Samstag, 3. Februar 2018

Beschwerden gesucht und gefunden

Sich zu beschweren, ist keine leichte Sache für diejenigen, die sich beschwert fühlen und abhängig sind, ja vielleicht sogar sich hilflos fühlen. Gründe gibt es aber genug, denn Menschen arbeiten mit Menschen, und man kann erwarten, dass dies nicht immer frei von Fehlern geschieht.

Sicherlich finden sich sehr viele Missverständnisse, die aufzuklären sind. Wichtig aber ist, dass man jemanden kennt, an dem man sich – vertrauensvoll – wenden kann.

Hier nun zwei solche Beschwerdestellen, die auf sich aufmerksam machen. Bei der einen Stelle liegt auch schon ein Jahresbericht vor, der sehr gut einige Probleme darstellt. Nicht überall konnte man wohl so helfen, dass diese Probleme zur Zufriedenheit der Menschen gelöst worden waren. Aber was sich deutlich zeigt ist, dass die sich beschwerenden Menschen wahrgenommen fühlen dürfen.


Beschweren erwünscht!

Unter diesem Ausruf wirbt die Bundesweite unabhängige Beschwerdestelle für die Lebenshilfe (Bubl). Es geht dabei um mögliche Beschwerden von Menschen mit Behinderung, ihren Angehörigen und Freunden, aber auch um Beschwerden von Mitarbeitern und Außenstehenden, so das Pamphlet der Organisation. Man möchte zuhören und beraten, für Klärung sorgen und Wege zur Problemlösung suchen.

Die Organisation versteht, dass es viele Missstände geben kann, die einfach nicht angegangen wurden von Mitarbeitenden, Kollegen, Vorgesetzten oder sogar einer „lokalen“ Beschwerdestelle. Wenn also nichts passiert, an die „Bubl“ kann man sich wenden. Die Beschwerdestelle wäre telefonisch, per Email, WhatsApp oder schriftlich erreichbar, und Beschwerden könnten natürlich auch anonym eingereicht werden.


Sich zu beschweren fällt nicht leicht.

Dass es eine Möglichkeit geben muss, sich zu beschweren, zeigen verschiedene Bespiele. Man erinnere sich nur einmal an die Aufdeckungen des „Team Wallraff“ vor einem Jahr. Es zeigten sich einige sehr problematische und skandalöse Begebenheiten in verschiedenen Einrichtungen, die so vielleicht nicht stattgefunden hätten, wenn sich jemand beschwert hätte.

Beschwerden können bestritten werden, so dass ein Beschwerdeführer dann tatsächlich sehr alleine dasteht. Man wäre dann als Beschwerdeführer gezwungen, sozusagen „aus der Deckung“ zu kommen und vielleicht sogar auf Unterlassung zu klagen. Bekanntgewordene Fälle aus anderen Bereichen (u.a. Banken, Versicherungen und Automobil-Hersteller) zeigen, dass diejenigen, gegen die sich die Beschwerden richten, massiv gegen solche „Behauptungen“ vorgehen.

Ob sich überhaupt jemand wirklich beschwert hätte in den Fällen, die das Team Wallraff aufgedeckt hatte, ist natürlich schwierig zu beantworten. Und man kann im Nachhinein viel darüber spekulieren, ob die Vorgesetzten der misshandelnden Mitarbeiter durchgegriffen hätten.


Sie ist da, wenn es Fragen und Konflikte gibt.

Die Ombudsstelle Eingliederungshilfe Hamburg, ein Projekt der Hamburger L.A.G. für behinderte Menschen (LAG), veröffentlichte im vergangenen Jahr einen Bericht über ihre Arbeit im ersten Jahr (Arbeitsaufnahme Juli 2016). Das Projekt entstand in Folge der in Hamburg neu eingeführten Trägerbudgets / Rahmenvereinbarungen für verschiedene große soziale Träger von Einrichtungen der Eingliederungshilfe zum Leben, Wohnen und Arbeiten in Hamburg. Diese Stelle hat sich dem Verbraucherschutz verschrieben; sie will die Interessen der Leistungsberechtigten vertreten gegenüber den Leistungserbringern und Leistungsträgern – also auch denjenigen, die das Projekt finanziell unterstützen.

Von daher gibt es auch eine sogenannte „Praxisgruppe“ aus Mitarbeitern der Ombudsstelle, den Trägerbudget-Nehmern und dem Fachamt Eingliederungshilfe. Weil die Sicherstellung eines bedarfsgerechten Wohn- und Arbeitsangebotes im Vordergrund steht, versucht dieser Arbeitskreis Lösungen zu finden – immerhin hatten sich die Trägerbudget-Nehmer damals, bei Annahme der Rahmenvereinbarungen, gegenüber der Hamburger Sozialbehörde eine Art Selbstverpflichtung auferlegt.

An dieser Stelle muss herausgestellt werden, dass das Fachamt Eingliederungshilfe die fachliche Arbeit bzw. das Fallmanagement gegenüber den Leistungsberechtigten innehat. Dagegen werden die Rahmenvereinbarungen selber, wie auch die Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, von der städtischen Sozialbehörde mit den Leistungserbringern verhandelt.


Ausblicke

Der Jahresbericht zeigt, dass man sich sehr bemüht hat und nach Lösungen suchte. Und gerade weil es diese Praxisgruppe gibt, können Erkenntnisse weitergegeben werden, damit sich das Angebot ändern kann. Dieses Entgegenkommen führt dann natürlich auch zu einer größeren Zufriedenheit, weil sich bislang hilflos-fühlende Menschen nun als wahrgenommen wiederfinden. Das ist ein Erfolg.

Doch es scheinen sich auch einige „Teilhabe-Einschränkungen“ offenbart zu haben, wenn ein hoher Unterstützungsbedarf und eine besondere Bedarfslage bestanden – was auch immer jetzt darunter zu verstehen ist. Hier bleibt man leider etwas ungenau.

Man sieht sich aber bestätigt und versteht sich als eine Stelle, die hilft, „auf die Verwirklichung der Selbstbestimmung und Selbständigkeit von Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund der Entwicklung der Eingliederungshilfe und der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Hamburg zu dringen“ (S. 13, Jahresbericht 2016/2017). Auch das ist ein Erfolg.

Die Ombudsstelle wird ihre Tätigkeit fortsetzen, sagt sie. Es darf aber nicht vergessen werden, dass in diesem Jahr die Trägerbudgets auslaufen bzw. es müssen jetzt neue Verhandlungen aufgenommen werden.

CGS



Quellen:

Bundesweite unabhängige Beschwerdestelle für die Lebenshilfe (Bubl)
Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V.
Telefon: 0800 118 018

Das Team Wallraff recherchiert auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe
Eigener Beitrag vom 21.2.2017

Hamburger L.A.G. für behinderte Menschen (LAG)
Jahresbericht der Ombudsstelle 2016/2017

(letzter Aufruf für alle Links am 30.1.2018)



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