Dienstag, 22. Juli 2014

Prüfungspunkte in Ablehnungsbescheiden (Fortsetzung des Themas Zuständigkeitsstreitigkeiten)

Kürzlich gab es eine Mitteilung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der Kostenübernahme einer Treppensteighilfe eines pflegebedürftigen Rollstuhlfahrers (Medieninformation Nr. 19/14 vom 16.7.2014 des Bundessozialgerichts). Ohne jetzt die Einzelheiten des zugrunde liegenden Falls näher zu kennen, interessiert mich hier das Problem der Zuständigkeitsprüfung, insbesondere vor dem Hintergrund eines abgelehnten Hilfebedarfs.

Der klagende Rollstuhlfahrer hatte von der beklagten Krankenkasse einen Ablehnungsbescheid erhalten, da die Treppensteighilfe ein Hilfsmittel ist, welches sich aus der besonderen, einzelfallbezogenen Wohnsituation des Klägers ergibt.

In § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird der Anspruch der Versicherten in Bezug auf die Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln geregelt. Der Anspruch entsteht, wenn der „Erfolg der Krankenhausbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen“ ist (auch bekannt als Behinderungsausgleich). Im vorliegenden Fall trafen alle drei Aspekte nicht zu.

Weiter heißt es in Satz 1, dass es sich bei den beantragten Hilfsmitteln nicht um „allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens“ handeln kann. Eine Treppensteighilfe wäre allerdings ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens.

Von daher erscheint die Ablehnung der Krankenkasse nachvollziehbar.

Der Anspruch auf Leistung ergibt sich allerdings aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Der Kläger ist pflegebedürftig und seine besondere Wohnsituation macht es erforderlich, dass er ein Hilfsmittel benötigt, welches ihm eine „selbständigere Lebensführung“ ermöglicht (auch bekannt als Pflegeerleichterung). Eine Abgrenzung, wie es sie im vorgenannten § 33 SGB V gab, erfolgt nur, wenn die Gefahr eines Doppelanspruchs entsteht; soll heißen, wenn sowohl Krankenkasse und Pflegekasse (oder ein anderer Leistungsträger) die gleiche Leistung erbringen müssten.

Da der Antrag auf Leistung bei der Krankenkasse eingegangen war, hätte diese gem. § 40 Abs. 5 Satz 1 SGB XI die Zuständigkeit prüfen müssen bzw. „ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht“.

Dies wurde unterlassen, so dass das BSG die Revision der beklagten Krankenkasse zurückwies; die Krankenkasse ist demnach in ihrer Funktion als Pflegekasse zur Leistung verpflichtet.

An diesem Fall (Az. B 3 KR 1/14 R) erkennt man ein immer wiederkehrendes Problem: Die erstangegangenen Leistungsträger lehnen Anträge ab, ohne ausreichend und pflichtgemäß ihre Zuständigkeiten zu klären (§ 16 Abs. 2 SGB I). Antragsteller wissen nicht immer, wer zuständig wäre für die Bewilligung der beantragten Leistungen. Auch sind Anträge nicht immer klar, sachdienlich und vollständig formuliert (§ 16 Abs. 3 SGB I).

Die Krankenkasse hat aber diese Zuständigkeitsprüfung übersprungen und lehnte somit in der Folge einen Antrag ab, für den sie gar nicht zuständig gewesen wäre. Hätte sich der Leistungsberechtigte mit der Ablehnung begnügt, wäre die Treppensteighilfe nicht besorgt worden (oder hätte aus eigenen Mitteln angeschafft werden müssen).

Fazit:

Leistungsberechtigte müssen bei jedem Bescheid erst einmal prüfen, ob den Bescheid beantwortende Leistungsträger überhaupt eine Zuständigkeitsprüfung (z.B. nach § 14 Abs. 1 SGB IX oder § 98 SGB XII) pflichtgemäß unternommen hat und inwieweit eine Ursachenklärung bzw. Feststellung über den vorliegenden Hilfebedarf ausreichend und angemessen (z.B. nach § 9 SGB XII) stattfand.

Wenn diese beiden Prüfpunkte nicht erkennbar bearbeitet worden sind, ergeben sich hieraus die Begründungen für das dann anstehende Widerspruchsverfahren.

CGS


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