Dienstag, 15. April 2014

Flat-Rate, Mehrwertdienste und Prime-Membership in der Eingliederungshilfe

Netzbetreiber und Mobilfunk-Dienstleister haben als scheinbare Alternative zu ihren berüchtigten Tarif-Dschungeln dieses Geschäftsmodell populär gemacht und den Begriff im deutschen Sprachgebrauch fest verankert. Andere Geschäftsmodelle wollten dieses Vergütungssystem ebenfalls übernehmen, sind aber gescheitert oder verzeichnen nur einen mäßigen Erfolg (z.B. die Flat-Rate im Sonnenstudio). Nun gibt es, eigentlich gar nicht so neu, Bestrebungen, auch im sozialhilferechtlichen Leistungsdreieck eine "Flat Rate" zu vereinbaren. Nur dort wird sie als "Trägerbudget" angeboten.

Möglich, dass viele Einrichtungsträger und Interessenvertretungen von Leistungsberechtigten genau deswegen das Trägerbudget ablehnen. Schaut man sich die Konzeptionen an, dann kommt einem ein solcher Gedanke, denn es wird eine (Mindest-) Versorgung garantiert unabhängig von der Zahl derjenigen, die diese Versorgung bedürfen. Ob diese Sorgen berechtigt sind, sei vorerst dahingestellt.

Vielmehr stelle ich mir die Frage, ob man nicht als Leistungserbringer einen sogenannten Mehrwertdienst anbieten könnte, um eine Vergütung außerhalb der Vergütungsvereinbarung abzurechnen? Wie steht es mit Leistungen, die sich nicht im Katalog der Eingliederungshilfe wiederfinden?

Was die Eingliederungshilfe ist, das steht u.a. im § 54 SGB XII. Worauf es ankommt ist, dass solche Leistungen, die konkret "nicht" dazugehören, einen Mehrwertdienst begründen könnten.

Doch auch damit wäre eine Prüfung nicht beendet bzw. die Möglichkeit zur Abrechnung eines Mehrwertdienstes nicht gegeben. Wenn nämlich diese Dienstleistung in den funktionalen Gesamtzusammenhang der Maßnahme Eingliederungshilfe hineingehört oder als eine unterstützende Maßnahme in der übergeordneten Zielbetrachtung verstanden werden muss, dann handelt es sich um eine Maßnahme, die mit dem Sozialhilfeträger abgerechnet werden kann (auf die Bedeutung des funktionalen Gesamtzusammenhangs wies das BSG in einem Urteil aus 2008 hin). 

Wenn allerdings kein Kostenträger vorhanden ist, hätte man einen möglicherweise einen Mehrwertdienst. Da aber die Abrechnungsfähigkeit erst durch eine vorangegangene Beauftragung oder Vertrag gegeben ist, scheitert es hier in der Regel. In einer mir bekannten Vergütungsvereinbarung heißt es beispielsweise, dass eine Abrechnung nur dann möglich ist, wenn in den "Besonderen Regelungen" eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung fehlt, und damit auch die Möglichkeit zur Abrechnung von Mehrwertdiensten. Folgerichtig wäre im konkreten Fall eine Abrechnung von Mehrwertdiensten überhaupt nicht möglich.

Ansatzpunkt wäre also wie immer zuerst die Leistungsvereinbarung, die es ja auch in einem Trägerbudget geben würde, mit dem definierten Leistungsumfang. Wenn eine bestimmte Anzahl Plätze, wie in einer Stationären Wohneinrichtung, vereinbart sind, können keine Premium-Plätze oder Mehrwertdienste ohne eine entsprechende Besondere Regelung abgerechnet werden. Wenn dagegen eine bestimmte Summe an Fachleistungsstunden im Jahr pauschal vereinbart wurde, dann könnte ein ganz anderer Preis mit den "Privat- oder Selbstzahlern" vereinbart werden, da die Summe an Fachleistungsstunden sehr wahrscheinlich nur den Zuweisungen des Sozialhilfeträgers vorbehalten ist.

Ob die erbrachte Leistung nun einen "Mehrwert" begründet oder nicht, sei nun auch einmal dahin gestellt. Die konkrete Ausgestaltung in der Leistungs- und / oder Vergütungsvereinbarung eröffnet dagegen erst die Möglichkeit, Vergütungen von Privat- oder Selbstzahlern zu fordern, die höher liegt, als die mit dem Sozialhilfeträger vereinbarten Sätze.

Natürlich hätte man mit einer solchen Vereinbarung faktisch eine Prime-Membership neben der Holzbank-Klasse eingeführt, aber auch Fluglinien berechnen unterschiedliche Preise z.B. innerhalb der Economy-Class auf dem gleichen Flug.

Die abschließende Frage geht also in Richtung Konzeption des Leistungserbringers. Was für ein Preismodell lässt sich kreieren, wenn das Trägerbudget einmal steht?

CGS