Mittwoch, 12. Juli 2017

Wer trägt die Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses?

Am 30.4.2017 hatte ich schon einmal darüber etwas geschrieben. Man kann sich denken, dass Bewerber diese Kosten für sich als Werbungskosten tragen müssen. Doch bei bereits eingestellten Mitarbeitern bzw. bei der Wiedervorlage solcher Führungszeugnisse gibt es offenbar noch immer Unklarheiten darüber. Von daher muss noch einmal das Thema aufgerollt werden.

Die Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses liegen bei etwa 13 Euro. Und man wird ein solches Führungszeugnis wahrscheinlich alle fünf Jahre benötigen. Über ein ganzes Arbeitsleben verteilt würden so etwa 117 Euro zusammen kommen. Das ist nicht viel, doch an dieser Stelle soll es einfach nur ums Prinzip gehen.

Die Ausgangslage

Es gibt in dieser Sache zwei sehr ähnliche Interessenlagen: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen ihre Leistungsfähigkeit gegenüber einem schutzbedürftigen Menschen beweisen können. Gebunden an diese Vorgabe ist allerdings nur der Arbeitgeber, weil dieser ein Leistungserbringer nach dem § 75 SGB XII ist. Doch bei diesem handelt es sich lediglich um eine Organisationsform. Der Arbeitgeber selbst erbringt keine Leistungen, er beschäftigt Arbeitnehmer für die Leistungserbringung. Damit dies gelingt, benötigen die Arbeitnehmer also ein Führungszeugnis. Ein solches müssen sie aber vorlegen „wollen“, weil sie schließlich diese spezielle Funktion ausfüllen wollen. Es ist ihr Beruf, und den können Sie nur dann ausüben, wenn sie halt ein Führungszeugnis vorlegen.

Im Gesetzestext gibt es eine Bestimmung, die sich eben nur an die Einrichtungen und Dienste richtet, die eine Leistung an die schutzbedürftigen Menschen erbringen wollen. In § 75 Abs. 2 SGB XII heißt es: „…  Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind.“

Damit richtet sich diese Vorschrift auch an die Mitarbeiter in den Einrichtungen und Diensten. Wenn diese nach einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt wurden, dürfen sie keinen Kontakt zu den schutzbedürftigen, leistungsberechtigten Menschen haben – so das Gesetz. Doch die Verantwortung dafür trägt jetzt nur die Einrichtung oder der Dienst, weil sie eine Leistungsvereinbarung abschließen möchte und dafür ihre Geeignetheit beweisen muss. Die Mitarbeiter sind nicht Vertragspartner der Leistungsträger, sondern allenfalls Erfüllungsgehilfen.

Die Interessenlage

Würde ein Mitarbeiter kein Führungszeugnis vorlegen, müsste der Arbeitgeber den Kontakt sofort unterbinden. Damit wäre aber das Arbeitsverhältnis nicht automatisch gekündigt. Es kommt auf den Arbeitsvertrag an, weil in dem die Arbeitsleistung definiert ist. In der Regel kann man davon ausgehen, dass das Vorhandensein eines Führungszeugnisses nicht zur Arbeitsleistung gehört. Von daher besteht bis zu diesem Punkt ein überwiegendes Interesse auf Seiten des Arbeitgebers.

Würde es sich hier aber nur um einen Stellen-Bewerber handeln, kann man ein überwiegendes Interesse beim jeweiligen Bewerber vermuten. Im Bewerbungsverfahren trifft den Bewerber eine gewisse Offenbarungspflicht hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit; immerhin möchte dieser die Stelle für sich gewinnen. Die Ausgaben für ein solches Führungszeugnis wären dann Werbungskosten, die man sowohl in der eigenen Einkommenssteuererklärung ansetzen kann oder vielleicht sogar vom potentiellen Arbeitgeber erstattet bekommt.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Schleswig-Holstein hatte kürzlich beim Finanzamt eine entsprechende Anfrage gestellt, die recht unverbindlich beantwortet wurde. Trotzdem wird auch dort es so gesehen, dass es sich um absetzbare Werbungskosten gem. § 9 EStG handelt oder bei einem bestehenden Dienstverhältnis das Verlangen auf Beibringung eines Führungszeugnisses als „eigenbetriebliches Interesse“ zu verstehen ist. Damit würde die Erstattung der Auslagen kein steuerbarer Arbeitslohn sein, sondern Auslagenersatz, der „nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei ist“.

Die Rechtslage

Das Thema ist allerdings nicht neu. Es gibt auch für andere Branchen die gleichen Voraussetzungen, so dass ein Blick auf bestehende Diskussionen oftmals ausreicht. In vielen Fällen haben Arbeitgeber die Kostenübernahme / -verantwortung hierfür vertraglich geregelt. Und dort, wo es nicht geregelt ist, muss man sich meistens direkt mit dem Vorgesetzten auseinandersetzen.

Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte in einem Urteil aus 2015 die Pflicht zur Übernahme der Kosten für ein Führungszeugnis beim Arbeitgeber einer Reinigungskraft in einem Erstaufnahmelager gesehen (LAG Hessen, Urteil vom 21.4.2015, Az. 15 Sa 1062/14). Begründet wurde dies mit § 670 BGB, in dem es heißt: „Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.“

Das Bundesarbeitsgericht hob in der Revision das Urteil insoweit auf, weil der Arbeitgeber zwischenzeitlich geleistet hatte, aber diesen Betrag sozialversicherungspflichtig verbeitragt und auch mit Lohnsteuer belastet hatte. Die klagende Arbeitnehmerin verlangte allerdings, dass ihr die fehlenden SV-Beiträge und Steuer ebenfalls erstattet werden müssen. Das BAG aber sah in der Verbeitragung und steuerlichen Belastung eine Erfüllung der Zahlungspflicht  (BAG, Revisions-Urteil vom 09.08.2016, Az. 9 AZR 417/15).

Es ist vom BAG damit nicht entschieden worden, ob § 670 BGB zur Anwendung kam oder nicht. Es wurde lediglich festgestellt, dass der beklagte Arbeitgeber eine Zahlungspflicht erfüllt hat und somit eine Hauptforderung nicht mehr bestand. Und in der Tat ist auch so, dass die SV-Beiträge wie auch die Lohnsteuer für die Arbeitnehmerin geleistet worden sind, so dass kein wirklicher materieller Schaden entstanden ist. Der Arbeitgeber hatte aufgrund einer Betriebsprüfung durch sein zuständiges Finanzamt lediglich eine Bestimmung umgesetzt: „Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen.“

Damit bleibt das Urteil vom LAG Hessen, mit dem eine Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich angenommen werden kann. Doch als Arbeitnehmer sollte man sich nicht wundern, wenn diese Kosten doch verbeitragt und besteuert werden - § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vs. § 3 Nr. 50 EStG – aber das muss Thema in einem anderen Blog sein.

CGS






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