Freitag, 25. Juli 2014

Die Arbeit am Bundesteilhabegesetz nimmt Fahrt auf.

Es gibt eine AG Bundesteilhabegesetz, eine Arbeitsgruppe von Fachexperten zur AG Bundesteilhabegesetz, dann gab es ein Gespräch mit Frau Ministerin Nahles wie auch ein Gespräch mit Herrn Schmachtenberg (BMAS). Rahmenbedingungen wurden abgesteckt, Ziele formuliert.

Ein Ziel ist die Reform der Eingliederungshilfe. Darunter verbergen sich im Wesentlichen die Punkte, welche schon im Beschluss des Bundesrates enthalten waren (908. Sitzung, Dokumentennummer 282/12). Und das war insbesondere die finanzielle Entlastung der Kommunen.

Auch wenn man den Eindruck bekommen könnte, hier würden Positionen verhandelt werden, die Interessenlage ist mitnichten immer konträr. Das BMAS sucht einen Weg, wie die Lastenverteilung elegant vorgenommen werden kann, und die Vertreter der Behindertenverbände und Unternehmen der Wohlfahrtspflege bemühen sich um eine Stärkung der Unterstützungssysteme für Menschen mit Behinderungen. Wer aber nach wie vor fehlt bei diesen „Verhandlungen“ und Gesprächen ist derjenige, welcher später die finanziellen Lasten aufbringen muss: der Steuerzahler.

Die Punkte, die jetzt besprochen sind lauten:

a) Finanzielle Entlastung der Kommunen
b) Heranziehung von Einkommen und Vermögen
c) Gesetzgebungsverfahren
d) Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung

Die Punkte a) und b) könnten eigentlich zusammengefasst. Die finanzielle Entlastung bzw. die Lastenverteilung von Kommunen und auch den Ländern (!) auf den Bund kann nur gelingen, wenn persönliche Einkommen und Vermögen herangezogen werden. Da eine Anhebung der Einkommenssteuern mit Teilen der Regierungskoalition nicht diskutierbar ist, zumal eine Abschaffung der kalten Progression von vielen ersehnt wird, bliebe als Möglichkeit die Aufbringung von Mitteln aus einer Vermögenssteuer.

Doch auch hier könnte es erhebliche Probleme geben, wenn nämlich im Zusammenhang mit der Beteiligung von Sparern an den Kosten der Euro-Finanzkrise eine Sparer- oder Vermögenssteuer von geringem Ausmaß  eingeführt wird. Eine solche („Zypern“-) Steuer wird gerade in Spanien ausprobiert. Wenn nun weitere Finanzierungsvorhaben dazukommen, die mit einer solchen Vermögenssteuer abzudecken wären, wird das Maß des Erträglichen schnell ausgeschöpft. Die Folgen wären Kapitalflucht aus Europa und ein erneutes Aufflammen der Liquiditätskrise.

Eine andere Idee zielt auf die Eigenbeteiligung von behinderten Menschen und ihren Verwandten ab (siehe auch meinen Beitrag vom 22.3.2013 unter dem Titel „Bundesteilhabegeld-Re-Finanzierung“). Doch werden die Behindertenverbände und Unternehmen der Wohlfahrtspflege abwägen müssen, inwieweit sie hier noch die Interessen ihrer Mitglieder vertreten.

Von daher müsste die Diskussion dahin gehen, die benötigten Mittel als Teil des laufenden Sozialversicherungsbeitrags aufzubringen, zumal Inklusion als gesamtgemeinschaftliche Aufgabe verstanden wird.

Zum Punkt c) gibt es konkrete Zeitvorgaben, an die sich alle Beteiligten halten sollen. Im Januar 2016 muss die Gesetzesvorlage ins Kabinett gebracht werden, zum 1.7.2016 erfolgt die Verkündigung mit möglicherweise späterem In-Kraft-Treten.

Warum Punkt d) ausdrücklich aufgenommen wurde, erscheint mir zzt. nicht klar. Denkbar wäre es, dass Leistungen für Kinder und Jugendliche zukünftig einem ganz anderen Bereich zuzuordnen wären (z.B. Bildung und Arbeitsmarktförderung). Was hier für ein besseres Verständnis noch fehlt, sind Zahlen und Daten.

Klar ist aber, dass es eine Ausweitung von Eingliederungshilfemaßnahmen nicht geben wird. Stattdessen wird man Wege suchen müssen, um das „Fürsorgesystem“ abzuschaffen und mehr Eigenverantwortung den Menschen mit Behinderungen zukommen zu lassen. Dazu gehört auch die Bildung von Netzwerken oder die Ausgestaltung von Sozialräumen (z.B. Infrastrukturförderung).

CGS


PS:

Die Serie Bundesteilhabegesetz (ehemals Bundesleistungsgesetz) wird jetzt nicht mehr als Serie fortgesetzt. Stattdessen werde ich die weiteren Entwicklungen wie oben kommentieren und bewerten.