Montag, 4. Dezember 2017

BTHG - Notizen aus einer Arbeitsgruppe rund um das Thema Vergütungsfortschreibungen

Bis es dazu kommt, dass es effektiv eine Trennung geben wird zwischen den sogenannten Fach-Leistungen der Eingliederungshilfe und den grund- bzw. existenzsichernden Leistungen, müssen jetzt noch Verhandlungen geführt werden über die Vergütungssätze aus § 76 SGB XII - also noch nach dem "alten Muster". 

Mit weiteren Kostensteigerungen ist zu rechnen. Im TVöD wird es im Frühjahr 2018 zu Tarifverhandlungen kommen, die Steigerung der Inflation geschieht dagegen eher im „Untergrund“. Worüber verhandelt werden muss, ist somit eigentlich geklärt. Was aber besprochen werden muss, ist das Verfahren dieser Verhandlungen. Arbeitet man sich durch Schichten von Papier, um bloß nicht zu viel (oder zu wenig) verhandelt zu bekommen, oder einigt man sich auf ein sehr pauschales Verfahren?

In diversen Gesprächen wurden verschiedene Ideen besprochen. Hier ein Auszug daraus.


-          Die klassische Einzelkostenkalkulation verursacht den höchsten Arbeitsaufwand, weil nicht nur jede einzelne Kostenart bedacht werden muss, sie muss auch belegt werden. In der Vergangenheit mussten Leistungserbringer sogar Rechnungskopien beibringen, um die Kostenhöhe zu plausibilisieren. Außerdem wurden sogar Rechtfertigungen verlangt, damit die Erforderlichkeit glaubhaft untermauert werden konnte. Alles, was da so an Papier produziert wurde, sollte gegengeprüft und vielleicht sogar mit einem „vernünftigen“ Gegenangebot zurückgegeben werden, damit man sich dann irgendwie in einer „Mitte“ einigte.

In § 76 Abs. 2 SGB XII heißt es, dass die Vergütung aus Pauschalen besteht für Unterkunft und Verpflegung sowie für die Maßnahmen (damit sind im Wesentlichen personelle Leistungen gemeint). Doch auch für Teile der betriebsnotwendigen Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung wurden pauschalierte Kalkulationsansätze verfolgt, um die Arbeit etwas zu vereinfachen. Man beschränkte sich auf gutachterliche Prognosen, in denen Steigerungen bei bestimmten Kostenarten oder Indizes genannt wurden. Statt eine trägerbezogene Plausibilisierung und Rechtfertigung einzufordern, vertraut man diesen Gutachten.

-          Das klassische Modell der Einzelkalkulation gibt es nicht mehr in Hamburg. Mit vier großen Leistungserbringern vereinbarte die Hamburger Sozialbehörde sogenannte Trägerbudgets. Diese vier großen Träger garantierten eine bedarfsgerechte und personenzentrierte Leistung, dafür wurde ihnen ein festes, jährliches Budget zugestanden – Planungssicherheit.

Über den Erfolg berichten alle Beteiligten demnächst auf einer Konferenz. Gerade weil es jetzt einen hohen Druck auf die wirtschaftliche Leistungserbringung gegeben hat, wurden viele neue (Leuchtturm-) Projekte und Lebensmodelle ausprobiert. Im kommenden Jahr wird es aber auch einen Beschluss darüber geben müssen, ob die Trägerbudgets noch eine Zukunft haben.

-          Aus der einfachen Erkenntnis heraus, dass etwa 70 % der Gesamtkosten aus den Kosten für das Personal inkl. Sozialversicherungsbeiträgen und betriebliche Altersversorgung entstammen, könnte man den Steigerungssatz aus den geltenden Tarifverträgen darauf anwenden und auf jegliche weitere Darlegung verzichten. Es wird damit eine anteilige, kostenartenbezogene Pauschalierung erreicht; stellt sich nur die Frage, auf welcher Basis diese Anhebung erfolgen wird.

Man kann entweder einen Jahresabschluss oder die letzte Vergütungskalkulation verwenden. Gegen den Jahresabschluss spricht, dass ein soziales Unternehmen in mehreren Feldern wirtschaftlich aktiv ist. Gegen die letzte Vergütungskalkulation spricht, dass aktuell nicht alle vereinbarten Stellen besetzt worden sind.

Aus dem letzten Jahresabschluss oder der Vergütungskalkulation wird eine Gewichtung für Personal- und Sachkosten herausgelesen, mit der dann die Steigerungsraten aus den einzelnen Gutachten und Prognosen anteilig auf Maßnahme- und Grundpauschale sowie ggf. auch auf die Investitionskosten gerechnet werden.

-          Weil z.B. der TVöD erst ab Anfang März verhandelt wird und mit einem schnellen Ergebnis nicht zu rechnen ist, könnte man die Vergütungsanpassung in mehreren Schritten vereinbaren. Statt immer nur auf den „1.1.“ eines Jahres, nun in zwei Schritten: Sachkosten und Investitionsbetrag wie bisher, Personalkosten erst mit Beginn des Monats, in dem die Tarifeinigung bekannt wurde.

Dagegen spricht allerdings das wirtschaftliche Risiko, weil die Tarifparteien wahrscheinlich rückwirkend zum 1.3.2018 eine Anhebung der Gehälter vereinbaren werden. Wenn aber ein solches Ergebnis erst im Juni bekannt gemacht wird, entsteht ein Fehlbetrag für diese Zeit – z.B. führt jeder volle Monat zu einem Fehlbetrag von 0,17 % bei einer Tarifsteigerung um 2 % bei den Personalkosten; umgerechnet auf einen Anteil von 70 % bei den Gesamtkosten somit dann 0,12 %.

Denkbar sind auch halbjährliche Fristen, zu denen sowohl die Leistungsträger als auch die einzelnen Leistungserbringer und / oder ihre Verbände Verhandlungen führen können. Es werden dann auch „negative“ Anpassungen beschlossen, wenn zuvor ein Vertragspartner sich zu einem pauschalen Anpassungsverfahren erklärt hat.

Vor längerer Zeit gab es diesbezüglich in Schleswig-Holstein eine Einigung in der Vertragskommission SGB XII. Man hatte eine „vereinfachte Anpassungsregelung für Einzelverhandlungen“ beschlossen, mit der eigentlich alle Seiten hätten gut leben können. Doch nun gab es ein Missverständnis in der Auslegung dieses Beschlusses, der eine erneute Befassung notwendig machte.

In Hamburg hatte man sich dagegen „schon immer“ um Pauschallösungen bemüht. Dass es dabei nun zügig vonstattengeht, kann man aber nicht sagen.

Auch in anderen Bundesländern arbeitet man an Lösungen, die sich sehr an den bisherigen Verfahren orientieren. Je weniger Neuerungen versucht werden, umso weniger Arbeitsaufwand und mögliche Irritationen. Doch was auch immer geschieht, man muss auch hier nun Zeit investieren, damit die Ausgestaltung der Verfahren ab dem Jahr 2020 und weniger in die überbordende Genauigkeit der vergangen Jahre gelingt.

CGS




PS:

Das zeitbasierte Kalkulationsverfahren aus Hamburg wird anscheinend als sehr „schwierig“ und „nicht umsetzbar“ betrachtet.






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