Donnerstag, 28. Mai 2015

Schulassistenten und Schulbegleitungen – vorerst wie gehabt?!

Was Schulbegleitungen anbelangt, soll es weitergehen wie bisher, so die zuständige Sozialministerin Frau Kristin Alheit. Zuvor gab es noch einen Offenen Brief der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände vom 21.5.2015, der an die zuständigen Landesministerinnen Kristin Alheit (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung) und Britta Ernst (Ministerium für Schule und Berufsbildung) verschickt und in dem einige Problemfelder angesprochen wurden. In einer Pressemitteilung vom 22.5.2015 wurde dann seitens des Ministeriums für Schule und Berufsbildung endlich das Thema Schulbegleitung und Schulassistenz angesprochen und eine „Lösung“ vorgestellt.

Im besagten Offenen Brief der LAG vom 21.5.2015, wird die jetzige teilweise sehr unterschiedliche Situation an den Schulen des Landes (auf dem Weg zur Inklusiven Schule) wie auch der gestiegene Unterstützungsbedarf für Kinder mit Einschränkungen beschrieben. Es wird zudem bemängelt, dass einzelne Landkreise den Rechtsanspruch auf eine Schulbegleitung in Frage stellen und damit zur Verunsicherung der Eltern beitragen. Bei der Schulsozialarbeit wiederum gibt es wohl endlich Sicherheit bei der Finanzierung, doch die Landesmittel werden den Schulträgern zugewiesen, welche auch die inhaltliche Ausgestaltung bestimmen und somit zu einer uneinheitlichen Handhabung führen. Ein weiteres Thema betrifft die gegenwärtige Diskussion um schulische Assistenz, die zwar eingeführt werden soll, aber es noch immer viele Unklarheiten gibt. Ein anderer Punkt betrifft die unbefriedigende Situation von Schulkinder-Betreuung außerhalb des Unterrichts – für viele vollberufstätige Eltern z.B. eine schwere Belastung. Die freien Wohlfahrtsverbände wünschen sich, dass auch freien Trägern, d.h. Nicht-Schulträgern, die Möglichkeit gegeben wird, entsprechende Leistungsangebote in Kooperation mit den Schulen anzubieten. Hierfür müssen natürlich Rahmenbedingungen ausgearbeitet werden auf Landesebene. Insgesamt betrachtet führt der Aktivismus von Politik und Regierung wohl nicht zum Ziel einer Inklusiven Schule. Die LAG der freien Wohlfahrtsverbände wünscht sich eine kooperative Zusammenarbeit, um dieses Ziel zu erreichen.

Verweigerung von Leistungen, Rechtsunsicherheit, uneinheitliche Ausgestaltung und differierende Konzepte, Schnittstellenprobleme und so weiter und so fort – die Bedarfe steigen, doch die Lösungen erscheinen wie Flickwerk.

Die LAG macht vier Arbeitsbereiche aus (nämlich Schulbegleitung, Schulassistenz, Schulsozialarbeit und außerschulische Betreuungsangebote), die zusammengeführt werden könnten. Und statt dass solche Leistungen vom Schulträger organisiert und bereitgehalten werden müssen, sollen freie Träger mit Erfahrung in der Behindertenhilfe personenzentrierte und bedarfsorientierte Leistungen erbringen. Weil die Leistungen sich auf den jeweiligen, individuellen Bedarf abstellen lassen, müssen die Ressourcen nicht beim Schulträger vorgehalten werden („für den Fall des Falles“), sondern darum kümmern sich die freien Träger – d.h. man bedient sich aus einem Pool von Fach- und Nichtfachkräften, welche ohnehin im Bereich der Behindertenhilfe (Eingliederungshilfe) oder Pflege zur Verfügung stehen.

Hierzu sollen konkret Arbeitsgemeinschaften auf Ebene der Schulbezirke gegründet werden, um die regionalen Bedarfe in den vier vorgenannten Arbeitsbereichen auszumachen und Lösungskonzepte zu entwickeln. Die Leistungen sollen somit gebündelt werden und „aus einer Hand“ erfolgen. Wer Teilnehmer an diesen Arbeitsgemeinschaften wird, bleibt noch ungeklärt. Es wären natürlich mindestens die freien Träger als Leistungserbringer, doch was ist mit der Seite der Leistungsträger bzw. Kostenträger? Schulbegleitung gilt als eine Leistung der Jugend- oder Sozialhilfe, so dass eine gewisse Einflussnahme auf die Ausgestaltung der Maßnahmen zu erwarten wäre. Zudem kann nur dann das Schnittstellenproblem zur pädagogischen Arbeit gelöst werden und auf die Wünsche und Bedürfnisse der Schulen und Lehrer Rücksicht genommen werden, wenn eine entsprechende Beteiligung erfolgt. Nicht vertreten wären sehr wahrscheinlich die Eltern bzw. Betroffene; sie müssten ihre Wünsche und Bedürfnisse über den Umweg der Leistungsträger oder als Mitglieder von Elternvereinigungen oder Träger der freien Wohlfahrtspflege geltend machen.

Am 22.5.2015 folgte dann eine Medien-Information / Pressemitteilung des schleswig-holsteinischen Ministeriums für Schule und Berufsbildung. Es gibt nun eine Verständigung mit dem Gemeindetag und dem Städteverband auf ein gemeinsames Vorgehen. Ab dem 1. August 2015 werden  „überall im Land an den Grundschulen Schulische Assistenzkräfte tätig werden“, heißt es. Die Schulen sollen „im Rahmen eines Optionsmodells“ befähigt werden, solche Kräfte „direkt oder über Träger“ einstellen können. Eine solche Lösung stellt nach Ansicht der zuständigen Ministerin auf die regionalen Verhältnisse ab, erlaubt also an die regionalen bzw. schulischen Bedarfe angepasste Lösungen. Die Sozialministerin Frau Kristin Alheit wird zudem zitiert, dass dabei der Unterstützungsbedarf für jedes Kind verlässlich geschaffen wird, sei es als Schulische Assistenz oder Schulbegleitung oder beides kombiniert. Es heißt weiter:

„Für die Zukunft der Schulbegleitung hat es eine Verständigung über die Fortsetzung des Moratoriums gegeben. Diese wird von den Kreisen und kreisfreien Städten als Sozialhilfe- und Jugendhilfeträger bewilligt.“

Kurz gesagt: Anträge auf Schulbegleitung dürfen weiterhin gestellt und müssen im Bedarfsfall auch genehmigt werden.

Doch jetzt kommt es darauf an, was als Bedarf anzusetzen ist. Die neuen Schulischen Assistenzen sollen nämlich folgendes leisten:

Unterstützung von Schülern im sozialen und emotionalen Bereich mit dem Ziel der Förderung des sozialen Verhaltens und der besseren Integration in den Klassenverband sowie schulischen Teilhabe;

Unterstützung von Lehrkräften sowie Schülern während des Unterrichts;

Unterstützung von Lehrkräften sowie Schülern während des gesamten Schulvormittags einschließlich der Pausen;

Unterstützung von Lehrkräften sowie Schülern bei besonderen Projekten, Ausflügen oder Klassenfahrten, Sporttagen, Schul- und Klassenfesten sowie generell beim Lernen am anderen Ort;

Unterstützung von einzelnen Schülern bei unterrichtsergänzenden Angeboten, um deren Teilnahme zu ermöglichen (z.B. Ganztag, Betreuung, Hausaufgabenhilfe, Arbeitsgemeinschaften);

Punktuelle Unterstützung von Schülern in belastenden Situationen.

Geplant ist eine Abfrage seitens des Bildungsministeriums bei den Schulen, inwieweit diese entsprechende Vorkehrungen treffen können. Ich vermute, dass hierzu die Schulen Gespräche führen müssen mit ihren eigenen Rechtsträgern, den bezirklichen Aufsichten sowie mit den möglichen Leistungs-Anbietern in der Region. Ob es dann zu Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen kommen wird, wie man sie aus dem SGB-XII-Bereich her kennt, ist wahrscheinlich noch gar nicht angedacht worden geschweige denn ausgestaltet.

Es stellt sich auch die Frage, inwieweit die zuständigen Sozialhilfeträger Kostenübernahmen bescheiden werden, wenn die Schulen keine diesbezüglichen Vorkehrungen getroffen haben und entsprechende Landesmittel abgerufen haben – man denke an den vorjährigen LSG-Beschluss!

Und letztlich bleibt noch unklar, wie Eltern für ihre Kinder einen Rechtsanspruch geltend machen können. Sollen sie Leistungen der Eingliederungshilfe bei einem unzuständigen Träger, nämlich der Schule, geltend machen? Kann überhaupt ein individueller Leistungsanspruch formuliert werden und muss dieser wie es in § 9 SGB XII heißt „nach der Besonderheit des Einzelfalles“ erbracht werden?

Meiner Ansicht nach reichen die Lösungsansätze überhaupt nicht aus. Die wichtigste Frage, nämlich wie bekommt man Hilfe zu denjenigen gebracht, welche Hilfe bedürfen, bleibt offen. Und dann weiß noch immer niemand, welche Qualifikationsanforderungen an die Schulischen Assistenten gestellt werden – sollen es Erzieher und / oder sozialpädagogische Assistenten sein? Was ist dann mit den bisherigen Schulbegleitungen, die eine entsprechende Ausbildung gar nicht vorweisen können?

Ich will aber nicht nur kritisieren, sondern schlage nun folgende Lösung vor, weil sie mir probat erscheint.

In einer Gesamtplankonferenz (§ 58 SGB XII) werden Sozialhilfeträger und Schulträger für die Seite der Leistungsträger, der freie Träger als Leistungserbringer sowie die Eltern als rechtliche Betreuer und Sorgeberechtigten des Leistungsberechtigten zusammengebracht. Der Gesamtbedarf wird beschrieben, die Leistungen benannt und die Hilfemaßnahmen geplant (z.B. 10 Wochenstunden Assistenzkraft). Anschließend erfolgt eine Kostenverteilung zwischen Sozialhilfe und Schule, ähnlich der Vorschriften gem. § 92 SGB XII.

CGS



Quellen:

Offener Brief der LAG vom 21.5.2015

Pressemitteilung des schleswig-holsteinischen Ministeriums für Schule und Berufsbildung vom 22.5.2015





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