In meinem ersten Beitrag hatte ich über die Anfänge einer
Diskussion über Trägerbudgets (in Hamburg) geschrieben. Dann befand ich, dass die
nun bekannten und scheinbar praktizierten zwei Vergütungsmodelle, nämlich die Einzelkalkulation
auf Grundlage von Leistungstypen wie auch solche Trägerbudgets, nebeneinander her
vom Sozialhilfeträger jedem Träger angeboten werden sollten. Nun möchte ich das
Thema von einer anderen Perspektive betrachten.
Das Ideal einer Vergütung wäre personenorientiert und
leistungsgerecht. Eine solche Vergütung könnte ohne weiteres verglichen werden
mit den unterschiedlichen Leistungsbereichen stationär, teilstationär und
ambulant einerseits und der Qualität der jeweiligen Leistung (z.B. hohe
Fachkraftquote, strukturelle Besonderheiten) andererseits. Die heutigen
Vergütungen in der Einzelkalkulation sind aber Resultate von langwierigen
Verhandlungen, die mittlerweile keine Aussagekraft über Inhalt der Leistung
entfalten; leider glauben Sozialhilfeträger anscheinend noch immer, dass sie
mit einer Absenkung in der Kostenposition „Sachaufwand, Büromaterial“ eine
Steuerung vorgenommen haben. In Wirklichkeit ist ein Einrichtungsträger nicht
in der Lage, gezielt eine Absenkung einzelner Kosten um x % vorzunehmen.
Die Kalkulation nach Leistungstypen ist also nach wie vor
das Ziel, bedeutet aber für den Sozialhilfeträger auch, dass eine Steuerung des
Aufwands überhaupt nicht möglich ist. Da die Fallzahlen seit 2000 bundesweit
von 414.000 auf 630.000 Menschen im Jahr 2010 gestiegen sind (plus 54 %),
ergibt sich hier ein enormes Risiko. Immerhin konnten die Aufwendungen pro
Leistungsberechtigten gesenkt werden, was aber meiner Ansicht nach eher den neu
hinzugekommenen Menschen geschuldet ist. Zwar stiegen die Gesamtaufwendungen im
Zeitraum 2000 bis 2010 von 8.321,6 Mio. EUR auf 12.481,3 Mio. (vgl. Seite 3 der
Entschließung des Bundesrates zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes vom
22. März 2013), was einer Steigerung um 50 % entspricht, darin enthalten ist
auch ein Anteil für allgemeine Preis- und Tarifsteigerungen (ca. 17 % und 26 % –
eigene Berechnungen). Das
Bundesleistungsgesetz wird nicht vor 2018 in Kraft treten, von daher ist ein
Kostenmanagement dringend nötig.
Die Haushaltskonsolidierung zwingt die öffentlichen Sozialhilfeträger
dazu, Teil-Etats einzufrieren und Vergütungen zu deckeln. Dass man in so einem
Umfeld noch von leistungsgerechten und auskömmlichen Vergütungen spricht, wenn früher
schon die Vergütungen auf „Kante“ vereinbart wurden, wirkt zynisch. In 2013
versuchte zwar die Stadt Hamburg mit einer Begrenzung der Ausgabenerhöhung um
0,88 % wenigstens einen Ausgleich für die Einrichtungsträger zu schaffen, doch
bei Tarifabschlüssen im Bereich des TVöD von 3,5 % in 2012 und zweimal 1,4 % in
2013 sind solche Begrenzungen kein wirklicher Trost – man bedenke: mindestens
70 % der Vergütung entfallen i.d.R. auf die Personalkosten, Tendenz steigend.
Aus Sicht der Stadt ließe sich somit ein „Einfrieren“ des
Etats für die Eingliederungshilfe am allerbesten im Wege eines „Gesamtbudgets
für die Trägergemeinschaft“ bewerkstelligen. Die Weiterverteilung eines solchen
Gesamtbudgets auf die einzelnen Einrichtungsträger müsste mithilfe des
Instruments der Gegenseitigen Deckungsfähigkeit bemüht werden, was aber in einer
von Konkurrenz und wirtschaftlichen Überlebenskampf geprägten Trägerlandschaft
keine Option darstellt.
Dagegen hätte man mit der Vereinbarung eines „Trägerbudgets“
auf Basis von Umsatzerlösen ein Mittel, mit der die Bedürfnisse der
konkurrierenden Träger nicht unmittelbar berührt werden. Im Effekt bedeutet aber
jeder Abschluss eines Trägerbudgets, dass für den Rest der Einrichtungsträger
ein kleineres Stück vom „Kuchen“ übrig bleibt. Für den Einrichtungsträger
selber ergibt sich ggf. nur das Problem der Internen Deckungsfähigkeit, welche
aber durch eigene, interne Maßnahmen zur Kosteneinsparung möglicherweise
aufgefangen werden können.
Kleinteiligere Budgets auf Grundlage von einzelnen,
abgegrenzten Leistungsbereichen oder sogar „Sozialraumbudgets“ stellen
ebenfalls Alternativen dar, würden aber vermutlich kein Einsparungspotential
generieren. Bestenfalls könnte man mit solchen Budgets neue Modelle der
Eingliederungshilfe ausprobieren und testen.
Allen Budget-Formen gemein ist, dass mit ihnen eine große
Pauschalierung im Angesicht steigender Fallzahlen vorgenommen wird. Da die
Einrichtungsträger keine Aussicht auf Steigerung der Umsatzerlöse haben, müssen
neue Maßnahmen ersonnen werden, mit denen der interne Mehr-Bedarf abgedeckt
werden kann. Mit „internen Mehr-Bedarf“ ist gemeint, dass der bereits
bestehende Kundenstamm zum Zeitpunkt der Budget-Vereinbarung einen noch
niedrigen Bedarf hatte, aber im Zeitverlauf dieser Bedarf steigen wird. Kein
Einrichtungsträger wird die durch Sparmaßnahmen erzielten Effizienzsteigerungen
über zusätzliche Neukunden aufzehren lassen, sondern in erster Linie ein
ausgeglichenes Jahresergebnis im Sinne eines Target-Costing erreichen wollen.
Um diese Entwicklungsmöglichkeiten wissen natürlich die
Sozialhilfeträger, so dass beständig Gespräche mit den Einrichtungsträgern geführt
werden müssen. Dies ist nicht nur ein hoher Aufwand auf (städtischer)
Leitungsebene, sondern hierin liegt das Risiko der Sozialhilfeträger. Trägerbudgets
können also nur dann abgeschlossen werden, wenn die jeweiligen
Einrichtungsträger (oder Trägergemeinschaft) etwas von Interesse anbieten
können und von sich aus im Gespräch bleiben wollen (d.h. Transparenz).
Das größte Interesse zeigt die Stadt nach wie vor bei der
Umwandlung stationärer Angebote. Es wird unterstellt, dass Leistungen im
stationären Bereich grundsätzlich teurer sind, als ambulante Angebote. Dies mag
isoliert betrachtet für die Eingliederungshilfe richtig sein, gesamtfiskalisch
werden Kosten von einem Etat in den anderen verschoben oder die Lasten auf
weitere Sozialhilfeträger verteilt (z.B. Krankenkassen). Trotzdem ist dies nach
wie vor das erklärte Ziel, so dass man hierüber ins Gespräch über ein
Trägerbudget kommen kann.
Ein Mehr an Transparenz verhilft den Sozialhilfeträgern
dazu, ein besseres Verständnis zu entwickeln und beteiligt zu sein bei der
Schaffung neuer Angebote. Auch wird die strukturelle Auslastung in ansonsten
unterschiedlich stark frequentierten Gebieten (Bezirken) verbessert. Ganz
besonders profitiert die Verwaltung von der Kenntnis über erfolgreich
umgesetzte personelle Einsparungen, sodass der tatsächlich erforderliche
personelle Bedarf quasi abgelesen werden kann.
Die bisherige Betrachtung der unterschiedlichen
Budget-Formen hat sich lediglich auf den Einsatz in einem städtischen Szenario
bezogen. In Flächenländern, wie z.B. Schleswig-Holstein, könnten ganz andere Notwendigkeiten
und Zwänge das Für und Wider bestimmen. Was im Endeffekt richtig oder falsch
ist, müssen die einzelnen Träger entscheiden. Wenn aber Trägerbudgets nicht
mehr sein sollen, dann sehe ich die Gefahr einer Kostenexplosion kommen.
CGS