Eine Bank warb
neulich mit dieser Begründung für nachhaltige Investments:
“Das Gemeinnützigkeitsrecht
in der Abgabenordnung legt fest, dass Mittel einer Körperschaft nur für
satzungsgemäße Zwecke verwendet werden dürfen. In der Praxis bedeutet dies,
dass Investitionen und Ausgaben im Einklang mit den Organisationszielen stehen
sollten.”
Ein paar Gedanken
dazu, aber vorher geht es um die gesetzlichen Grundlagen zur Gemeinnützigkeit und den Begriffen, mit denen man schließlich zu den Einsichten gelangt.
[In diesem Beitrag
geht es nicht um spezielle Geldanlagen, sondern um diese Werbeaussage.]
Wo sich die Grundlagen finden lassen
Im dritten Abschnitt der Abgabenordnung (§§ 51 ff. AO)
sind die Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit zu finden. Gemeinnützig bedeutet,
dass eine Geschäftstätigkeit von Personenvereinigungen oder
Kapitalgesellschaften (zusammengefasst als Körperschaften) dem Gemeinwohl
dient. Es ist daher immer auf eine überindividuelle Gemeinschaft bezogen und
grenzt sich von Einzel- oder Gruppeninteressen ab. Legal definiert ist die
Gemeinnützigkeit in § 52 Abs. 1 AO. Dort steht: „eine Körperschaft verfolgt
gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die
Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“
Aus diesem Grund können alle Arten von Organisationen sich diesen besonderen
steuerlichen Status anerkennen lassen, nicht nur das klassische ehrenamtliche
oder bürgerschaftliche Engagement in Vereinen. Zum Beispiel können sich privat
geführte Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) diese Rechtsform
zuerkennen lassen und dann als eine “gGmbH” firmieren. (vgl. dazu § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr.
6 GewStG).
Ausgangspunkt dafür sind zum einen die (als gemeinnützig
festgestellte und damit anerkannte) Satzung der Körperschaft sowie die tatsächliche Geschäftstätigkeit
mit der Gemeinwohlorientierung zum Ziel (vgl. dazu §§ 59, 60 AO sowie § 51 Abs.
3 AO i.V.m. § 4 BVerfSchG, § 1 SGB I und Art. 1 und Art. 3 GG). Das mit der “tatsächlichen
Geschäftsführung” sollte schon sehr eng betrachtet werden, wobei ein Verstoß
nicht unbedingt geahndet wird (vgl. § 63 Abs. 1 und Abs. 3 AO). In Hamburg
hatte zwar vor vielen Jahren die Sozialbehörde die vertragliche Beziehung mit
einer religiösen Sekte untersagt; ob es dazu nun Vorfälle gab, ist wiederum
nicht bekannt. Das Ideal wäre, wenn eine Körperschaft, zu der auch
Personenvereinigungen gehören, sich selbst Richtlinien geben würde (Stichworte:
Ethische Prinzipien, Corporate Governance, Anlagerichtlinien).
Die Mittel, die in der Geschäftstätigkeit eingeworben
wurden, sind grundsätzlich zeitnah zu verwenden, doch auch da gibt es ein paar
Regeln zu beachten (vgl. §§ 61 Abs. 4 und 62 AO). Diese Regeln sollen einer Körperschaft
dazu dienen, eine Rücklage ansparen helfen für größere Investitionsprojekte
(Projektrücklage), wiederkehrende Ausgaben des laufenden Betriebs
sicherzustellen (Betriebsmittelrücklage) und sogar eine Rücklage zur freien
Verwendung zu bilden (Vermögensverwaltung). Die freie Rücklage dient somit in
erster Linie dazu, die finanziellen Reserven zu bilden, damit in Zeiten von
Fehlbeträgen sozusagen eine Zwischenfinanzierung oder Überbrückung vielleicht
sogar aus den Erträgen erfolgen kann. Die Bildung einer freien Rücklage stellt
eine Ausnahme vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung dar.
Zu welchen Einsichten man gelangen sollte
Die Mittelverwendung aus der Werbung “nur für satzungsgemäße Zwecke” ist
streng genommen so nicht richtig, da der Zweck der Vermögensverwaltung (und
Vermögensbildung) keinen Vorrang hat in der Satzung der Körperschaft - wie
gesagt handelt es sich hier um eine Ausnahme. Doch man kann durchaus damit
argumentieren, dass die Vermögensbildung sich immer den satzungsgemäßen Zwecken
unterordnen muss, wie man das auch von Zweckbetrieben sagen kann (vgl. § 65
AO).
Der zweite Satz der Werbung nimmt dagegen eine viel
bedeutendere Stellung ein, weil die tatsächliche Geschäftsführung sich über die
getätigten Investitionen und Ausgaben gut ablesen lassen kann — und die
Finanzbehörden genau das prüfen wollen (aber nicht im Detail tun).
Das bedeutet somit in der weiteren Konsequenz, dass auch
Entscheidungen im Bereich der Vermögensverwaltung diesen Grundsätzen folgen müssten.
Hilfreich wäre es, wenn es dazu Richtlinien geben würde, aber in sehr vielen Fällen
vertraut man Fachleuten aus dem Finanz- und Bankenwesen. Und dann kann es sehr
gut sein, dass nicht alles, was da im Depot steht, den hohen Erwartungen
entspricht.
Nachhaltigkeit ist zum Mode-Wort verkommen. Die
Finanzwelt hat bereits eine Reihe von sogenannten nachhaltigen “grünen”
Investmentfonds herausgebracht und wirbt mit einer Vielzahl an verschiedenen Gütesiegeln.
Was nun wirklich hinter so einer Geldanlage steckt, ist häufig genug nicht zu
erkennen, und genau das wäre ein Kriterium, um sich nach außen hin als eine Geschäftsführung
zu zeigen, die auch in der Vermögensverwaltung die Ziele der gemeinnützigen Körperschaft
verfolgt. Derzeit wird an den rechtlichen Rahmenbedingungen zur nachhaltigen
Geldanlage noch gearbeitet, heißt es. Ob es solche verbindlichen Grundlagen
geben wird, ist allerdings nur bedingt zu glauben (siehe unten zur
EU-Offenlegungsverordnung) – nicht alle Anleger müssen diese “zwangsweise”
beachten, wenn sie gemeinnützig bleiben wollen. Doch selbst wenn: Geldanlage
muss sicher und rentabel sein.
Grundsätzlich kann man eigentlich nur von zwei Arten der
Vermögensverwaltung sprechen: die institutionelle VV (als Fremd-Dienstleistung)
und die private Geldverwaltung. Als Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft
sollte es nur die institutionelle VV geben, die von einer (Haus-) Bank, einem
Honorar-Vermögensverwalter oder einem Fonds angeboten wird. Befindet sich in
der Körperschaft ein entsprechendes Know-How, kann auch eine andere Lösung (man
macht es sozusagen selbst) zum Einsatz kommen. In beiden Fällen braucht es allerdings eine Anlagerichtlinie als Basis für das Management und die kritische Überprüfung durch den Auftraggeber – und daran fehlt es viel zu oft, das wäre die Erfüllung einer guten tatsächlichen Geschäftsführung.
CGS
Quellen:
Bundesjustizministerium
Mustersatzung eines gemeinnützigen Vereins (bmj.de)
Justizministerium des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen
NRW-Justiz: Muster: Satzung eines gemeinnützigen Vereins
(letzter Aufruf am 5.2.2024)
Notizen:
1.
Mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens
hat sich die Europäische Union dazu verpflichtet, die darin festgelegten
Klimaziele zu erreichen und eine nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.
Die notwendigen jährlichen Investitionen, die in den hohen Milliardenbereich
gehen, können jedoch nicht ausschließlich von der Regierung getragen werden.
Daher wurde am 27. November 2019 die Offenlegungsverordnung in Kraft gesetzt.
Diese EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im
Finanzdienstleistungssektor zielt darauf ab, durch erhöhte Transparenz und
standardisierte Offenlegungsanforderungen im Finanzsektor, die Finanzströme in
Richtung einer klimaresistenten und treibhausgasarmen Entwicklung zu lenken.
Finanzdienstleister können auf vielfältige Weise zur
Erreichung der Klimaziele beitragen. Sie können nachhaltige Projekte und
Unternehmen finanzieren, ihre eigenen Emissionen berechnen und reduzieren, ihre
Mitarbeiter in Bezug auf den Klimaschutz schulen und aktivieren, direkt in
Klimaschutzprojekte investieren und Transparenz durch Offenlegung ihrer
nachhaltigen Investitionen und Praktiken schaffen. Die Rolle der
Finanzdienstleister bei der Erreichung der Klimaziele wird immer wichtiger,
insbesondere da die Europäische Union festgestellt hat, dass der Finanzsektor
eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung der jährlich notwendigen 180
Milliarden Euro spielt, die zur Erreichung ihrer Klima- und Energieziele benötigt
werden.
2.
Non-Profit-Organisationen (NPOs) stehen vor mehreren
Herausforderungen bei der Erwirtschaftung eigener Erträge. Das aktuelle
niedrige Zinsniveau stellt eine besondere Herausforderung dar, da die Erträge
aus den Finanzmitteln für eine Stiftung im wahrsten Sinne des Wortes Mittel zum
Zweck sind. Darüber hinaus sind NPOs rechtlich zwischen Stiftungsrecht und
Gemeinnützigkeitsrecht eingebettet, was ihre Fähigkeit zur Ertragsgenerierung
einschränken kann. Ein weiterer Faktor ist die Abhängigkeit von der
Mitteleinwerbung, da eine NPO erst die notwendigen Finanzressourcen durch einen
Leistungsvertrag oder Fundraising sichert, bevor die Leistung erbracht wird und
Kosten entstehen. Schließlich kann ein Mangel an Kostenmanagement dazu führen,
dass NPOs nach dem Prinzip handeln, dass nachdem die Finanzmittel eingeworben
wurden, geschaut wird, wie viel vorhanden ist, und diese Mittel dann eingesetzt
werden. Dies entspricht jedoch nicht den Prinzipien eines planmäßigen,
zielorientierten und systematischen Managements. Diese Faktoren können dazu führen,
dass NPOs Schwierigkeiten haben, eigene Erträge zu erwirtschaften. Es ist daher
wichtig, dass NPOs effektive Strategien entwickeln, um diese Herausforderungen
zu bewältigen und ihre finanzielle Nachhaltigkeit zu sichern.
Und erst dann kann die Vermögensverwaltung angegangen
werden.
3.
Zweck |
Der gemeinnützige Zweck hat
Vorrang. |
Ein Zweckbetrieb kann kommerziell
nebenher eingesetzt werden. |
Man steht in Konkurrenz zu anderen
Geschäftsbetrieben. |
Strategie |
primärer Betriebszweck ist essentiell |
gemischtes Vorgehen möglich |
betriebswirtschaftliche Professionalität
ist unbedingt erforderlich. |
Risiko |
Behördliche Akteure können mithelfen,
Zuwendungen und Zuschüsse werden gebraucht (Überlebenskampf). |
Man kann Nebeneffekte erzielen, sich
aber auch vertun. Eine Risiko-Diversifikation findet nicht statt. |
Ein regelmäßiges und gut geführtes
Berichtswesen ist sehr erforderlich. Risiken müssen diversifiziert werden. |
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Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
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Finanzen – Muss man als gemeinnütziges
Unternehmen seine freien Mittel unbedingt in nachhaltige Geldanlagen stecken?