Das Statistische
Bundesamt veröffentlicht leider nicht mehr den Bericht über die statistischen
Daten zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Die letzte Ausgabe
bezieht sich auf das Jahr 2013 (Erscheinungsjahr 2015), und wäre damit sehr
veraltet. Es wäre ganz interessant zu wissen, wie sich die Ausgaben zwischen
den Bundesländern unterscheiden, oder wie sie sich im Verlauf von Jahren
entwickeln.
Sofern man nicht
die Statistischen Landesämter abfragt, bleibt vorerst nur der Vergleich auf
Basis der gemeldeten Gesamtausgaben. Man könnte vielleicht noch einen Bezug zu
den Bevölkerungsdaten der einzelnen Bundesländer herstellen, damit der
Vergleich „vergleichbarer“ wird. Ansonsten hätte man nur einen Bericht über die
Ausgaben je Bundesland.
Eine Sicht auf
die Dinge anhand der Netto-Ausgaben
In 2016 lagen die Netto-Ausgaben*) für Leistungen der
Eingliederungshilfe über alle Bundesländer bei 16.470 Mio. Euro – Spitzenreiter
ist darin das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 4.116 Mio. Euro, gefolgt von
Bayern mit 2. 455 Mio. Euro. Am anderen Ende finden sich dagegen der Stadtstaat
Bremen mit gerade mal eben 192 Mio. Euro und das „kleine“ Saarland mit 216 Mio.
Euro. Überhaupt finden sich 8 Bundesländer, die in 2016 Ausgaben zu verzeichnen
hatten von unterhalb einer halben Milliarde, 3 Bundesländer im Bereich darüber
bis unter einer Milliarde, und 5 Bundesländer über einer Milliarde Euro.
Es wäre aber jetzt hilfreicher, wenn man wüsste, wie hoch
die Ausgaben pro „Leistungsbezieher“ wären. Und noch interessanter wäre es,
wenn man wüsste, wie sich die Ausgaben aufteilen in die drei
Vergütungskomponenten nach § 76 Abs. 2 SGB XII. Gerade hier wird es in den
nächsten Jahren zu weitreichenden Änderungen kommen, so dass man eine
Differenzierung vornehmen müsste. Vielleicht ist es auch deshalb ganz gut, dass
diese Publikationsreihe eingestellt worden ist, weil die Vergleichbarkeit der
Eingliederungshilfe-Leistungen „vor BTHG“ und „nach BTHG“ ansonsten nicht
aussagekräftig ist.
Mit den Trägerbudgets in Hamburg im Jahr 2014 hat es eine
Festlegung gegeben, die aber mit dem neuen Kalkulationsmodell in den
Folgejahren vielleicht wieder in eine andere Richtung geführt hat.
Eine Sicht auf
die Dinge anhand der Bevölkerungszahlen
Nimmt man die Bevölkerungszahlen hinzu, ergeben sich ganz
interessante Durchschnittswerte. In Deutschland leben insgesamt 82.522 Mio.
Menschen. Bei Netto-Ausgaben von 16.470 Mio. Euro ergeben sich somit 200 Euro
im Jahr und pro Person. Nimmt man eine solche Rechnung auch für die anderen Bundesländer
vor, ergeben sich für das Bundesland Bremen 283 Euro. Damit verzeichnet der
Stadtstaat, welcher ansonsten den kleinsten Haushalt für den Bereich der
Eingliederungshilfe aufweist, die höchsten Durchschnittsausgaben.
Mit Abstand folgen Niedersachsen (237 Euro), Hamburg (231
Euro), Nordrhein-Westfalen (230 Euro), Schleswig-Holstein (227 Euro) und Berlin
(224 Euro). Gerade aufgrund der scheinbar gleichartigen Ergebnisse könnte man
hier eine Art Gruppe sehen. Eine andere Gruppe bilden das Saarland (217
Euro) und Rheinland-Pfalz (213 Euro) deswegen, weil es hier eine kleine
„optische“ Treppenstufe gibt. Insgesamt 8 Bundesländer liegen recht deutlich
über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 200 Euro, das Bundesland Hessen
rangiert mit 201 Euro fast genau auf diesem Durchschnitt.
Es sind 7 Bundesländer, die unter dem Durchschnitt
liegen, wobei nach Sachsen-Anhalt (196 Euro) und Bayern (190 Euro) sich wieder
eine Gruppe von 3 Bundesländern mit recht ähnlichen Werten zeigt:
Mecklenburg-Vorpommern (179 Euro), Thüringen (177 Euro) und Brandenburg (171
Euro).
Ganz am Ende findet man dagegen das Bundesland Sachsen mit
einem Durchschnitt von 119 Euro. Das Bundesland Baden-Württemberg findet sich
an zweiter Stelle mit 145 Euro.
Eine Sicht auf
die Dinge anhand von Ländergruppen
Betrachtet man diese Resultate, könnte sich ein Muster
auftun. Alle drei Stadtstaaten zusammen, d.h. Bremen mit Hamburg (231 Euro) und
Berlin (224 Euro), ergeben einen Mittelwert von 246 Euro. Dieser Wert stellt
aber nur einen „Mittelwert der Durchschnitte“ dar; besser wäre es, wenn man die
Haushaltsgrößen summiert und mit der Gesamt-Bevölkerungszahl teilt, so dass man
einen Durchschnitt für die Stadtstaaten von 233 Euro erhält. Dadurch verliert
sich zwar ein kleines Bundesland wie Bremen, aber weil eine Aussage zu „Stadtstaaten“
gemacht wird, ist eine solche „Fusion“ nötig.
Einen Vergleich zu den „Flächenländern“ zu ziehen, ist
allerdings unpraktisch, weil eben alle anderen Bundesländer dazu zählen. Mit Schleswig-Holstein
(227 Euro) und Niedersachsen (237 Euro), die sich ebenfalls über dem
Durchschnitt befinden, kann eine Zusammenfassung in einer Gruppe der
„Nordstaaten“ vorgenommen werden. Man müsste dann allerdings auch das andere im
Norden gelegene Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit seinem
unterdurchschnittlichen Wert in Höhe von 179 Euro mit einbeziehen, der
Mittelwert für diese Gruppe würde aber noch immer über dem Durchschnitt liegen,
und zwar bei 231 Euro. Macht man das nicht, sondern man nimmt nur die
„Westlichen Nordstaaten“, dann liegt der Mittelwert bei 237 Euro.
Bei einer solchen Ländergruppierung bietet sich der
Vergleich gut zu den „Südländern“ an mit Baden-Württemberg (145 Euro), Bayern
(190 Euro), Rheinland-Pfalz (213 Euro) und Saarland (217 Euro). Der Mittelwert
bei dieser Gruppe liegt dementsprechend bei 177 Euro.
Wenn man dann die „5-Neuen-Bundesländer“ zusammenfasst,
das wären Brandenburg (171 Euro), Mecklenburg-Vorpommern (179 Euro), Sachsen
(119 Euro), Sachsen-Anhalt (196 Euro) und Thüringen (177 Euro), zeigt sich ein
Mittelwert von sehr viel geringeren 161 Euro. Selbst wenn man unterstellen
wollte, dass die Zahlen für das Bundesland Sachsen „zu gut“ gerechnet sind, die
Netto-Ausgaben pro Person in diesen Bundesländern liegen selbst unter denen
aller anderen – mit Ausnahme des „Musterländle“ Baden-Württemberg (145 Euro).
Eine Sicht auf
keine Lösung
Wahrscheinlich ist das hier nur ein Spiel mit Zahlen. Die
Bundesländer sind bei der Ausgestaltung der Eingliederungshilfe recht frei und
können mit Hilfe der Rahmenverträge nach § 79 SGB XII gestalten. Und selbst
wenn solche scheinbar keinen Spielraum bieten, was in Hamburg mittlerweile
praktiziert wird, ist wirklich sehr kreativ.
Wenn ein Unterstützungsbedarf nun mal besteht, müssen
Leistungen eingekauft werden. Damit aber ein entsprechendes Angebot vorhanden
ist, muss eine „Strukturbildung“ betrieben werden. Das ist keine Sache, die mal
„eben so“ unternommen werden kann. Es braucht hierfür Gespräche, und, wie schon
neulich geschehen, vielleicht auch so ein Forum wie den „Fachkongress“ und den
ziemlich langen Weg dorthin (vgl. meinen Beitrag vom 19.2.2018).
Wenn die Leistungserbringer immer nur an ein sparsames
Wirtschaften erinnert werden, kann keine Fokussierung auf die Fachlichkeit
geschehen. Und ohne eine Wiederentdeckung dieser Fachlichkeit, treten die
Beteiligten auf der Stelle. Worum geht es bei der Leistungserbringung? Was
brauchen die Menschen wirklich (Stichwort: Bedarfserhebung)? Sind kleinliche,
vielfältige Kategorisierungen nach § 76 Abs. 2 SGB XII, also die sehr vielen
Hilfebedarfsgruppen in manchen Bundesländern, zielführend oder verhindern sie womöglich
sogar eine effiziente Leistungsträgerschaft?
Die Bildung von drei „Ländergruppen“ zeigt eine gewisse
Tendenz, die vielleicht weiter hinterfragt werden kann. Aber für den Moment ist
es erst einmal ein Spiel mit Zahlen.
CGS
*) = Der Begriff „Netto-Ausgabe“ wird verwendet, weil die
Leistungen der Eingliederungshilfe teilweise aus anderen Mitteln oder
Sozialleistungsträgern erstattet werden müssen. Somit handelt es sich um die
Ausgaben der Eingliederungshilfe mit dem Zweck der Verhütung einer drohenden Behinderung
oder die Folgen einer solchen zu beseitigen bzw. zu mildern und Menschen mit
Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern. Diese Menschen sollen dazu
befähigt werden, ihr Leben weitgehend selbständig führen zu können.
Quelle:
Statistisches Bundesamt, Statistik der Sozialhilfe 2013 –
Eingliederungshilfe für behinderte Menschen
(Erscheinungsjahr 2015)
(letzter Aufruf am 31.3.2018)
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