Es entspinnt sich ein Streit darüber, ob die „bewilligten“
Stunden, auf die ein Leistungsberechtigter ausweislich des Leistungsbescheids
des Sozialhilfeträgers (Leistungsträgers) Anspruch haben soll, tatsächlich vom Träger
der Einrichtung (Leistungserbringer) zu leisten sind. Hierüber entstehen
heftige Debatten u.a. zwischen Eltern von Leistungsberechtigten und den
Einrichtungsleitungen. Wer hat Recht?
Es geht zuerst einmal um Bedarfe, die in der
Gesamtplankonferenz nach § 58 SGB XII festgestellt werden. Es ist dabei Sache
des Sozialhilfeträgers, den Gesamtplan zur Durchführung der einzelnen
Leistungen aufzustellen, wobei der Leistungsberechtigte die Möglichkeit erhält,
seine persönlichen Wünsche einzubringen. Dass es überhaupt zu einer
Gesamtplankonferenz kommt, hat etwas damit zu tun, dass der
Leistungsberechtigte einen gesetzlich verankerten Leistungsanspruch geltend
machen kann gegenüber dem Sozialhilfeträger (§§ 53, 54 SGB XII).
Es geht in solchen Konferenzen aber nicht um Quantitäten,
sondern um qualitative Inhalte. Als Leistungsberechtigter hat man keineswegs
einen Anspruch auf eine bestimmte Menge an Leistung, sondern an die
Bedarfsdeckung eines Hilfebedarfes. Darum heißt es in § 9 Abs. 1 SGB XII:
„Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.“
Alles zusammen wird dann in einem Individuellen Hilfeplan
(IHP) beschrieben und mit einem Leistungsumfang seitens des Sozialhilfeträgers
bemessen. Dieser Leistungsumfang richtet sich nach den Einschätzungen, die der
Sozialhilfeträger aus der Gesamtplankonferenz gewonnen hat und die mit ähnlich gelagerten
Fällen verglichen werden können – d.h. Gruppen von Leistungsberechtigten mit
vergleichbaren Bedarfen (vgl. auch § 76 Abs. 2 SGB XII).
Während bis zum Übergangsdatum 30.6.2015 noch sogenannte
Hilfeempfänger- oder Hilfebedarfsgruppen (bisher 5) als probate
Kategorisierungen herhalten mussten, werden es demnächst Leistungsstufen bzw.
Leistungsgruppen (nunmehr 4) sein. Wesentliche Neuerung ist bei dieser
Änderung, dass man von Tagessätzen auf Stundensätzen wechselt.
Anscheinend wurde nun bekannt, wie viele Stunden sich
hinter jeder Leistungsstufe bzw. Leistungsgruppe verbergen. Die Eltern von
Leistungsberechtigten folgern daraus, dass diese Stundenzahl, umgerechnet in
Wochenstunden, direkt vom Träger der Einrichtung zu erbringen ist. Einen
solchen Anspruch gibt es nicht, retournieren die Einrichtungsleitungen, da auch
sogenannte Hintergrund- und Allgemeindienste abgedeckt werden müssen. Dahinter
verbergen sich wiederum solche Dienste, zu denen die Bereitstellung,
Organisation, Dokumentation und Planung der Leistungen gehören. Außerdem muss eine
jede Einrichtung Personalressourcen so verwalten, damit über das Jahr gesehen
Urlaubs- und Krankheitszeiten, auch die plötzliche Bereithaltung eines
Notdienstes bei Krankheit des Bewohners, abgedeckt werden. Würde man starr und
unflexibel verfahren und beständig beispielsweise 14 Wochenstunden „am Mann“
ableisten, könnten akute Hilfebedarfe nicht mehr abgedeckt werden.
Es handelt sich also bei diesen Stunden-Mengen um standardisierte
Kalkulationsgrößen, die so auch vom Gesetzgeber in § 76 Abs. 2 SGB XII gewollt
worden sind. Dies hat etwas mit gegenseitiger Deckungsfähigkeit zu tun. Zu
diesem Begriff heißt es in der Wikipedia:
„Deckungsfähigkeit ist ein Begriff aus dem Haushaltsrecht und bedeutet, dass Ausgaben ist im Haushaltsrecht öffentlicher Haushalte ein Instrument, mit dessen Hilfe die sachliche Bindung einzelner Ausgaben an den vorgegebenen Ausgabentitel durchbrochen werden kann, um bei einem Haushaltstitel mehr Ausgaben zu leisten als im Haushaltsplan veranschlagt oder zugewiesen wurde, was jedoch Einsparungen bei einem oder mehreren anderen Titeln voraussetzt.“
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Deckungsfähigkeit)
Also:
Die so bewilligten Stunden sind als eine
Kalkulationsgröße für die Ermittlung der Vergütung zu verstehen und nicht als
die tatsächlich zu erbringende Leistungsmenge, ausgedrückt in Stunden am
Leistungsberechtigten.
Es ist verständlich, dass viele Eltern dies anders sehen
wollen, denn eine bestimmte Menge kann leichter kontrolliert werden, als ein
umschriebener (abstrakter) Hilfebedarf.
CGS
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