anträge entschieden wird.
Hilfreich wäre es gewesen, wenn die Tarifparteien sich per
Stellungnahme erklärt hätten. Damit wird es wohl den Betriebsparteien überlassen,
wobei es keinen Anspruch auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung gibt.
Nichtsdestotrotz sollte ein Arbeitgeber eine interne Regelung (Richtlinie)
bereithalten.
…
[Fortsetzung folgt]
CGS
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Altersteilzeit im Bereich des TVÖD (Teil
1)