Samstag, 29. Juli 2017

Der Barbetrag zur persönlichen Verfügung bei Austritt oder Eintritt in eine Wohneinrichtung

Wenn ein Bewohner innerhalb eines Monats ein- oder auszieht, wie hoch darf der Barbetrag ausfallen bzw. auf welchen Betrag kommt man?

Leben anspruchsberechtigte Personen in einer stationären Wohneinrichtung, dann sorgt der Betreiber der Wohneinrichtung für den üblichen Lebensunterhalt. Damit dies gelingt, zahlt der Sozialhilfeträger eine Vergütung, in der die Leistungen für Unterkunft und Verpflegung enthalten sind (vgl. § 76 Abs. 2 SGB XII). Nicht enthalten ist der sogenannte „weitere notwendige Lebensunterhalt“ nach § 27 b Abs. 2 SGB XII – auch Barbetrag zur persönlichen Verfügung genannt.

Taggenaue Berechnung möglich

Wenn nun die leistungsberechtigte Person in die Einrichtung einzieht, wird häufig nur ein Anteil des Monatsbetrags ausgezahlt. Dies ist nachvollziehbar, weil der „anerkannte“ Bedarf nicht für einen ganzen Monat besteht, sondern nur für ein paar Tage. Maßgeblich hierfür ist die Auslegung dieser beiden Bestimmungen im Gesetz:

„Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen.“ (§27 a Abs. 3 S. 3 SGB XII)

„Der Barbetrag wird gemindert, soweit dessen bestimmungsgemäße Verwendung durch oder für die Leistungsberechtigten nicht möglich ist.“ (§ 27 b Abs. 2 S. 5 SGB XII)

Wenn die leistungsberechtigte Person aber nun auszieht, dann ist es etwas komplizierter.

Bestimmungsgemäßes Verwenden 

Fall 1:

Damit eine bestimmungsgemäße Verwendung möglich ist, wird der Barbetrag zum Monatsanfang von der leistenden Behörde ausgezahlt. Würde das Geld auf das Girokonto des Bewohners eingehen, könnte dieser quasi sofort darüber verfügen und eben „bestimmungsgemäß“ verwenden.

Kommt es dann auch noch zum Auszug und der Barbetrag wurde „bestimmungsgemäß“ und vollständig verwendet, dann würde ein Rückverlangen der Behörde bei einem dauerhaften Empfänger von Sozialhilfemitteln ins Leere führen.

Fall 2:

Anders sieht es dagegen aus, wenn das Geld beim Träger der Wohneinrichtung landet und dieser es an den Bewohner weiterleiten muss. Man spricht hier auch von einer treuhänderischen Verwaltung von Geldern.

Solange die Weiterleitung nicht stattgefunden hat, kann eine bestimmungsgemäße Verwendung auch nicht erfolgen. Und von daher würde ein jederzeitiges Rückverlangen der Behörde tatsächlich zu einer Rückzahlung führen müssen (findet nun eine Weiterleitung trotz dieses berechtigten Rückverlangens statt, ist der weiterleitende Leistungserbringer zum Schadensersatz gegenüber der Behörde verpflichtet!).

Als Weiterleitung ist dabei anzuerkennen nicht nur die giromäßige Auszahlung, sondern auch die Auszahlung in eine (Bewohner-) Kasse, selbst wenn diese im Büro der Einrichtungsleitung aufbewahrt wird. Alles, was darauf hindeutet, dass der Träger der Wohneinrichtung nun keinen Zugriff mehr auf das Geld hat, ohne dabei die Rechte des bei ihm lebenden Menschen zu verletzen, ist als eine qualifizierende Auszahlung bzw. Geldmittel-Weiterleitung anzusehen.

Verfügungsgewalt ist maßgeblich

Die Verfügungsgewalt, selbst wenn nur vorstellbar, ist maßgeblich. Wichtig ist, dass die leistungsberechtigte Person über das Geld frei verfügen und alles komplett verbrauchen kann – auch lange vor Monatsende. Würde der Sozialhilfeträger nun eine anteilige Rückzahlung verlangen, wäre der Träger der Wohneinrichtung hierzu ja gar nicht in der Lage, da über das Geld bereits verfügt wurde von der Person mit dem rechtlichen Anspruch auf bestimmungsgemäßes Verwenden.

Und selbst wenn es nicht verbraucht wäre, und selbst wenn sich noch genügend Geld in der Kasse des Bewohners befinden würde, es geht nicht!

Die Aufbewahrung des Geldes in einer Treuhandkasse ändert nichts, weil diese Form der Verwahrung im Vertrauen für den Bewohner geschieht. Würde der Träger der Einrichtung nun auf diese Kasse jederzeit zugreifen, um ein Verlangen eines Dritten zu erfüllen, könnte man hierin eine Wegnahme sehen, die vergleichbar wäre mit einem Diebstahl. Vielmehr müssen diejenigen, welche als Treuhänder für den Bewohner die Verwahrung ausüben, eine Vollstreckungsunterwerfung / Pfändungsurkunde präsentiert bekommen. Ohne eine solche, kann selbst eine rechtssicher festgestellte Forderung mit dem treuhänderisch verwahrten Vermögen nicht befriedigt werden.

Die Wohneinrichtung ist nur Treuhänder

Das Rückverlangen der Behörde richtet sich zwar an denjenigen, der für den Leistungsberechtigten die Geldmittel erhalten hat, doch dieser ist nur Treuhänder. Der Leistungsanspruch des Bewohners kann nicht auf den Träger der Wohneinrichtung übergehen (§ 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII), und demzufolge kann sich ein Rückverlangen effektiv auch nur gegen den Bewohner richten. Erst wenn dieser dann die Forderung anerkennt und die Geldmittel zurückgibt, kann eine Rückzahlung – wieder über den Träger der Wohneinrichtung als Treuhänder – getätigt werden.

Ein Rückverlangen der Behörde kann auch nicht auf den Träger der Wohneinrichtung übergehen. Denkbar wäre, dass der Leistungserbringer für den Bewohner die Zahlung vornimmt und dann die dadurch entstandene Forderung vom Bewohner verlangt. Oder die Behörde wünscht, eine Forderungsabtretung vorzunehmen (also eine Zession im Sinne des § 398 BGB). Alles das geht nicht, weil dann das Ausfallrisiko bzw. die Gefahr der Nichtanerkennung und Rückzahlungsverweigerung durch den Bewohner / rechtlichen Betreuer auf den Träger der Wohneinrichtung übergeht – und dafür wird dieser mit seinen Vergütungen nach § 76 SGB XII nicht bezahlt.

CGS



Weitere Quellen:




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Sonntag, 23. Juli 2017

Regelschule oder Förderschule - Inklusion oder Exklusion

Es gibt Fragen, die wohl in vielen Familien sehr viel Zeit beanspruchen und Ressourcen binden. Natürlich kann man den Aufwand, der da betrieben wird, als übertrieben abkanzeln und belächeln. Es scheint aber so zu sein, dass heutzutage, mehr denn je, viele Eltern sich intensiv mit den Angeboten an Schulen und in den Schulen auseinandersetzen. Man will schließlich nur das Beste für das eigene Kind.

Doch es handelt sich nicht um eine Besonderheit bei Eltern von behinderten Schulkindern. Es gibt genügend Beispiele von anderen, die sich auf Elternabenden scheinbar endlos über die Gestaltung eines Klassenfestes auslassen können. Solche Diskussionen sind trivial im Vergleich zu den Fragestellungen, die Eltern von behinderten Kindern beantworten müssen. Was denen so begegnet, was andere so manches Mal von sich geben, ist keineswegs trivial, sondern gibt Anlass zur Sorge.

Die Ausgangsfragen lauten:
Förderschule oder Regelschule? Wo soll das schulpflichtige Kind nun hinkommen?

Mit diesen Fragen zermartern sich viele Eltern von behinderten Kindern wirklich den Kopf. Das ist aber auch gut so, denn es zeigt, dass sich diese Eltern um ihre Kinder und deren Zukunft sorgen. Viel schlimmer wäre es, wenn sie sich überhaupt nicht kümmern würden.

Doch es sind dann auch Sorgen, die ausgehalten werden müssen, die ein miteinander sehr schwierig machen. Und weil die berühmte Glaskugel fehlt, wissen die Eltern nicht, ob sie ihrem Kind eine Überforderung zumuten oder ihm schlichtweg seine Zukunft verbauen (denn die Förderschule versucht nur „lebenspraktische Kenntnisse“ zu vermitteln).

Problem im System

Genau hierin liegt ein Problem im System. Wünschenswert wäre es, wenn die Grundschule eine Fortsetzung des Kindergartens wäre und die weiterführenden Schulformen eine Fortsetzung der Grundschulzeit bedeuten würden. Leider ist das aber nicht so. Leider muss man einen Bruch sehen in den jeweiligen Übergängen, an dem viele Kinder erst einmal scheitern. Gerade behinderte Kinder brauchen immer ein wenig mehr Schutzzone und Orientierung, um am neuen Lernort „anzukommen“. Mit Hilfe der Schulbegleiter oder Integrationsassistenten kann dies ganz gut gelingen, wenn diese ein gewisses Maß an Kompetenz und Geduld mitbringen können. Eine weitere Stütze sind Pädagogen und Sonderpädagogen, die gemeinsam die Aufgaben für das Kind besprechen, auswählen, prüfen und erneut besprechen. Ebenfalls wichtig sind die Bemühungen der Schulverwaltung und der Schulbehörde, ein inklusives Lernumfeld zu schaffen, damit eine Motivation zum Lernen entsteht.

In den vergangenen Jahren gab es viel Streit in Schleswig-Holstein um die Bewilligung von Schulbegleitungen. Landkreise sahen die Pflicht hierfür bei den Schulen, die wiederum hatten keine Ahnung von den Teilhabe-Einschränkungen der Kinder. Zwar versuchte man dann auf ministerieller Ebene mit den Schulassistenten eine Notlösung herzustellen, doch eine wirkliche Systemänderung ist damit nicht gelungen. Noch immer müssen Eltern darum kämpfen, dass Schulbegleitungen bereitgestellt werden.

Privat geführte Schulen, sei es Waldorf, Montessori oder sonstige Konzeptformen, scheuen die Aufnahme von Kindern mit Einschränkungen. Und auch bei den staatlichen Schulträgern muss man leider immer wieder erleben, dass ihre Leitungen die Kinder abgeschoben sehen wollen in die Förderschulen. Es scheint, dass man ein Absinken des Leistungsniveaus in den Klassen befürchtet, wenn ein behinderter Mensch dort sitzt und – stört?

Eltern und Lehrer sehen eine Gefahr

Auch viele Eltern sehen die Hochbegabung ihrer Kinder in Gefahr, wenn so ein anderes Kind in der Klasse ist. Natürlich ist man gegen „Diskriminierung“ – das ist schließlich selbstredend. Doch weil es um die Zukunft der „normalen“ Kinder geht, muss man doch eine Ausgrenzung ansprechen dürfen – oder? Man will doch nichts Schlimmes! Immerhin kann so ein andersartiges Kind nicht mit dem hohen Lerntempo der Klasse mithalten – es wäre überfordert!

Gegen die Doppeldeutigkeit so mancher gutgemeinter Ansichten (Ambiguität) kann man schwer angehen – mit Logik ist kaum etwas auszurichten, wenn das Denken sich ausschaltet. Überspitzungen (Pointierungen) können helfen, weil dann die Gut-Menschen sich bewusst werden (können), dass sie gerade spezielle Anstalten für die Konzentration von bestimmten Menschen favorisieren. Ist das eine lebenswerte Gesellschaft?

Überfordert fühlen sich auch viele Lehrer. Wie soll man Kindern mit einem nicht vorhandenen oder stark beeinträchtigten Lernverhalten und gemindertem Konzentrationsvermögen etwas beibringen. Diese Überforderung ist aber eher als eine Hilflosigkeit zu verstehen, weil die Pädagogen selbst in ihrer Arbeit nicht unterstützt werden. Sie bräuchten Fortbildungen, kleinere Klassen und einfach mehr Zeit für jedes Kind.

Ist es zudem nicht gerade die Aufgabe von Staatsbediensteten, ein inklusives Umfeld für alle Menschen zu schaffen?

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Und es darf nicht vergessen werden, dass wir anderen uns bekennen zu den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“.

CGS



PS:


Die Grundschule als Fortsetzung des Kindergartens? – Es gibt auch hier in manchen Regionen und bei einigen Trägern einen Verbesserungsbedarf. In Kiel z.B. soll eine Stelle mit einem Fachberater für die Umsetzung von Inklusion in Kindertageseinrichtungen besetzt werden. Aufgabe ist es, für alle städtischen Einrichtungen ein heilpädagogisches Beratungsangebot mit dem Leitgedanken der Inklusion umzusetzen. Die Beratung richtet sich dabei an alle Mitarbeiter auf allen Ebenen, an Eltern von Kindern mit eingeschränkter, sozialer Teilhabe und an die Verwaltung. Die fachliche Begleitung von der Einarbeitung neuer Kräfte bis hin zur Sicherstellung eines adäquaten Berichtswesens ist ebenso notwendig wie auch die Zusammenarbeit mit anderen Stellen im Bereich der Eingliederungshilfe.




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Sonntag, 16. Juli 2017

Die Einkommensgrenze im SGB XII - Oder ab welchem Einkommen man beteiligt wird an den Kosten

Zukünftig wird es vielleicht immer mehr leistungsberechtigte, behinderte Menschen geben, die einen Kostenbeitrag (als Eigenbeteiligung) entrichten müssen. Ein solcher wird dann fällig, wenn das ermittelte, anrechenbare Einkommen eine bestimmte Einkommensgrenze übersteigt. Getreu dem Prinzip, dass Sozialhilfe nachrangig zu leisten ist, muss man allerdings einen Weg finden, ein Einkommen wenigstens anteilig hinzuzunehmen. Andererseits ist es aber ebenfalls wichtig, einige unabwendbare Aufwendungen zu berücksichtigen. Schließlich muss sich Sozialhilfe, als Leistung zur Überwindung einer Notlage, grundsätzlich nach den persönlichen Besonderheiten richten. Darum kann man schon jetzt sagen, dass die Kostenbeteiligung bei jedem verschieden ausfällt.

+++ Nachtrag vom 4.11.2019 +++

Zum Thema Unterhaltsrückgriff / Verwandtenrückgriff gibt es ab sofort ein paar Beiträge. Bitte schauen Sie hier weiter.

+++

Was ein Einkommen ist

Was ein Einkommen ist, findet sich definiert in § 82 SGB XII. Doch man kann schon jetzt davon ausgehen, dass darunter sehr viele Einkunftsarten fallen: z.B. Urlaubsgeld, Jahressonderzahlungen, Versorgungsbezüge und diverse Renten. Nicht zu vergessen sind Kapitalerträge; klingt absurd, aber es gibt manchmal sehr erstaunlich vermögende Antragsteller. Von den Einkünften abgrenzen sollte man tunlichst Privat-Darlehen – es gibt nämlich Fälle, in denen bei einer Einmal-Zahlung die Behörde einen dauerhaften Unterhalt angenommen hatte und die Ernsthaftigkeit der Schuldentilgung anzweifelte. Solche Privat-Darlehen sollten formal vereinbart werden und sich auf eine klar bestimmbare Anschaffung beziehen (z.B. Kühlschrank, Bett).

Welche Aufwandsarten anerkannt sind

Dagegen abzusetzen sind drei Aufwandsarten nach § 85 SGB XII. Zuerst einmal wird ein Grundbetrag ermittelt, der sich aus dem zweifachen der RBS 1 ergibt. In 2017 lag der RBS 1 bei 409 Euro, so dass sich 818 Euro für die Anerkennung ergeben. Es ist aber so, dass nach § 86 SGB XII die Träger der Sozialhilfe bzw. die Länder einen höheren Grundbetrag für bestimmte Arten der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel der Einkommensgrenze festlegen können. Somit könnte je nach beantragter Leistung ein anderer Betrag, als der, der in § 85 Abs. 1 Ziff. 1 SGB XII berechnet werden soll, angesetzt werden.

Weiterhin werden Aufwendungen für die Unterkunft herangezogen, wobei hier eine Prüfung der Angemessenheit stattfindet. Eine solche Prüfung berücksichtigt die Besonderheiten des Einzelfalls. Was diese Besonderheiten sind, muss man in § 35 SGB XII und fortführend herauslesen. Nun kann es aber sein, dass der Träger der Sozialhilfe eine Pauschale für „angemessene“ Mietkosten verwendet. Eine solche Pauschale kann tatsächliche unterhalb der örtlichen Mietkosten liegen. Um eine Kürzung zu verhindern bzw. eine niedrigere Anerkennung abzuwenden, müssen die Besonderheiten im Lebensumfeld oder bezogen auf die Wohnung herausgearbeitet werden. Dazu zählen würde ich z.B. die (Un-) Zumutbarkeit eines Wohnungswechsels, die erreichte Integration im Umfeld und/oder ein ggf. vorhandenes Schutzbedürfnis. Wenn dennoch der Träger der Sozialhilfe auf Anwendung der Pauschale besteht, sollten die Besonderheiten an späterer Stelle (siehe gleich weiter unten) zur Anwendung kommen. Es darf aber nicht passieren, was schon sehr viele Kritiker des BTHG eingebracht haben, dass der Wohnungswechsel in eine Heimunterbringung seitens des Leistungsträgers damit "forciert" wird.

Ein dritter Betrag für die Anrechnung nennt sich Familienzuschlag und soll Unterhaltskosten in Höhe von 70 % der RBS 1 abdecken. Aktuell könnten somit maximal 286,30 Euro mit angerechnet werden; faktisch handelt es sich allerdings um einen durchlaufenden Posten.

Was die Einkommensgrenze ist

Alle drei Aufwandsarten bilden in Summe die Einkommensgrenze. Das zuvor ermittelte anrechenbare Einkommen wird um diese Einkommensgrenze gemindert und das Ergebnis dann faktorisiert bzw. es kommt zu einem anteiligen Einsatz des Einkommens. Hierzu muss der Leistungsträger beachten, dass "die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten" ist (§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Dies bedeutet konkret, dass ein Abschlag zur persönlichen Verfügung angesetzt werden muss. Wie hoch dieser Abschlag ausfällt oder mit welchem Wert die Berechnung des einzusetzenden Einkommens erfolgen soll, wird landesrechtlich unterschiedlich definiert sein. Wichtig zu wissen, die individuellen Besonderheiten, wenn sie nicht schon berücksichtigt wurden, können hier den Faktor für die Ermittlung des anteiligen Einkommens nochmal mindern.

Wenn also vom Träger der Sozialhilfe pauschal ein Faktor von z.B. 70 % für eine alleinlebende Person angewendet werden soll, könnte eine weitere Absenkung verhandelt werden. Bei bestimmten Leistungsberechtigten ist zudem der Einsatz des Einkommens vom Gesetzgeber mit einer Obergrenze versehen worden. So ist für Pflegebedürftige oder sehbehinderte Menschen der Einsatz des Einkommens "in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten" (S. 3) – d.h. maximal 59 %.

Welche Konsequenzen dies für den Leistungserbringer hat

Für Leistungserbringer kann ein solcher Kostenbeitrag bzw. eine Eigenbeteiligung bedeuten, dass nun zwei Rechnungen verschickt werden müssen - also einmal an den Träger der Sozialhilfe und dann zusätzlich noch an den Leistungsberechtigten persönlich. Der Leistungsberechtigte ist Selbstzahler in Höhe seines Kostenbeitrags, so dass damit die Bewilligung des öffentlichen Leistungsträgers begrenzt ist.

Nochmal: Man muss diese Begrenzung wie eine Selbstbeteiligung verstehen, so dass Kosten bis zu dieser Höhe vom Leistungsberechtigten selbst getragen werden müssen. Alle Hilfen darüber hinaus, werden vom Träger der Sozialhilfe übernommen – soweit es sich um Leistungen gem. Gesamtplan handelt.

Endet die Leistungserbringung, dann richtet sich die letzte Abrechnung von Leistungen bis zur Höhe der Eigenbeteiligung an den selbstzahlenden Leistungsberechtigten. Erst danach, sozusagen nachrangig, ist der Träger der Sozialhilfe zur Kostenübernahme verpflichtet (§ 2 Abs. 1 SGB XII).

CGS



Quellen:

Fachanweisungen der Stadt Hamburg zur Anwendung der Einkommensgrenze, §§ 85 – 89 SGB XII

Tableau der Regelbedarfssätze – Anhang zu § 28 SGB XII



Notizen:

In der Praxis der Kostenabrechnung stellt sich in diesen Fällen die Frage, wie man eine Leistung in solchen Fällen abgerechnet bekommt – immerhin kann auch nur für eine Leistung ein Rechnungsempfänger ausgewählt werden. Wenn programmseitig keine andere Handhabung möglich ist, empfiehlt sich die Einrichtung der Kostenbeteiligung als zwei weitere Abrechnungsfaktoren.

In Leistungsbescheiden der Hamburger Sozialbehörde finden sich die Berechnungen auf dem vorletzten Blatt. Leistungsberechtigte und ihre rechtlichen Betreuer sollten umgehend Rücksprache nehmen mit dem Sachbearbeiter vor Ort, wenn diese Berechnungen nicht nachvollziehbar erscheinen.

Für viele ist es ein Problem, die mehrseitigen und häufig im Jahr erscheinenden Leistungsbescheide der Hamburger Sozialbehörde zu verstehen. In den meisten Fällen werden diese Leistungsbescheide deswegen neu erstellt, weil sich einige Beträge geändert haben. Auf der ersten Seite steht dann: "Die Einkommensberechnung hat ergeben, daß ein Kostenbeitrag entrichtet werden muss." - wird aber dennoch immer übersehen. 





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Mittwoch, 12. Juli 2017

Wer trägt die Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses?

Am 30.4.2017 hatte ich schon einmal darüber etwas geschrieben. Man kann sich denken, dass Bewerber diese Kosten für sich als Werbungskosten tragen müssen. Doch bei bereits eingestellten Mitarbeitern bzw. bei der Wiedervorlage solcher Führungszeugnisse gibt es offenbar noch immer Unklarheiten darüber. Von daher muss noch einmal das Thema aufgerollt werden.

Die Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses liegen bei etwa 13 Euro. Und man wird ein solches Führungszeugnis wahrscheinlich alle fünf Jahre benötigen. Über ein ganzes Arbeitsleben verteilt würden so etwa 117 Euro zusammen kommen. Das ist nicht viel, doch an dieser Stelle soll es einfach nur ums Prinzip gehen.

Die Ausgangslage

Es gibt in dieser Sache zwei sehr ähnliche Interessenlagen: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen ihre Leistungsfähigkeit gegenüber einem schutzbedürftigen Menschen beweisen können. Gebunden an diese Vorgabe ist allerdings nur der Arbeitgeber, weil dieser ein Leistungserbringer nach dem § 75 SGB XII ist. Doch bei diesem handelt es sich lediglich um eine Organisationsform. Der Arbeitgeber selbst erbringt keine Leistungen, er beschäftigt Arbeitnehmer für die Leistungserbringung. Damit dies gelingt, benötigen die Arbeitnehmer also ein Führungszeugnis. Ein solches müssen sie aber vorlegen „wollen“, weil sie schließlich diese spezielle Funktion ausfüllen wollen. Es ist ihr Beruf, und den können Sie nur dann ausüben, wenn sie halt ein Führungszeugnis vorlegen.

Im Gesetzestext gibt es eine Bestimmung, die sich eben nur an die Einrichtungen und Dienste richtet, die eine Leistung an die schutzbedürftigen Menschen erbringen wollen. In § 75 Abs. 2 SGB XII heißt es: „…  Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind.“

Damit richtet sich diese Vorschrift auch an die Mitarbeiter in den Einrichtungen und Diensten. Wenn diese nach einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt wurden, dürfen sie keinen Kontakt zu den schutzbedürftigen, leistungsberechtigten Menschen haben – so das Gesetz. Doch die Verantwortung dafür trägt jetzt nur die Einrichtung oder der Dienst, weil sie eine Leistungsvereinbarung abschließen möchte und dafür ihre Geeignetheit beweisen muss. Die Mitarbeiter sind nicht Vertragspartner der Leistungsträger, sondern allenfalls Erfüllungsgehilfen.

Die Interessenlage

Würde ein Mitarbeiter kein Führungszeugnis vorlegen, müsste der Arbeitgeber den Kontakt sofort unterbinden. Damit wäre aber das Arbeitsverhältnis nicht automatisch gekündigt. Es kommt auf den Arbeitsvertrag an, weil in dem die Arbeitsleistung definiert ist. In der Regel kann man davon ausgehen, dass das Vorhandensein eines Führungszeugnisses nicht zur Arbeitsleistung gehört. Von daher besteht bis zu diesem Punkt ein überwiegendes Interesse auf Seiten des Arbeitgebers.

Würde es sich hier aber nur um einen Stellen-Bewerber handeln, kann man ein überwiegendes Interesse beim jeweiligen Bewerber vermuten. Im Bewerbungsverfahren trifft den Bewerber eine gewisse Offenbarungspflicht hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit; immerhin möchte dieser die Stelle für sich gewinnen. Die Ausgaben für ein solches Führungszeugnis wären dann Werbungskosten, die man sowohl in der eigenen Einkommenssteuererklärung ansetzen kann oder vielleicht sogar vom potentiellen Arbeitgeber erstattet bekommt.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Schleswig-Holstein hatte kürzlich beim Finanzamt eine entsprechende Anfrage gestellt, die recht unverbindlich beantwortet wurde. Trotzdem wird auch dort es so gesehen, dass es sich um absetzbare Werbungskosten gem. § 9 EStG handelt oder bei einem bestehenden Dienstverhältnis das Verlangen auf Beibringung eines Führungszeugnisses als „eigenbetriebliches Interesse“ zu verstehen ist. Damit würde die Erstattung der Auslagen kein steuerbarer Arbeitslohn sein, sondern Auslagenersatz, der „nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei ist“.

Die Rechtslage

Das Thema ist allerdings nicht neu. Es gibt auch für andere Branchen die gleichen Voraussetzungen, so dass ein Blick auf bestehende Diskussionen oftmals ausreicht. In vielen Fällen haben Arbeitgeber die Kostenübernahme / -verantwortung hierfür vertraglich geregelt. Und dort, wo es nicht geregelt ist, muss man sich meistens direkt mit dem Vorgesetzten auseinandersetzen.

Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte in einem Urteil aus 2015 die Pflicht zur Übernahme der Kosten für ein Führungszeugnis beim Arbeitgeber einer Reinigungskraft in einem Erstaufnahmelager gesehen (LAG Hessen, Urteil vom 21.4.2015, Az. 15 Sa 1062/14). Begründet wurde dies mit § 670 BGB, in dem es heißt: „Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.“

Das Bundesarbeitsgericht hob in der Revision das Urteil insoweit auf, weil der Arbeitgeber zwischenzeitlich geleistet hatte, aber diesen Betrag sozialversicherungspflichtig verbeitragt und auch mit Lohnsteuer belastet hatte. Die klagende Arbeitnehmerin verlangte allerdings, dass ihr die fehlenden SV-Beiträge und Steuer ebenfalls erstattet werden müssen. Das BAG aber sah in der Verbeitragung und steuerlichen Belastung eine Erfüllung der Zahlungspflicht  (BAG, Revisions-Urteil vom 09.08.2016, Az. 9 AZR 417/15).

Es ist vom BAG damit nicht entschieden worden, ob § 670 BGB zur Anwendung kam oder nicht. Es wurde lediglich festgestellt, dass der beklagte Arbeitgeber eine Zahlungspflicht erfüllt hat und somit eine Hauptforderung nicht mehr bestand. Und in der Tat ist auch so, dass die SV-Beiträge wie auch die Lohnsteuer für die Arbeitnehmerin geleistet worden sind, so dass kein wirklicher materieller Schaden entstanden ist. Der Arbeitgeber hatte aufgrund einer Betriebsprüfung durch sein zuständiges Finanzamt lediglich eine Bestimmung umgesetzt: „Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen.“

Damit bleibt das Urteil vom LAG Hessen, mit dem eine Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich angenommen werden kann. Doch als Arbeitnehmer sollte man sich nicht wundern, wenn diese Kosten doch verbeitragt und besteuert werden - § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vs. § 3 Nr. 50 EStG – aber das muss Thema in einem anderen Blog sein.

CGS






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Sonntag, 9. Juli 2017

Verwaltungsakte ohne Worte

Leistungsbescheide waren jetzt mehrfach mein Thema. Nun noch einmal einen Punkt ergänzend dazu, weil auch hier wieder viel Interessantes im Hintergrund verborgen liegt.

In meinem vorletzten Beitrag hatte ich geschrieben:

„Dass überhaupt neue Leistungsbescheide ausgestellt werden, ist nicht zwingende Voraussetzung für die kontinuierliche Leistungserbringung. Nach § 33 SGB X können Verwaltungsakte schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise (z.B. „stillschweigend“) erlassen werden. Was es dazu braucht, ist lediglich ein berechtigtes Interesse und ein unverzügliches Verlangen des Betroffenen (Abs. 2). Doch auch selbst das wird häufig genug in der Praxis ganz einfach angenommen.“

Die Hamburger Sozialbehörde ist, was Leistungsbescheide angeht, immer sehr „fleißig“. Gerade weil man schon früh die übrigen Einkünfte, z.B. die Leistungen der Grundsicherung und Renten, zur teilweisen Kostenübernahme im Zusammenhang mit Leistungen der Eingliederungshilfe angerechnet hatte (diese ist schließlich nachrangig!), musste bei jeder Anpassung irgendwelcher Sätze auch ein neuer Leistungsbescheid hergestellt werden. Und dies bedeutete 3 bis 4 Blatt Papier, manchmal sogar beidseitig bedruckt, mehrfach im Jahr.

Es geht leider nicht anders, weil eben noch andere Einkünfte berücksichtigt werden müssen (vgl. §§ 82 SGB XII ff. und insbesondere § 92 SGB XII); und weil die Behörde grundsätzlich einem „Zwang zur Erneuerung“ unterliegt. Es gibt aber auch hin und wieder andere Beispiele – wie oben schon benannt.

Sich die Anhörung von Beteiligten sparen

Wenn eine Bewilligung für die Leistungsträgerschaft von Eingliederungshilfe stattgefunden hatte und jetzt das Ablaufdatum erreicht ist, muss ein neuer Leistungsbescheid an den Leistungsberechtigten verschickt werden. Ein solcher müsste aber erneut begründet werden, indem seitens der Behörde „Ermittlungen“ erfolgen. Wenn allerdings nicht mit einem anderen Ergebnis, wie schon zuvor, gerechnet werden muss, dann braucht es eigentlich keinen erneuten Aufwand.

Sich die Formalien zu ersparen, wäre ein Ziel und eine Verschlankung des Verwaltungsverfahrens. Sich die Ermittlungen zu sparen, bedeutet auch, auf die weitere Beweiserhebung durch Anhörung von Beteiligten zu verzichten (§ 24 SGB X).

Sich die EDV zu Nutze machen

Durch Automatisierung, gerade was Schriftstücke anbelangt, braucht es mittlerweile keine personalisierte Bearbeitung mehr. Man lässt den Computer machen.

Sofern auch keine besonderen Angaben der Beteiligten, insbesondere desjenigen, der vom Verwaltungsakt betroffen ist, berücksichtigt werden müssen, reicht der „Knopfdruck“ (§ 31a SGB X). Darüber hinaus könnte ein solcher Verwaltungsakt elektronisch erfolgen (§§ 33 Abs. 2 S. 3 SGB X i.V.m. § 36a Abs. 2 SGB I).

Sich kurz halten

Es geht einfacher – hier ein Beispiel:

„Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird die Hilfe jedoch ohne Antrag und Erteilung eines Bescheids weitergezahlt, solange die Bewilligungsvoraussetzungen unverändert vorliegen.“

Noch immer gilt, dass die Behörde gezahlte Leistungen zurückverlangen kann, wenn die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr bestehen und es somit zu einer Bedarfsüberdeckung gekommen ist. Und gleichzeitig erklärt sie prägnant, dass eine Bewilligungsfortsetzung automatisch vollzogen wird.

Und weiter schreibt die Behörde:

„Die ‚stillschweigende‘ Weiterzahlung der Hilfe auch in den auf die Erstbewilligung folgenden Monaten stellt jeweils einen neuen Verwaltungsakt dar, der in diesem Fall ‚in anderer Weise‘ erlassen wird (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – 10. Buch (SGB  X)). Damit ist Ihre [die des Leistungsberechtigten, eig. Anmerkung] Rechtssicherheit gewährleistet.“

Was als „stillschweigend“ akzeptiert ist, wird zwar so nicht ausdrücklich in der Norm genannt, aber es handelt sich nun mal um einen Verwaltungsakt, der „in anderer Weise“ erlassen wird.

Das geht aber nur, wenn die bewilligende Behörde davon ausgeht, dass 1. eine Änderung der Voraussetzungen für die Bewilligung nicht passieren wird, und 2. eine Beteiligung an den Kosten nicht stattfinden wird. Und wie man sieht am vorgenannten Beispiel, so ganz „stillschweigend“ geht es dann letztlich auch nicht.

CGS






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Freitag, 7. Juli 2017

Kleiner Tipp - Leistungsbescheid OK, aber Gutachten ist fehlerhaft

Der Leistungsbescheid ist zwar in Ordnung, aber was im Gutachten steht, ist fehlerhaft. Was tun?

Sehr geehrte Damen und Herren der Behörde, Krankenkasse, Pflegekasse,

mit Ihrem Leistungsbescheid stimme ich zwar grundsätzlich überein, doch das erstellte Gutachten weist einige Fehler auf. Bitte korrigieren Sie das Gutachten, weil es auch anderen Leistungsträgern / Behörden / Fachdiensten vorgelegt werden muss, die dann womöglich von fehlerhaften Voraussetzungen ausgehen.

Folgende Punkte sind zu berichtigen:

1.

2.

3.

Sie erhalten von mir in der Anlage Gutachten / ärztliche Berichte / Befunde zur Akte, die anscheinend bei der Gutachten-Erstellung nicht vorgelegen haben.

Bitte bestätigen Sie den Erhalt dieses Schreibens mit den Anlagen.

Vielen Dank.

CGS





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Sonntag, 2. Juli 2017

Braucht es noch Leistungsbescheide?

In meinem letzten Beitrag hatte ich mich ein wenig über die Leistungsbescheide der Hamburger Sozialbehörde an Menschen mit dem Bedarf an Eingliederungshilfe-Leistungen ausgelassen. Man kann mit diesen allerdings recht wenig anfangen, weil das, was da drin steht, nicht viel aussagt. Was so fehlt, sind Informationen zu den bewilligten Leistungen – was genau erbracht werden soll und in welchem Umfang. Wozu braucht man also diese Leistungsbescheide? Was gibt es sonst noch?

Der Leistungsbescheid gibt zwar Auskunft, von wann bis wann die Behörde gedenkt, die Kosten für die Leistungserbringung zu übernehmen, und auch darüber wie hoch diese Kosten ausfallen dürfen, doch was genau gemacht werden soll, das fehlt. (Und zudem werden diese Bescheide von der Hamburger Sozialbehörde aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht an die verschickt, welche eine Hilfeleistung erbringen sollen; das nur am Rande).

Benötigt wird ein Plan zur Förderung des hilfebedürftigen Menschen

Es muss ein Plan aufgestellt werden darüber, was zu tun ist. Und vorher muss man hinterfragen, was benötigt wird. Die Deckung des Bedarfs wird also zum Ziel für die individuelle Hilfebedarfsdeckung.

Ziel soll sein, individuelle Hilfebedarfe zu benennen und Hilfen bereitzustellen. Dies geschieht aus dem Wissen heraus, dass alle Behinderungen und persönlichen Bedarfe auf Teilhabe sehr unterschiedlich ausfallen. Von daher muss sich derjenige, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen hilfebedürftigen Menschen zu helfen, herausfinden, was benötigt wird.

Diese Aufgabe obliegt dem Staat, der dafür wiederum speziell geschulte Fachkräfte beschäftigt. In vielen Publikationen spricht man von „Case Managern“ bzw. Fallmanagern. Das Fallmanagement wird dabei als ein Instrument der Systemsteuerung verstanden, weil es übergreifend eingesetzt werden soll und die angemessene, benötigte Hilfeleistung beschreiben soll. Was von einem Fallmanager ermittelt wird, soll dann in einer Unterlage zusammengefasst werden. Erwarten sollte man, dass zwar die wesentlichsten Aspekte und die verantwortlichen Stellen bzw. die geeignetsten Leistungserbringer darin angegeben werden.

In vielen Bereichen der Sozialhilfe gibt es hierzu sogenannte Leistungsabsprachen (§ 12 SGB XII). Diese sollen sich nach Möglichkeit vor Beginn der Leistungsaufnahme und auf die spezielle Situation der hilfebedürftigen, sich in der Notlage befindlichen Person beziehen. Die Leistungsabsprache ist schriftlich zu erstellen und dient der Dokumentation aller Entscheidungsgründe. Zudem soll ein Plan zur Förderung aufgestellt werden, damit auch ein gewisses Maß an Selbsthilfe angeregt wird. Allerdings fehlt es bei der Leistungsabsprache an der Hinzuziehung weiterer Stellen (vgl. § 58 Abs. 2 SGB XII), was wiederum für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung wichtig ist.

Der Leistungsabsprache vor geht dagegen der Gesamtplan (§ 58 SGB XII). Die Behörde, als Herrin des Verfahrens, erstellt diesen „so frühzeitig wie möglich“ (Abs. 1) und erlaubt es dem behinderten Menschen (als Leistungsberechtigten) wie auch die „sonst im Einzelfall Beteiligten“ (Abs. 2) daran mitzuwirken. Letztere sind vornehmlich andere Behörden und Vertreter von diesen, weniger diejenigen, die später die Leistung tatsächlich erbringen müssen; doch es können auf Wunsch des Leistungsberechtigten auch Dritte und Vertrauenspersonen zur Gesamtplankonferenz eingeladen werden.

Weil in diesen beiden Punkten immer von einem frühen Zeitpunkt für die Planerstellung gesprochen wird, vertreten manche in der Behörde sogar die Auffassung, erst mit der Einleitung beginnt die staatliche Leistungspflicht. Es gibt auch die Auffassung, dass erst mit Abschluss oder sogar mit der Unterschrift des Leistungsberechtigten auf der Unterlage die Leistungspflicht beginnt. Und vorher nicht.

Der Gesamtplan als verbindlicher Vertrag für die Leistungserbringung oder Kooperation?

Der Gesamtplan soll ebenfalls zum Ziel haben, die Mitwirkung des Hilfebedürftigen zu „aktivieren“. Man kann sicherlich glauben, dass hier eine Art „Vertrag“ erarbeitet wird, in dem die Bedarfe und die Leistungsversprechen miteinander gekoppelt werden. Dadurch könnte eine Kooperation gelingen, was aber dennoch als sehr abstrakt anzusehen ist.

Was nicht passieren darf, ist eine Verhaltenssteuerung. Weil vielleicht manche bedarfsdeckende Leistungen als „zu teuer“ und „unangemessen“ gelten, kann hier eine Drucksituation während der Gesamtplankonferenz entstehen. Der hilfebedürftige Mensch könnte dann anderen Vorschlägen zustimmen, weil man ihn dazu unterschwellig drängt. Unter Umständen entsteht dann eine die Würde verletzende, nicht wertschätzende Situation für den Menschen in seiner Notlage.

Mit Abschluss einer solchen „Vereinbarung“ überträgt sich sozusagen eine Verbindlichkeit auf die Beteiligten, die dann schnell zu einer unverhältnismäßigen Verhaltenskontrolle führen kann; schließlich hatte man per Unterschrift diesen Gesamtplan-Vertrag angenommen und die Bedingungen akzeptiert, könnte man denken. Von daher könnte ein Dritter beteiligt werden – zum Beispiel derjenige, welcher die Leistung letztlich erbringen soll oder eine Vertrauensperson – damit ein „Behüter des Schutzraums“ über mögliche Forderungs-Gedanken wacht.

Der Gesamtplan ist kein Verwaltungsakt, dem man widersprechen kann

Weder der Gesamtplan noch die Leistungsabsprache mit dem Förderplan stellen Verwaltungsakte dar, gegen die wirksam widersprochen werden kann. Es sind allenfalls erläuternde Unterlagen, die eine voraussetzende Grundlage für den Leistungsbescheid darstellen. Der Leistungsbescheid selber beinhaltet Angaben zum Leistungszeitraum und Kosten der Leistungsübernahme. Häufig genug findet man auch eine Entscheidung darüber, welche Kostenbeteiligung vom Leistungsberechtigten erwartet wird. Und dann natürlich auch, welcher Leistungserbringer beauftragt ist, den Gesamtplan (oder die Leistungsabsprache), vielleicht auch nur in bestimmten Teilen, umzusetzen.

Zusammengefasst handelt es sich hier um rein vertragliche Aspekte, welche in Verbindung stehen mit Vereinbarungen gem. § 75 Abs. 3 SGB XII. Weil diese im Gesamtplan (oder der Leistungsabsprache) fehlen, kann ein Leistungsberechtigter gerichtlich nur eine Überprüfung des Gesamtplans verlangen kann, wenn ein Ermessensfehler vermutet wird (vgl. Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Auflage, Rz. 4 zu § 58 SGB XII).

Damit ein solcher Ermessensfehler nicht unterstellt werden kann, braucht der Leistungsträger eine gute Dokumentation, aus der die Entscheidungsgründe und die Zielsetzungen abgelesen werden können – dies ist auch hilfreich, wenn es hinter den Kulissen um die Kostenbeteiligung anderer „vorrangiger“ Leistungsträger geht. Ist die Dokumentation nicht schlüssig, ergibt sich eine Unklarheit, die angreifbar wäre.

Nun muss man allerdings einräumen, dass für eine solche Überprüfung eine gewisse Kompetenz benötigt wird; ein Fachwissen, mit dem man einen zielführenden Gesamtplan fordern könnte. Ein solches Fachwissen hätte zwar ein Leistungserbringer, doch dafür müsste dieser den Gesamtplan von der Behörde erhalten. Und dies geschieht nur, wenn der Leistungsberechtigte vorab dem zugestimmt hat – per Unterschrift. In der Praxis wird diese „bürokratische Hürde“ auch mal nicht beachtet, weil man sich einig darüber ist, dass die Inhalte nur vorläufig sind. 

Was im Gesamtplan weiterhin enthalten sein sollte, ist eine Bestimmung des mengenmäßigen Leistungsbedarfs – oder mit anderen Worten: wie viele Betreuungs- und sonstige Leistungsstunden bewilligt werden. Das findet man allerdings nicht, weil nicht die Leistungsmenge im Vordergrund steht, sondern die effektive Hilfebedarfsdeckung.

Was man stattdessen finden sollte, ist ein Intensitäts-Grad der Leistungserbringung oder welches Ziel vorrangig zu erreichen ist. Mit diesem Gradmesser sind nicht Untersuchungsbefunde, medizinische Diagnosen und Teilhabemöglichkeiten gemeint. Es soll vielmehr ein sogenanntes „Assessments der Situations- und Bedarfsanalyse“ vorliegen, in dem konkrete Arbeitsschwerpunkte und Ziele benannt werden. Häufig bedient man sich bestimmter Systematiken (z.B. Metzler-Verfahren), in denen verschiedene Fragestellungen (sog. Items) mit Punkten bewertet werden – frei nach dem Motto: je mehr Punkte, umso höher der Intensitäts-Grad, umso höher die Hilfebedarfsgruppe bzw. Leistungsstufe.

Braucht es dann noch Leistungsbescheide?

Man könnte nun sagen, dass der Gesamtplan damit den Leistungsbescheid obsolet macht. Doch es muss beide Unterlagen geben, weil sonst die Gefahr der effektiven Leistungsverweigerung aus Kostengründen entsteht. Im Gesamtplan enthalten sind die Hilfearten und die Leistungsmengen (verklausuliert als Punkte), im Leistungsbescheid stehen dagegen die Kosten der Maßnahmen. Wäre beides in einem Dokument, könnte schnell der Verdacht aufkommen, Leistungen und Bedarfe sind „geschönt“ worden, damit es nicht so viel kostet.

Der Fallmanager kann basierend auf den erarbeiteten Schwerpunkten der Hilfebedarfe und somit auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls eine passende Ressource bzw. ein entsprechendes Leistungsangebot ausfindig machen. Noch bis zu dieser Stelle im Verfahren dreht sich alles um die Deckung des Hilfebedarfs, es geht nicht um die Kosten. Und ab jetzt, weil Umfeld und Angebot stimmen, Zugänglichkeiten und Barrierefreiheit gegeben sind, und weil ein freier Platz vorhanden ist, erfolgt die Auswahl des möglichen Leistungserbringers. Dann vollzieht sich der Verwaltungsakt und es wird ein Leistungsbescheid mit Nennung des jeweiligen Leistungserbringers, der Kosten und des Zeitraums versendet – am Ende mit der obligatorischen Rechtsbehelfsbelehrung.

Der Gesamtplan kann sich inhaltlich und in Bezug auf seine Ziele jederzeit ändern. Gerade wenn ein Teil-Ziel erreicht worden ist, entfällt der Grund für die Leistungserbringung in diesem Aspekt. Damit aber dann das übergeordnete Ziel nicht gefährdet wird, braucht es einen weiterhin gültigen und bestehenden Leistungsbescheid. Auch wenn dieser Klauseln erhält, welche die Bestandskraft „automatisch“ außer Kraft setzen, im Leistungsbescheid fehlt es an konkrete genannten Zielen und Aufgaben. Vielmehr muss es dann eine neue Gesamtplankonferenz geben, die dann zu einem neuen Leistungsbescheid führen würde.

Das System Gesamtplan und Leistungsbescheid hilft. Es handelt sich zudem um ein Verfahren, dass auch in anderen Problemstellungen so zur Anwendung kommt.

CGS






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