Am
30.4.2017 hatte ich schon einmal darüber etwas geschrieben. Man kann sich
denken, dass Bewerber diese Kosten für sich als Werbungskosten tragen müssen.
Doch bei bereits eingestellten Mitarbeitern bzw. bei der Wiedervorlage solcher
Führungszeugnisse gibt es offenbar noch immer Unklarheiten darüber. Von daher muss
noch einmal das Thema aufgerollt werden.
Die
Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses liegen bei etwa 13 Euro. Und man
wird ein solches Führungszeugnis wahrscheinlich alle fünf Jahre benötigen. Über
ein ganzes Arbeitsleben verteilt würden so etwa 117 Euro zusammen kommen. Das
ist nicht viel, doch an dieser Stelle soll es einfach nur ums Prinzip gehen.
Die Ausgangslage
Es
gibt in dieser Sache zwei sehr ähnliche Interessenlagen: Arbeitnehmer und
Arbeitgeber sollen ihre Leistungsfähigkeit gegenüber einem schutzbedürftigen
Menschen beweisen können. Gebunden an diese Vorgabe ist allerdings nur der
Arbeitgeber, weil dieser ein Leistungserbringer nach dem § 75 SGB XII ist. Doch
bei diesem handelt es sich lediglich um eine Organisationsform. Der Arbeitgeber
selbst erbringt keine Leistungen, er beschäftigt Arbeitnehmer für die Leistungserbringung.
Damit dies gelingt, benötigen die Arbeitnehmer also ein Führungszeugnis. Ein
solches müssen sie aber vorlegen „wollen“, weil sie schließlich diese spezielle
Funktion ausfüllen wollen. Es ist ihr Beruf, und den können Sie nur dann
ausüben, wenn sie halt ein Führungszeugnis vorlegen.
Im
Gesetzestext gibt es eine Bestimmung, die sich eben nur an die Einrichtungen
und Dienste richtet, die eine Leistung an die schutzbedürftigen Menschen
erbringen wollen. In § 75 Abs. 2 SGB XII heißt es: „… Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur
solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung
ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen,
die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176
bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des
Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind.“
Damit
richtet sich diese Vorschrift auch an die Mitarbeiter in den Einrichtungen und
Diensten. Wenn diese nach einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt
wurden, dürfen sie keinen Kontakt zu den schutzbedürftigen, leistungsberechtigten
Menschen haben – so das Gesetz. Doch die Verantwortung dafür trägt jetzt nur
die Einrichtung oder der Dienst, weil sie eine Leistungsvereinbarung
abschließen möchte und dafür ihre Geeignetheit beweisen muss. Die Mitarbeiter
sind nicht Vertragspartner der Leistungsträger, sondern allenfalls
Erfüllungsgehilfen.
Die Interessenlage
Würde
ein Mitarbeiter kein Führungszeugnis vorlegen, müsste der Arbeitgeber den
Kontakt sofort unterbinden. Damit wäre aber das Arbeitsverhältnis nicht
automatisch gekündigt. Es kommt auf den Arbeitsvertrag an, weil in dem die Arbeitsleistung
definiert ist. In der Regel kann man davon ausgehen, dass das Vorhandensein
eines Führungszeugnisses nicht zur Arbeitsleistung gehört. Von daher besteht bis
zu diesem Punkt ein überwiegendes Interesse auf Seiten des Arbeitgebers.
Würde
es sich hier aber nur um einen Stellen-Bewerber handeln, kann man ein
überwiegendes Interesse beim jeweiligen Bewerber vermuten. Im
Bewerbungsverfahren trifft den Bewerber eine gewisse Offenbarungspflicht
hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit; immerhin möchte dieser die Stelle für
sich gewinnen. Die Ausgaben für ein solches Führungszeugnis wären dann
Werbungskosten, die man sowohl in der eigenen Einkommenssteuererklärung
ansetzen kann oder vielleicht sogar vom potentiellen Arbeitgeber erstattet
bekommt.
Der
Paritätische Wohlfahrtsverband in Schleswig-Holstein hatte kürzlich beim Finanzamt
eine entsprechende Anfrage gestellt, die recht unverbindlich beantwortet wurde.
Trotzdem wird auch dort es so gesehen, dass es sich um absetzbare
Werbungskosten gem. § 9 EStG handelt oder bei einem bestehenden
Dienstverhältnis das Verlangen auf Beibringung eines Führungszeugnisses als
„eigenbetriebliches Interesse“ zu verstehen ist. Damit würde die Erstattung der
Auslagen kein steuerbarer Arbeitslohn sein, sondern Auslagenersatz, der „nach §
3 Nr. 50 EStG steuerfrei ist“.
Die Rechtslage
Das
Thema ist allerdings nicht neu. Es gibt auch für andere Branchen die gleichen
Voraussetzungen, so dass ein Blick auf bestehende Diskussionen oftmals
ausreicht. In vielen Fällen haben Arbeitgeber die Kostenübernahme /
-verantwortung hierfür vertraglich geregelt. Und dort, wo es nicht geregelt
ist, muss man sich meistens direkt mit dem Vorgesetzten auseinandersetzen.
Das
Landesarbeitsgericht Hessen hatte in einem Urteil aus 2015 die Pflicht zur
Übernahme der Kosten für ein Führungszeugnis beim Arbeitgeber einer
Reinigungskraft in einem Erstaufnahmelager gesehen (LAG Hessen, Urteil vom
21.4.2015, Az. 15 Sa 1062/14). Begründet wurde dies mit § 670 BGB, in dem es
heißt: „Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags
Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist
der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.“
Das
Bundesarbeitsgericht hob in der Revision das Urteil insoweit auf, weil der
Arbeitgeber zwischenzeitlich geleistet hatte, aber diesen Betrag
sozialversicherungspflichtig verbeitragt und auch mit Lohnsteuer belastet
hatte. Die klagende Arbeitnehmerin verlangte allerdings, dass ihr die fehlenden
SV-Beiträge und Steuer ebenfalls erstattet werden müssen. Das BAG aber sah in
der Verbeitragung und steuerlichen Belastung eine Erfüllung der Zahlungspflicht
(BAG, Revisions-Urteil vom 09.08.2016, Az.
9 AZR 417/15).
Es
ist vom BAG damit nicht entschieden worden, ob § 670 BGB zur Anwendung kam oder
nicht. Es wurde lediglich festgestellt, dass der beklagte Arbeitgeber eine
Zahlungspflicht erfüllt hat und somit eine Hauptforderung nicht mehr bestand.
Und in der Tat ist auch so, dass die SV-Beiträge wie auch die Lohnsteuer für
die Arbeitnehmerin geleistet worden sind, so dass kein wirklicher materieller
Schaden entstanden ist. Der Arbeitgeber hatte aufgrund einer Betriebsprüfung
durch sein zuständiges Finanzamt lediglich eine Bestimmung umgesetzt: „Nach §
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 LStDV sind Arbeitslohn alle
Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer aus dem
Dienstverhältnis zufließen.“
Damit
bleibt das Urteil vom LAG Hessen, mit dem eine Übernahme der Kosten durch den
Arbeitgeber grundsätzlich angenommen werden kann. Doch als Arbeitnehmer sollte man sich nicht wundern, wenn diese Kosten doch verbeitragt und besteuert werden - § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vs. § 3 Nr. 50 EStG – aber das muss Thema in einem anderen Blog sein.
CGS
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