Donnerstag, 3. April 2014

Die BGB-Eingliederungshilfe

Die Sozialhilfe basiert auf dem Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Unter Bedarfsgerechtigkeit versteht man eine für jeden Bedürftigen ausreichende Bedarfsabdeckung mit dem dafür erforderlichen Einkommen. Da aber nicht alle Bedürftigen in der Lage sind, ein Einkommen zu generieren, mit dem ihre Bedarfe abgedeckt werden können, muss die Gemeinschaft für einen Ausgleich sorgen. Der Ausgleich erfolgt allerdings nur bis zur Höhe der erforderlichen Bedarfsabdeckung (und nicht darüber hinaus).

Daraus folgt weiter, dass bei jedem Einzelfall genau geprüft werden muss, ob ein Leistungsanspruch besteht und wie dieser Leistungsanspruch unter Schonung des Vermögens der Gemeinschaft erbracht werden kann. Die Leistungserbringung könnte dabei als Sach- oder Geldleistung erbracht werden, tatsächlich gibt es immer nur eine Sachleistung (und dazu zählen auch Dienstleistungen, die auf Rechnung des Leistungsträgers erfolgen). 

Obwohl es seit geraumer Zeit ein sogenanntes „Persönliches Budget“ gibt und damit Leistungsberechtigte die Möglichkeit haben, individuelle Leistungen quasi einzukaufen, folgt daraus nicht zwingend die Weitergabe von Geld an die Leistungsberechtigten. Die Leistungsberechtigten erhalten eine Art Gutschein (in Form eines Leistungsbescheides), den sie bei einem empfangsberechtigten Dritten gegen eine Sachleistung (z.B. eine Dienstleistung) eintauschen können. Und das heißt wiederum, dass der empfangsberechtigte Dritte (als Leistungserbringer) den Gutschein nur gegen eine Sachleistung bzw. Dienstleistung empfangen kann, die vorher mit dem Leistungsträger der Sozialhilfe abgestimmt worden ist. Von daher ist eine „Leistungsvereinbarung“ (vgl. § 75 Abs. 3 sowie § 76 Abs. 1 SGB XII) eine Grundvoraussetzung – ohne geht es also nicht.

Wenn ein Leistungsberechtigter (d.h. Anspruchsberechtigter oder Empfänger von Sozialleistungen) an einen Leistungserbringer (d.h. Einrichtungsträger) herantritt und Leistungen erhält, die von einem Leistungsträger (d.h. Sozialhilfe-Träger, Kreissozialamt usw.) bezahlt werden (denn es gibt ja eine Sachleistung!), dann entsteht ein Leistungsdreieck mit 3 Parteien.

Nun stellt sich allerdings die Frage, ob dieses Leistungsdreieck aufgebrochen werden kann und damit ein zweiseitiges Vertragsverhältnis entsteht, in dem es nur die Beziehungen gibt:

Leistungsberechtigter zu Leistungserbringer, und
Leistungsberechtigter zu Leistungsträger.

Auf welcher Rechtsgrundlage bzw. in welchem Rechtsraum bewegt sich so ein Beziehungsverhältnis? Könnte ein Leistungsberechtigter einen sozialhilferechtlichen Anspruch an den Leistungsträger stellen, dieser aber ohne Leistungsvereinbarung (und damit außerhalb der Formvorschriften des SGB XII) eine Leistungserbringung abrechnen? 

Da die Leistungsvereinbarung eine zentrale Bedeutung einnimmt in den §§ 75 ff. SGB XII, wäre dies m.E. der Knackpunkt für die Bestimmung der rechtlichen Grundlagen. Fehlt die Leistungsvereinbarung beispielsweise, fehlt auch die Schiedsstellenbefähigung für den Leistungserbringer; Vergütungen könnten nicht in einem „verkürzten“ Verfahren mit wechselseitiger Bindung schiedsmäßig vereinbart werden. In der Konsequenz müssen Leistungserbringer mangels einer Leistungsvereinbarung dann den sozialgerichtlichen Weg gehen (vgl. § 54 Abs. 4 SGG, allgemeine Leistungsklage).

Die Alternative wäre ein Leistungsverzeichnis, wie es z.B. im Bauhandwerk gang und gäbe ist. Und der rechtliche Rahmen würde durch das BGB gesetzt werden -- mithin die BGB-Eingliederungshilfe.


CGS