Am 14.11.2015 hatte
ich noch mit der Argumentation des Leistungsträgers in der Vertragskommission
gehadert, warum es keine rechtliche Grundlage für die Anhebung der Vergütungen
geben soll. Die Argumentationslinie ist mir jetzt verständlicher.
Arbeitgeber (Leistungserbringer) sind gesetzlich
verpflichtet, einen Mindestlohn zu zahlen, der nicht unter 8,50 Euro die
Zeitstunde liegen darf (§ 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG).
Da im Tarifvertrag TVÖD-VKA keine Regelung zum
gesetzlichen Mindestlohn enthalten ist, sei es durch Öffnungsklausel oder der
Übernahme einer vergleichbaren Regelung, müssen Unternehmen, die z.B.
Bereitschaftsdienste (analog zu §§ 45 ff. TVÖD BT-B-VKA) leisten, einen
freiwilligen Zuschlag zum tariflichen Lohn zahlen, damit der gesetzliche
Mindestlohn erreicht wird.
Sollten die Arbeitsgerichte entscheiden, dass
Bereitschaftsdienste nicht unter das MiLoG fallen und demzufolge tatsächlich
anders bezahlt werden dürfen, so sollten die Zuschläge unter dem Vorbehalt der
Widerrufbarkeit gezahlt werden – so zumindest die Empfehlung verschiedener
Personaler und Tarifkenner. Das heißt, wenn der Arbeitgeber die Rechtmäßigkeit
der Zahlung widerruft, dann müssen die Arbeitnehmer diese nun „unrechtmäßigen“
und „unter Vorbehalt des Widerrufs“ geleisteten Zuschläge zurückzahlen.
Wie weit zurück ein solcher Widerruf überhaupt möglich
ist, sei jetzt für die weitere Besprechung dahingestellt. Es gibt zwar eine
tarifliche Ausschlussfrist, nach deren Zeitablauf Rückforderungen nicht mehr
gestellt werden können, aber darauf fußt die Argumentation der Leistungsträger
nicht. Problematisch ist dagegen, dass Vergütungsvereinbarungen deswegen nicht
ungültig werden, wenn Arbeitsgerichte (Gesetzgeber, Tarifparteien usw.)
bestimmte Regelungen kippen, auf denen zuvor eine Vergütung kalkuliert worden
ist. Also: Sollten die Arbeitsgerichte entscheiden, dass Bereitschaftsdienste
nicht unter das MiLoG fallen und demzufolge anders bezahlt werden dürfen, dann
ändert sich die Vergütungsvereinbarung nicht und der Leistungserbringer erhält
eine „nicht-leistungsgerechte“ Vergütung bis zur nächsten Neuverhandlung.
Weil (1.) dieser freiwillige Zuschlag im Tarifvertrag
nicht geregelt ist, also die letzten Tarifverhandlungen auch keine Änderungen
dahingehend vereinbart hatten, und (2.) darüber hinaus eine Widerrufbarkeit zu
Gunsten des Arbeitgebers ausgesprochen wird, und (3.) Vergütungsvereinbarungen
nur „leistungsgerechte“ Entgelte beinhalten dürfen, mangelt es an der formalen
Grundlage.
Man könnte die Angelegenheit wie folgt lösen:
Es wird anerkannt, dass die gesetzliche Regelung der
tariflichen Regelung vorgeht, weil der Tarifvertrag nicht allgemein verbindlich
erklärt worden ist.
Es wird eine widerrufbare Zulage gezahlt zum Ausgleich
der Differenz zum gesetzlichen Mindestlohn bis eine gerichtliche, gesetzliche
oder tarifliche Regelung getroffen worden ist. Diese Zulage wird, wenn sie denn
ausgezahlt worden ist, nicht mehr zurückgefordert (einseitige Entscheidung des
Arbeitgebers) – auf die Einrede der Verjährung wird also verzichtet.
Die Vergütungsvereinbarungen werden nicht nur zeitlich
befristet (was sie in der Regel sowieso sind), sondern in Höhe der
voraussichtlichen Zulagenzahlung wird ein Ausgleichsbetrag vereinbart, der im
Folgejahr entfällt bzw. wieder neu vereinbart werden muss.
CGS
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