Mittwoch, 14. Februar 2018

Erster Aufschlag in den Tarifverhandlungen um den TVöD

Es ging eigentlich schon los mit der Kündigung. Was die Metaller abgeschlossen hatten, war also nicht wirklich das „Bahn-Frei“ für die jetzigen Forderungen von VERDI. Und natürlich widerspricht man seitens des Verbands der kommunalen Arbeitgeber – wie immer. 

Was verhandelt werden soll, kann sich neben den kommunalen Arbeitgebern auch auf diejenigen auswirken, die eigentlich nur ihren Lebensabend in Ruhe genießen wollen. Gerade weil die Tarifbindung mittlerweile als wirtschaftlich angemessen vom Gesetzgeber anerkannt worden ist, kann man mit einer Übernahme dieser Kostensteigerungen in Pflegesätze und andere Vergütungen rechnen. Das wird unter Umständen die Menschen in Heimen betreffen, die einen Eigenanteil leisten müssen.


Die Forderungen der Gewerkschaft an die Arbeitgeber (im Wesentlichen)

Im Bereich der Eingliederungshilfe wird es bei diesen Verhandlungspunkten interessant:

·         Das Tabellenentgelt soll sich um 6 % erhöhen, mindestens soll sich das Monats-Brutto um 200 Euro erhöhen. Für die Auszubildenden und Praktikanten soll die Anhebung 100 Euro betragen, zudem ist eine Tarifierung vorzunehmen.

·         Statt einer bisher praktizierten zweijährigen Laufzeit, soll die Festschreibung lediglich 12 Monate betragen. Und damit wären Neuverhandlungen schon in einem Jahr wieder möglich.

·         Zusatzurlaube für Wechselschicht- und Schichtarbeit sollen um die Hälfte angehoben werden; damit verringert sich effektiv die Nettojahresarbeitszeit (vgl. § 27 Abs. 4 TVöD, Höchstgrenze).

·         Der Bemessungssatz für die Jahressonderzahlung im Tarifgebiet Ost soll angehoben werden auf  West-Niveau (vgl. § 20 TVöD, Jahressonderzahlung).

·         Die Regelungen zur Altersteilzeit sollen verlängert werden (siehe dazu aber auch die Regelungen im AltTZG 1996).

Man darf aber auch erwarten, dass seitens der Arbeitgeber ebenfalls einige Punkte eingebracht werden, weil es da Unklarheiten gegeben hat (z.B. Überstunden und Mehrarbeitsstunden). Und es würde eine Konkurrenz-Situation zum TV-L entstehen, weil dieser in diesem Jahr „nur“ um 2,35 % angehoben wird. Damit wird der TVöD wieder zum Vorreiter dieser beiden Tarifwerke, was effektiv eine deutliche Abweichung zum Entgelt-Niveau für vergleichbare Berufsgruppen im TV-L bedeutet.

Weil man nun eine nur noch 1jährige Laufzeit der Entgelttabelle vereinbaren will, würde es in 2019 dann zu einer „gemeinsamen“ Tarifrunde kommen zwischen TVöD und TV-L. Oberflächlich betrachtet wird es dann natürlich so aussehen, als ob der TV-L relativ „unterprivilegiert“ worden war in all den Jahren. Und damit müsste in der Tarifrunde diese „Ungerechtigkeit“ überwunden werden. Ob sich die Arbeitgeber auf so etwas einlassen?


Mit welchen Auswirkungen auch zu rechnen ist

Inwieweit die kommunalen Arbeitgeber bedenken, dass diese Verhandlungspunkte sich auf die zu zahlenden Eigenanteile der Bezieher von Pflegeleistungen auswirken könnten, ist fraglich. Immerhin sind Tarifbindungen schließlich als wirtschaftlich zu betrachten und können von daher in jedweder Pflegesatzverhandlung nicht mehr als Wucher abgetan werden. Das Gleiche gilt auch für die Vergütungsverhandlungen in der Eingliederungshilfe. Selbst wenn jetzt nur etwas mehr als die Hälfte der geforderten Entgelterhöhung vereinbart werden kann, sagen wir mal 3,5 %, und selbst wenn auch nur 70 % davon relevant sind für Pflegesätze, dann würden sich Heimunterbringungskosten von 2.000 Euro um 49 Euro verteuern.

Die Beiträge der Pflegekassen werden sich ganz sicher nicht erhöhen. Und somit müssen die 49 Euro, auch wenn sie „grob“ geschätzt wurden, von den Heimbewohnern getragen werden. Stellt sich die nächste Frage, um wie viel die Renten in diesem Jahr steigen werden.

Die Brutto-Standard-Rente soll sich gegenüber 2017 von 1.396 Euro auf 1.440 Euro erhöhen – also ein Plus von 44 Euro bzw. 3,15 % (S. 38 des Rentenversicherungsberichts 2017, Übersicht B8, Spalte 2). Dementsprechend wäre diese Erhöhung der Heimkosten tragbar, doch es handelt sich bei dieser Rentenberechnung nur um einen Durchschnittsbetrag, der in der Realität und im Einzelfall natürlich so nicht eintreten wird.


Und noch viel mehr

Dennoch wird nicht viel dagegen sprechen, so dass mit einem Abschluss von etwa 3 % bei den Entgelten sowie weiteren Anpassungen bei den sonstigen tariflichen Leistungen zu rechnen ist. Für den Bereich der Eingliederungshilfe könnten sich Kostensteigerungen von wenigstens 2,58 % für 2018 ergeben, weil jahresanteilig erst ab März zu kalkulieren ist. Im Folgejahr müssten aus dieser Tariferhöhung weitere 1,11 % berücksichtigt werden – siehe hierzu auch meine Tabelle vom 14.12.2017.

Wenn man sich auf die 6 % einlassen wird, aber die Laufzeit erneut auf 24 Monate streckt, dann wird es umso teurer für das Jahr 2019, könnte man denken. Andererseits „spart“ man sich die ohnehin zu erwartenden 1 bis 2 % „Inflationsausgleich“. Diejenigen Leistungserbringer, die zudem tarifgebunden sind im TVöD, aber sich bereits geeinigt hatten mit den Leistungsträgern auf eine Anhebung z.B. in Höhe der Steigerung im TV-L (2,35 %), werden den Abschluss aus diesen Tarifverhandlungen für das Jahr 2018 nicht mehr aufholen können. Es gilt das Verbot eines „Nachholens“.

Was sich in der Regel nicht auf die Pflege- und Vergütungssätze auswirken wird, das wären alle Vereinbarungen zu bezahlten Freistellungen und Arbeitszeitreduzierungen. Hierzu müssten die Leistungserbringer Verhandlungen in Bezug auf ihre Leistungsvereinbarungen und den dort befindlichen Stellen bzw. Stellenschlüsseln führen. Und das würde nicht mal eben so gelingen. Auch mögliche Vereinbarungen zur Altersteilzeit würden die Leistungserbringung zwar verteuern, aber sich nicht auf Pflege- und Vergütungssätze unmittelbar auswirken.

Es wird schwierig werden. Und es wird in jedem Fall teuer.


CGS



Quellen:

Mein Beitrag vom 14.12.2017:

Verdi-Flugblatt mit den Forderungen zur Tarifrunde 2018 auf Seite 2

Antwort der VKA zu den Forderungen der Gewerkschaften vom 8.2.2018

Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2017 – Stand November 2017:

(letzter Aufruf für alle Links am 13.2.2018)



Notizen:

Im Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2017 findet man den Hinweis, dass der Beitragssatz auf 18,6 % sinken wird und dann stabil auf diesem Niveau bleibt bis 2022. Erst dann wird mit einer schrittweisen Anhebung auf 20,1 % im Jahr 2025 zu rechnen sein. Es wird weiter prognostiziert, dass der Beitragssatz auf 21,9 % im Jahr 2031 steigen wird (S. 38).

Die durchschnittliche Steigerung der Renten selber wird etwa 2,2 % jährlich ausmachen.





Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter.

Wollen Sie Ihre Meinung sagen? Ihre Kritik interessiert mich. Vielleicht können Sie mir sogar eine neue Perspektive aufzeigen. Darüber würde ich mich freuen. Meine Email-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.

Erster Aufschlag in den Tarifverhandlungen um den TVÖD – eingegliedert.blogspot.com