Sonntag, 9. Juli 2017

Verwaltungsakte ohne Worte

Leistungsbescheide waren jetzt mehrfach mein Thema. Nun noch einmal einen Punkt ergänzend dazu, weil auch hier wieder viel Interessantes im Hintergrund verborgen liegt.

In meinem vorletzten Beitrag hatte ich geschrieben:

„Dass überhaupt neue Leistungsbescheide ausgestellt werden, ist nicht zwingende Voraussetzung für die kontinuierliche Leistungserbringung. Nach § 33 SGB X können Verwaltungsakte schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise (z.B. „stillschweigend“) erlassen werden. Was es dazu braucht, ist lediglich ein berechtigtes Interesse und ein unverzügliches Verlangen des Betroffenen (Abs. 2). Doch auch selbst das wird häufig genug in der Praxis ganz einfach angenommen.“

Die Hamburger Sozialbehörde ist, was Leistungsbescheide angeht, immer sehr „fleißig“. Gerade weil man schon früh die übrigen Einkünfte, z.B. die Leistungen der Grundsicherung und Renten, zur teilweisen Kostenübernahme im Zusammenhang mit Leistungen der Eingliederungshilfe angerechnet hatte (diese ist schließlich nachrangig!), musste bei jeder Anpassung irgendwelcher Sätze auch ein neuer Leistungsbescheid hergestellt werden. Und dies bedeutete 3 bis 4 Blatt Papier, manchmal sogar beidseitig bedruckt, mehrfach im Jahr.

Es geht leider nicht anders, weil eben noch andere Einkünfte berücksichtigt werden müssen (vgl. §§ 82 SGB XII ff. und insbesondere § 92 SGB XII); und weil die Behörde grundsätzlich einem „Zwang zur Erneuerung“ unterliegt. Es gibt aber auch hin und wieder andere Beispiele – wie oben schon benannt.

Sich die Anhörung von Beteiligten sparen

Wenn eine Bewilligung für die Leistungsträgerschaft von Eingliederungshilfe stattgefunden hatte und jetzt das Ablaufdatum erreicht ist, muss ein neuer Leistungsbescheid an den Leistungsberechtigten verschickt werden. Ein solcher müsste aber erneut begründet werden, indem seitens der Behörde „Ermittlungen“ erfolgen. Wenn allerdings nicht mit einem anderen Ergebnis, wie schon zuvor, gerechnet werden muss, dann braucht es eigentlich keinen erneuten Aufwand.

Sich die Formalien zu ersparen, wäre ein Ziel und eine Verschlankung des Verwaltungsverfahrens. Sich die Ermittlungen zu sparen, bedeutet auch, auf die weitere Beweiserhebung durch Anhörung von Beteiligten zu verzichten (§ 24 SGB X).

Sich die EDV zu Nutze machen

Durch Automatisierung, gerade was Schriftstücke anbelangt, braucht es mittlerweile keine personalisierte Bearbeitung mehr. Man lässt den Computer machen.

Sofern auch keine besonderen Angaben der Beteiligten, insbesondere desjenigen, der vom Verwaltungsakt betroffen ist, berücksichtigt werden müssen, reicht der „Knopfdruck“ (§ 31a SGB X). Darüber hinaus könnte ein solcher Verwaltungsakt elektronisch erfolgen (§§ 33 Abs. 2 S. 3 SGB X i.V.m. § 36a Abs. 2 SGB I).

Sich kurz halten

Es geht einfacher – hier ein Beispiel:

„Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird die Hilfe jedoch ohne Antrag und Erteilung eines Bescheids weitergezahlt, solange die Bewilligungsvoraussetzungen unverändert vorliegen.“

Noch immer gilt, dass die Behörde gezahlte Leistungen zurückverlangen kann, wenn die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr bestehen und es somit zu einer Bedarfsüberdeckung gekommen ist. Und gleichzeitig erklärt sie prägnant, dass eine Bewilligungsfortsetzung automatisch vollzogen wird.

Und weiter schreibt die Behörde:

„Die ‚stillschweigende‘ Weiterzahlung der Hilfe auch in den auf die Erstbewilligung folgenden Monaten stellt jeweils einen neuen Verwaltungsakt dar, der in diesem Fall ‚in anderer Weise‘ erlassen wird (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – 10. Buch (SGB  X)). Damit ist Ihre [die des Leistungsberechtigten, eig. Anmerkung] Rechtssicherheit gewährleistet.“

Was als „stillschweigend“ akzeptiert ist, wird zwar so nicht ausdrücklich in der Norm genannt, aber es handelt sich nun mal um einen Verwaltungsakt, der „in anderer Weise“ erlassen wird.

Das geht aber nur, wenn die bewilligende Behörde davon ausgeht, dass 1. eine Änderung der Voraussetzungen für die Bewilligung nicht passieren wird, und 2. eine Beteiligung an den Kosten nicht stattfinden wird. Und wie man sieht am vorgenannten Beispiel, so ganz „stillschweigend“ geht es dann letztlich auch nicht.

CGS






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